Freitag, 20. Juni 2014

Diary Juni 2014 - Teil 5

Steig ein in das Boot, und lass dich treiben von den Wellen des Lebens. Halte nicht zu fest an Dingen, die dir lieb und wertvoll sind. Lass die Leinen los, um zu erkennen, wie weit das Tau deines Ankers reicht. Auch wenn dir das Leben manchmal salzig vor Tränen erscheint , und du darin drohst unterzugehen- es wird dich tragen wie die Wellen des Meeres,auf dem Weg zu einer neuen Insel.
(Teresa P.)



5.6.2014

Wieder sind einige Tage vergangen, die so angefüllt waren mit Aktivitäten, dass ich abends zu müde war, um zu schreiben!
Ich fange mit heute an, denn heute war ein besonderer Tag - in zweierlei Hinsicht.
Wir hatten - gleich am Morgen - ein sehr schockierendes Erlebis, als wir entdeckten, dass ein Flügel unseres gestern am späten Nachmittag geliefertes neues Tors in der Nacht gestohlen wurde!  Es hat uns wirklich erst einmal völlig entsetzt! So etwas kann hier doch gar nicht passieren!!!  Wir waren - vielleicht - ein wenig leichtsinnig, die neuen Flügel angelehnt an die alten in der Einfahrt stehen zu lassen.. Aber es drückte auch unser Gefühl von absoluter Sicherheit aus. 

Beim Frühstück beschlossen wir, die ¨Garda¨ (Polizei) vom Diebstahl zu benachrichtigen und sie kamen tatsächlich dann auch nach ca. 1 Std.  und waren fast so entsetzt wie wir!  ¨This is so unusual - this normally doesn't happen here¨!  Sie konnten es sich so wenig erklären wie wir und so rätselten wir - mit viel Humor und Lachen -  herum, wer eine solche Absurdität begeht - einen Flügel eines Tors zu stehlen... ¨Perhaps it was your neighbour and he painted it green tonight¨, meint einer und zeigt auf das grüne Tor des Nachbargrundstücks, wo das Haus zum Verkauf steht.. Wunderbar, dass sie so locker und humorvoll sind. Das hilft uns sehr. Cornelia, der ich eine sms geschickt habe, kommt ebenfalls angefahren - sie kann es nicht fassen und möchte uns Trost spenden! Und dann kommt auch noch Matthew, der das Tor einhängen wollte :)  Ja und da stehen wir und rätseln und es schält sich die Vermutung heraus, dass dies ein ¨bestellter Diebstahl¨ sein könnte, denn wer konnte in dieser kurzen Zeit, denn das Tor überhaupt richtig zur Kenntnis nehmen... Der Auslieferer des Supply Shops in Clifden könnte jemandem einen Hinweis gegeben haben.  Das Ärgerlichste an allem ist, dass ausgerechnet das Tor verschwand, das wir ersetzen MÜSSEN.. Das andere wären wir gerne los geworden!
Matthew fühlt sich schuldig, am Abend davor nicht mehr gekommen zu sein und man sieht ihm sein Bedauern wirklich an!  Dafür schafft er es - zusammen mit Hans-Jürgen - aus zwei ¨linken¨ Flügeln ein gangbares Tor -mit einigen Tricks und Schellen und Konstruktionen - zu schaffen! Super, denn es zeigt uns, den richtigen Handyman gewählt zu haben! 
Mit Cornelia haben wir uns für nachmittags zu einer Bogwanderung verabredet - und sie fährt wieder los, um - wie wir - die Wäsche rauszuhängen :)  Es ist wunderbares, sommerliches Wetter!
Wir fassen es kaum.  Jeden Morgen werden wir von Sonnenschein begrüßt und frühstücken entweder im Sunroom, wenn es windig ist - oder, wie heute wieder draußen auf der kleinen Terrasse!  Der Garten sieht toll aus!  Hans-Jürgen hat die Sträucher, die wir beim Gärtner in Claddaghduff gekauft haben, vor den Tank gepflanzt und überhaupt übertrifft er sich in seinen gärtnerischen Arbeiten!  Man sieht es wirklich an allen Ecken und Enden und sogar der ¨Swimmingpool¨ nimmt mehr Gestalt an.  Ich habe einen kleinen Beitrag (mein Rücken schmerzt noch immer ziemlich quälend) geleistet und die alten Bänke, die wir im Schuppen gefunden und ¨gesichert¨ hatten, neu gestrichen und sie sind richtig schön geworden.. Auch der kleine Tisch, der hier im Wohnzimmer stand, als wir das Haus zum ersten Mal betraten, steht nun wieder hier:  in einem grau-blauen, warmen Ton gestrichen ist er ein Schmuckstück. ¨Oh, this looks georgeous, where did you get this?¨ fragte Cornelia heute, als sie uns abholte.... Und ich war ein bißchen stolz auf meine Arbeit!  Viel ist es nicht, was ich beisteuern kann, jedenfalls nicht gärtnerisch.  





Vieles blüht einfach auch von alleine - wie die Margeriten, die überall in kleinen Büscheln im Rasen stehen oder der Jelängerjelieber, der sich an der Hauswand vom Schuppen auf den Weg macht, das neu angebrachte Klettergerüst zu erklimmen... Die Montbretien haben noch nicht ihre Zeit und die Hortensien, tun sich  schwer in dieser rauen Landschaft,  haben aber auch Ansätze von Blüten... Die gepflanzten Gräser, Kräuter und Rosen müssen noch immer gegossen werden, da es nicht regnet! 



Ja, und das war der zweite Teil des Tages:  eine lange Wanderung mit Cornelia und ihrem Hund ¨Domino¨ durch den Bog! ¨Aillenacally¨  heißt dieses Stückchen Land  und es besticht mit seiner Weite und nichts, was den Blick aufhält und dann lernen wir,  was das Wort ¨stepping stones¨ wirklich  - und vielleicht auch ursprünglich - bedeutet: Der Weg, den wir nun im Gänsemarsch (uns allen voraus Domino, der hier nicht mehr an der Leine gehen muß, gehen besteht aus nicht mehr als Felssteinen, in allen Formen und Arten, die im bog liegen - und meist so, dass man sie mit dem nächsten Schritt erreicht... Unglaublich! Das haben wir so noch nie gesehen und es wird ein recht langer Weg, den wir so -mal ganz bequem, mal hopsend und manchmal auch ohne Stein durch den bog (mit natürlich bald nassen Füßen) gehen.  Um uns herum blüht das weiße Wollgras Farne, Schilf,Binsen, Moose mit schönen Namen wie ¨Sundew¨, verschiedene Heidekräuter und das Knabenkraut beginnt zu blühen. Eine so eigene Vegetation und das Licht, das die Konturen noch einmal schärft!  Es wird auch dort noch Torf gestochen und Domino  legt uns Brocken von Torf vor die Füße,  die wir zurück ins Moor werfen...  Er ist völlig ausgelassen! Cornelia drückt mir ein Stückchen trockenes Moos in die Hand: ¨This is one of the colours of your house¨ und ich halte es hier an die Wand im Wohnraum und es stimmt!
Die Fuchsien beginnen zu blühen und bald werden sie die Straßen und Wege mit ihrem leuchtenden Rot säumen. 



Der Weg endet schließlich in einer Bucht und man glaubt es nicht: dort steht ein kleines,  gepflegt aussehendes Cottage mit einem verwunschenen Garten aus Farnen und den ersten Apfelbäumen, die wir hier sehen! Einfach wundervoll diese kleine Wanderung und die Boglandschaft ist wirklich einmalig und aufregend.  Wie aufregend merken wir beim Rückweg, wo wir die Steine plötzlich verlieren und uns direkt durch das Moor zum Ausgangsweg zurückfinden müssen. Domonino versagt leider als ¨Spurensucher¨ und mit nassen freuen wir uns, wieder festen Boden zu betreten -  empfangen von einem Connemara Pony und seinem Fohlen. Beide eigen keinerlei Scheu, bleiben stehen und betrachten uns ebenso neugierig wie wir sie. Noch nicht einmal Domino schüchtert sie ein. Das Fohlen ist noch sehr jung. 


Conelia erzählt mir unterwegs von ihren beiden Söhnen: Jonathan und Marc, die gerade in New York mit ihrer kleinen Firma: ¨Makers & Brothers¨bei einer Ausstellung sind: irisches Design!
Peter ist heute in Dublin, wird aber heute zurückerwartet.
Gerade kommt eine sms von Cornelia: ¨ Yesterday was just a memory. We were so lucky to have such a day for the best walk ever. I hope your back is not worse. See you later¨... Ein schönes feed-back zu einem besonderen Tag!


¨Das Schweigen der Landschaft verbirgt eine gewaltige Gegenwart. Der Ort ist ist nicht lediglich ein Wo. Ein Ort ist ein zutiefst individuelles Da-Sein. Sein Äußeres aus Gras und Stein wird vom Regen, Wind und Licht liebkost. Mit vollendeter Achtsamkeit feiert die Landschaft die Liturgie der Jahreszeiten, gibt sich rückhaltlos der Leidenschaft der Göttin hin. Die Gestalt einer Landschaft ist eine uralte schweigende Form von Bewußtsein. Berge sind unermessliche stumme Betrachtungen. Flüsse und Bäche leihen dem Land ihre Stimme,sind die Tränen der Wonne und Trauer der Erde.

Die Erde ist voller Seele¨....
John O'Donohue
Landschaft der Seele




Ja, Peter und Cornelia - unser gemeinsames Essen hier im School House war ausgesprochen unterhaltsam und fröhlich und wir sind sehr erleichtert, Peter wieder bei guter Gesundheit zu   erleben. Wir waren doch sehr in Sorge um ihn. Cornelia meinte heute, er habe ein solch positives Wesen, dass er selbst niemals daran zweifelte, wieder gesund zu werden!  Er ist 83 und er arbeitet täglich weiter in seinem Büro in Dublin und heute nahm er den Bus nach Galway, um mit dem Zug weiter zu fahren.  Einfach bewundernswert.
Peter kommt aus Carna, nicht weit von hier und er erzählte ein wenig von den Zeiten, in denen er groß wurde. Carna haben wir beschlossen,werden wir uns auch genauer ansehen. Der Name heißt im Gälischen so viel wie ¨Steinhaufen¨ und so sieht es dort voraussichtlich ähnlich aus wie hier! Zwischen den Felsen der Stechginster, der nun zu blühen beginnt. Vorgelagert liegt, wie auch hier bei Ebbe erreichbar, eine kleine Insel - Feenish - die jedoch früher bewohnt war.

 Morgen abend sind wir jedenfalls zum Gegenbesuch bei ihnen eingeladen!Ihr Haus, das sie seit über 30 Jahre haben, liegt direkt über der Küste mit endlos weitem Blick.


Apropos Blick: Während ich hier am alten Schulhaustisch (so nennen wir ihn jedenfalls) sitze, ist draußen die Sonne hinter dem Horizont verschwunden, nicht, ohne uns ihr Licht in allen nur möglichen Rot- und Gelbtönen zu hinterlassen. Ich denke jeden Abend, dass dies der bisher schönste Sonnenuntergang sei, aber dann übertrifft sich die Sonne - und so ist einfach jeder der Schönste! 

Wir sind im Gästebuch - zum Glück - darauf aufmerksam gemacht worden, dass auf den Brandungsfelsen - nicht weit draußen vor der Küste -  sich abends Seerobben tummeln und so haben wir gestern bei unserem Abendspaziergang zum ersten Mal darauf geachtet und sie tatsächlich entdeckt: Ach, was für eine Freude - und heute entdeckten wir, dass wir sie auch hier aus dem Fenster mit dem Fernglas beobachten können!
Manchmal fragen wir uns, was dieser magische Ort noch alles für uns bereithalten mag!  Er ist einfach unerschöpflich und ¨wunder¨voll!  Wir haben das negative Erlebnis von heute morgen jedenfalls schon wieder fast vergessen und beschlossen, uns unsere Freude auf keinen  Fall trüben zu lassen!
Der Verkäufer im Supply Shop, dem wir von dem gestohlenen Tor erzählten, war der Meinung, dass dieses Tor, dem Dieb kein Glück bringen würde - es sei kein gutes Omen, das von ihm ausgehen werde!  Möge es einfach so sein!

Bridgit war zwischenzeitlich auch hier und wir haben mit ihr besprochen, wie nun alles weitergehen wird. Matthew wird sie entlasten und sie ist froh darüber, weil die Saison in Irland ja nun erst beginnt.  Sie scheint den Job hier nun richtig angenommen zu haben und wir sind uns sicher, dass keines ihrer sonstigen Häuser so viel an Arbeit bietet...Sie beschäftigt in der Saison bis zu 10 Frauen.  Es ist schön, sie zu sehen, wir mögen sie und irgendwie erinnert sie ja immer auch ein wenig an Eimear... ¨Schneewittchen¨ mit schwarzen Haaren und blauen Augen!



Noch immer haben wir unsere Kreise nicht weiter gezogen und wir genießen dies richtig: Cleggen haben wir einen Besuch abgestattet und uns an Mary und ¨Wild Heather¨ erinnert. Dies war der Ausgang der Entdeckung dieses Landstrichs.
Wir sehen natürlich auch an der Bog Road von Cilfden nach Roundstone nach dem ¨cottage im bog¨, das wir beinahe auch gekauft hätten und sind froh, damals nicht den Mut gehabt zu haben. Die Lage des School Houses ist einfach unvergleichbar. 

Es sieht so aus, als sei Connemara ¨ im Kommen¨ und wir können das am ausgebuchten Haus ganz gut nachvollziehen. Auffallend ist, dass wir wieder sehr viel mehr Deutsche sehen, viele Fahrrad- und Motorradfahrer und vor allem sehr viel mehr Wohnmobile. Es ist fast beängstigend, wenn man an die Straßen hier denkt. Die Hinweisschilder auf den ¨Wild Atlantic Way¨ scheinen zu fruchten.  Uns stört es nicht, denn die Nächte sind völlig ruhig und wir hören den Kuckuck und - sehr leise - abends das ¨Singen¨ der Robben!
Die Krähen, die in unserem Schornstein und unter den alten Dachbalken (die wir nun ersetzen lassen) nisten, sind noch nicht ausgeflogen und so werden wir morgens von ihren hungrigen Stimmen begleitet...
Dies wird uns auch täglich dadurch bewusst, dass unser Haus von vorbeifahrenden oder laufenden oder radfahrenden Touristen fotografiert wird. Beim ersten Mal dachte ich, es sei wohl jemand, der vielleicht einmal hier zur Schule ging.. Aber nun hielten so viele Autos und jemand sprang heraus, um das Haus - und die malerische Küste -  aufzunehmen. Mit ein bisschen Stolz erfüllt es uns doch:  wenn wir daran denken, wie wir diesen Ort vor 2 Jahren vorgefunden haben..



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