Samstag, 25. Juni 2016

Diary May/June 2016 IV





4..6.2016

Man kann gar nicht anders, als vom Wetter zu schwärmen!!  Unfassbar, was wir erleben in diesen Tagen: Hochsommer!  Jeden Morgen wachen wir bei wolkenlosem Himmel auf und das Frühstück haben wir vor Tagen in die Küche verlegt, wo es am kühlsten ist :)   Das ist einfach verrückt und selbst wir haben so viel ¨Wärme am Stück¨ hier noch nicht erlebt. 




Seit gestern ist Astrid da und wir bekommen sie kaum zu sehen, weil sie ständig und ausdaruernd an den Stränden ist und schwimmt :)  Das Wasser ist noch immer eiskalt - aber sie scheint es nicht zu tangieren und das Glück in ihrem Gesicht zu sehen, wenn sie dem Atlantik entsteigt, ist einfach schön! 




Das Leben hat sich tagsüber natürlich nach außen verlagert und das Haus ist richtig warm, wenn wir am späten Nachmittag von einem Ausflug aus dem Wind  nach Hause kommen.  Wir heizen seit Tagen nicht mehr,  auch das hat es bisher kaum gegeben!  Wie gut meint es diese Insel doch mit uns.




Heute haben wir den Gästen unsere Insel gezeigt und das zurückbleibende Wasser auf dem Sand ist so, wie ich mir den Atlantik wünsche;  warm!  Kleine Krebse huschen unter die Steine, wenn wir durch die Pfützen an den Felsen waten - und die Sandwürmer hinterlassen ihre skurilen Nachrichten im Sand.  Noch immer bin ich begeistert von diesen kleinen Kunstwerken.  
 
Selbst auf der Insel stößt man heute auf Menschen!  Bank Holiday und in der Ferne sehen wir an allen Stränden Badende und Sonnende!  Connemara wird sich gefüllt haben von Sonnenhungrigen aus Galway und sicher auch aus Dublin.  Peter+ Cornelia sind in ihrem Haus und wir werden uns nächste Woche sehen.

Ja, man gewöhnt sich vielleicht zu schnell an diese Wetterlage, die sicherlich nicht restlichen 2 1/2 Wochen anhalten wird!  Aber den Moment genießen und im Moment leben, hat Irland uns nicht genau das gelehrt?

Gestern kam eine traurige Nachricht in diese unbeschwerten, leichten Tagen:  Angelika, Hans-Jürgens Sekretärin, so alt wie er -  wurde morgens tot in ihremBett aufgefunden!  Herzstillstand.
Nichts, was diesen pötzlichen Tod ankündigte..  Unfassbar! 


Hans-Jürgen war nach unserer Rückkehr mit ihr verabredet und vielleicht wird ihm die Tragweite des Verlustes auch erst zu Hause wirklich deutlich.
Wir sind sehr abgelenkt durch die lieben Besucher hier und vielleicht ist das auch gut im Moment. Im März hat uns der Tod von Michael sehr erschüttert..



Die Natur um uns erblüht noch einmal in ungewohntem Ausmaß:  Gelb die Wiesen und Felder und sogar die Fuchsien färben die ersten Hecken an den Straßen rot!  Die Rose im Garten steht voller Knospen und die ersten Blüten werden wir noch zu sehen bekommen. Alle Anpflanzungen sind gelungen und dank dem langen Gartenschlauch können wir alles gut und bequem gießen.
Im Moment fehlt nur noch der Gartenschirm - aber der ist wohl doch zuviel Luxus für Connemara!!!




Mit Sarah haben wir nun fast alle nahen Strände erkundet und sie staunt immer wieder, wieviel Schönheit uns umgibt! Wir durchstreifen die kleinen Friedhöfe an der Küste, die nun gemäht sind , so dass wir die Grabsteine erkennen und Inschriften lesen können. Hebt man den Blick nur etwas, dann liegen unter einem die einsamen, von türkisem Wasser befluteten kleinen Buchten und in der Ferne die Berge, meist im Dunst.  Kann man sich denn für seine Toten bessere Orte vorstellen?  Da stört einen noch nicht einmal die nicht vorhandene Grab¨pflege¨... Die hätte ohnehin nicht viel Sinn in dieser von Sturm und Regen geprägten Landschaft.




Wir werden nun überall begrüßt und erkannt:  ¨ You are the School-House-people¨ - meinte Christine gestern in Roundstone und ¨We`ll meet during the summer¨!!  Ja, es ist einfach wunderbar, auf irgend eine Art dazu zu gehören.  



Das ¨Steam Café¨ in Clifden ist wieder geöffnet und auch hier wurden wir herzlich begrüßt.
Endlich gibt es wieder ¨Crumble¨!  

Mit Sarah waren wir abends bei ¨Guys Bar¨ essen  und anschließend in ¨Lowrys Pub¨. Hier ist es jetzt voll und das nicht mehr nur von Iren.  Die Touristen rücken an:  vor allem Franzosen.
 Wir quetschen uns in eine kleine freie Ecke am Tresen und sind begeistert von der Gruppe, die ¨Trad Music¨ spielt:  Akkordeon, Gitarre und Querflöte.  Keine alltägliche Zusammensetzung hier.. Aber sehr gute Arrangements und Interpretationen auch bekannter Stücke.  Die Menschen gehen mit und das Guinnes fließt.

In der Ecke hinter dem Tisch, an dem die Musiker spielen, fällt uns eine alte Dame auf, die voller Begeisterung der Musik folgt. Im Laufe des Abends stellt sich -durch eine Ansage - heraus, dass ihr 92ster Geburtstag gefeiert wird!!!!!!!!!   Der Pub singt mit beim ¨happy birthday-Ständchen¨ und man prostet der alten Dame zu.  Wie hinreißend, solche Momente der tiefen Menschlichkeit und Lebensfreue.  Diese Frau war in diesem Moment lebendiger als manch einer sonst um sie herum! Als sie später den Pub verlies, wichen die Menschen beiseite, um ihr einen Korridor zu machen und prosteten ihr mit den Pint-Gläsern in der Hand zu.  Würdevoll durchschritt sie den Raum - nach links und rechts winkend!   OMG  - was für Menschen!


 Cottage


I sit, alert
behind the small window
of my mind an watch
The days past,
strangers
who have no reason
to look in

From Echos of memory
John O' Donohue


08.06.2016

Ich habe ein neues Buch von John O'Donohue gekauft:  ¨Walking on the Pastures of Wonder¨ und stieß beim Blättern auf dieses Zitat:

¨This landscape belongs to no one but itself. Landscape is the firstborn of creation.... It was here before the human face ever emerged on earth. It must have seemed very strange to the ancient eye of landscape when we arrived here. Landscape is a huge pre-human memory¨...

Er hat es immer vermocht, gerade diese Landschaften hier so tief zu erfassen und Connemara ist eine Urlandschaft. 

Aber zurück zu den Tagen, die längst viel zu schnell verstreichen. Wir sind seit vorgestern wieder alleine und - so schön es war, Besuch zu haben, viel zu erzählen, viel zu lachen und viel unterwegs zu sein, so sehr genießen wir doch auch die Ruhe, sofern sie überhaupt aufkommt.

Das fast unwirklich gute Wetter hält an: Heute sind es 16 Tage, die wir bei (irischen) Hochsommertemperaturen verbringen.Morgen soll es ein wenig Regen geben - und wir freuen uns inzwischen fast darauf :)



Das gute Wetter ermöglicht natürlich - gerade mit Besuchern - einen ganz andern Tagesablauf.  Alle Plätze im Garten  werden in diesen Tagen genutzt.  Vor allem auch der ¨Swimmingpool¨, in dem die beiden Liegestühle stehen, die fast immer belegt sind.  Endlich sind die Kühe wieder auf der Weide um unser Haus und wir können sie mit unseren Blicken von dort bis hinunter zum See begleiten. Die Kälber wachsen selbst für uns sichtbar seit wir hier sind.

Gestern wurde eine rieige Schafherde von mindestens 100 Tieren hier auf der Straße zu einer Wiese  Richtung Roundstone getrieben.. Was für ein herrliches Bild!   Fast alle haben bunte Streifen im Fell - meist rot, blau oder sogar orange. Ein Schaf hatte einen grünen Po!  Ich habe es später auf der Weide wiederegesehen!  

Wir haben bereits jetzt fast alle unserer Strände aufgesucht und Begeisterungsstürme vor allem von Astrid geerntet. Sie hat ihren Lieblingsstrand hier bei uns gekürt:  Calla Beach!  Da die Ebbe günstig lag, konnten wir zusammen auch auf die Insel. Mattie hat uns heute gewarnt, dass die Flut nicht unbedingt immer die Zeiten einhält und es sein kann, dass bereits nach 1 1/2 oder 2 Stunden das Wasser relativ schnell in die Bucht läuft.  Gut, dass er ein Boot hat und uns im Falle eines Falles damit abholen könnte :)  


Wir haben ein neues Projekt:  der ¨Swimmingpool¨ wird  "gefliest".
Paul, Claudias Mann ist Fliesenleger und er besuchte uns, um mit uns zu überlegen, wie diese Arbeit aussehen könnte.  Wir waren uns schnell einig, dass es am schönsten sei, den Betonboden dort mit flachen Natursteinen vom Strand auszulegen, die er dann in ein Betonbett so anordnet, dass ein (einigermaßen) ebener Boden ensteht.  Das bedeutet für uns ¨flache Steine vom Strand heranzuschaffen¨  und das wurde zu einer unserer gemeinsamen Aktivitäten! Vier Sammler bringen doch sehr rasch einiges zusammen und das Auto hatte Mühe, größere Steigungen flott zu überwinen :)
Paul hat sich heute unsere Steine angesehen und wird nun selbst die noch fehlende - etwa dreifache Menge - selbst heranschaffen. Wir sind gespannt, ob er - wie versprochen - noch vor unserer Abreise beginnen wird!

Astrid hat Sarah mitgenommen nach Camphill.  Seit sie dort ist, gehen meine Gedanken oft an diesen Ort, der in Florians Leben eine so große und wichtige Rolle gespielt hat.  Viele - als verschüttet geglaubte  Bilder kehren zurück und ich erinnere seine  lebendigen Briefe gerade aus den ersten Wochen und Monaten.  Diese Welt dort, die ihm zunächst so fremd erschien und die Arbeit, die er als unglaublich anstrengend und  freudlos empfand, wurde zu dem Ort, an dem er vielleicht am glücklichsten und unbeschwertesten war in seinem kurzen Leben!
Alle Phasen, die Florian durchlief, sind in seinen Briefen dokumentiert.  Diese Briefe sind  zugleich Dokumene der Reifung und des Erwachsenwerdens eines jungen Menschen. 
Ich weiß nicht, wie Sarah die - kurze - Zeit dort nutzen kann und wird.  Der Platz hat sich verändert, Camphill hat sich verändert, seit es unter irischer Leitung steht und voll und ganz durchreglementiert und bürokratisiert ist.  Es ist nicht mehr ¨Florians Camphill¨ - das ist klar, aber es bleibt doch ein Platz, der dem Einzelnen eine Menge an Freiheit und Gestaltungsmöglichkeit läßt. Nach wie vor sind viele junge Menschen bereit, sich eine zeitlang dort dem gewohnten Alltag mit seinen vielen Annehmlichkeiten zu entsagen.  Nicht, dass es diese dort nicht gäbe, aber sie dominieren den Tag nicht, wie das ¨handy¨, das , wie wir an Sarah wieder feststellen konnten, zum wichtigsten ¨Begleiter¨ durch den Tag geworden ist.....
Hier wartet Arbeit und hier wartet auch Verantwortung.  Das haben viele sicherlich bisher nicht erlebt und es sich vielleicht auch nicht zugetraut.  Die Arbeit mit den ¨Specials¨ (Behinderten) ist eine besondere.  Sie lehrt Geduld, sie lehrt Hinhören und Hinschauen, sie lehrt, sich selbst aus dem Mittelpunkt zu nehmen und  den Fokus auf diese Menschen  zu richten. Florian hat die Arbeit mit ihnen geliebt,  er hat sie als die, die sie sind, geliebt - um ihrer selbst willen.  Er fand, dass sie es sind, die den Platz prägen! 
Vielleicht wird Sarah nicht genügend Zeit haben, diese Erfahrungen zu machen. Sie schnuppert sozusagen in dieses Leben dort und mal sehen, ob es sie erreicht... Sie ist genau so alt, wie Florian es war, als er sein irisches Leben dort begann....
Dieses Foto schickte Sarah, bevor sie aus Camphill abreiste:  Es zeigt sie mit einem Co-worker und
Clyde, der einer der Lieblinge von Florian war.  Clydie konnte nicht "Florian" sagen und nannte ihn "Beewee".. Und ich war, als ich nach Florians Tod in Camphill war und Clyde traf: "Beewees Mom".. Nun nannte er, nachdem Sarah ihm erzählte, dass sie Florians Schwester sei, Sarah sofort "Beewee"!
Das hat mich tief berührt! 



¨Because I am here,
Where is it that I am absent from¨....
(John O'Donohue¨





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