Freitag, 5. Juli 2019

Calla-Days Juni 2019 I




Calla Juni 2019

¨Manchmal ist der Regen wunderschön.Die Steine am Strand werden kupfer- und bronzefarben, violett und silbern, Muschelfragmente glänzen perlweiß, mit grün geädertem Schimmer und alles nur durch  einen Wassertropfen....¨

Aus: Die Zeit und was sie heilt (Kit de Waal - siehe später)



03.06.
Die Tatsache, dass ich gestern auch meine Winterpullover, die ich im September eingemottet habe, zum Lüften auf die Leinen in den Wind hing, sagt einiges über unser diesjähriges Juni-Wetter aus!  Es ist ausgesprochen kühl - bisher nicht mehr als 13°. 
Wären in Berlin zur Zeit nicht um die 30° würden wir vielleicht meckern, aber so sind wir einfach froh, hier zu sein... And who cares about the weather in Ireland! Natürlich sprechen alle darüber - noch mehr als letzten Sommer, wo sie die Hitzewelle lobten und beglückt waren... Nun ist es allen zu kalt und zum ersten Mal mußten wir uns anhören: ¨ You brought the rain¨!


Wie gut, dass wir nach den sehr unruhigen Tagen in Berlin mit viel Besuch und der Geburtstagsparty von Hans eine Nacht in Athlone im B+B übernachtet haben. Das verkürzte nicht nur die Fahrtzeit, sondern lies die Übergänge sanfter von statten gehen. Keine Erwartungen, denn auch ¨The Bastion¨ war uns wohlbekannt von früheren Übernachtungen und unser ¨Long Room¨ war vertraut.
Die Sonne hatte uns seit Dublin begleitet und ausgesprochen milde Temperaturen machten es sehr angenehm, uns zunächst treiben zu lassen. Der River Shannon ist hier breit und träge und etliche Hausboote warteten auf neue Kapitäne.  

Wir hielten die Gesichter in die Sonne und hörten auf die vertraute Sprache der Vorbeigehenden.  Endlich in Irland! 
Uns fiel auf, dass Athlone belebter ist, als wir es zum ersten Mal erlebten. Die Geschäfte sind wieder geöffnet, das Leben ist zurück. Die Hauptstraße wurde verschmälert und zur Einbahnstraße, die Bürgersteige breit und mit Sitzmöglichkeiten versehen, was sich sehr positiv niederschlägt.
Nach einem kleinen Abendessen fielen wir müde in unsere Betten...

Regen empfängt uns am kommenden Morgen und begleitete uns die nächsten Tage.  Calla - je näher wir kommen, um so kribbelnder wird es im Bauch!  Wie wird das Haus aussehen? Wie der Garten?  Wir waren 8 Monate nicht mehr da! 

Wärme empfängt uns und ein wohlriechendes Haus.  Keine Feuchtigkeit, die Dinge stehen (überwiegend) an ihren Plätzen, was erstaunlich ist, nachdem doch schon einige Gäste hier ihre Ferien verbracht haben!
Wir schauen in jeden Raum, rücken dies oder jenes zurecht und sind beide voller Freude, dass das Haus so einladend aussieht.

Der Gang durch den Garten ist etwas ernüchternder. Das Gras ist hoch, die vielen Margeriten, die im letzten Juni vor dem ¨ Sunroom¨ blühten, sind fast gänzlich verschwunden. Noch immer rätseln wir, was geschehen ist, denn diese Wiesenblumen blühten jedes Jahr sehr üppig. Vielleicht hat Martin sie im April mit dem Mähen der Wiesen abgemäht und sie hatten keine Kraft zur Regeneration. Die Hecken sind riesig und verdecken teilweise den Blick.
Aber natürlich gibt es auch schöne Überraschungen, wie die wilden Rosen, die wir letztes Jahr aus dem Garten der Nachbarn vor dem Bagger gerettet haben:  einige haben es überlebt und zeigen Knospen! Aber auch sie stehen tief in den üppig wuchernden Margeriten, Gräsern und Brombeeren. Es dauerte keine zwei Tage, bis hier alles freigelegt und vom Unkraut befreit war... Hans war unermüdlich - selbst bei Wolkenbrüchen im Garten!

Der Regen verhinderte zunächst, dass er sich auch auf den Rasenmäher stürzte :) 
Ich lasse es hier immer sehr viel ruhiger angehen!  Das Haus ist mein Refugium und auch hier gibt es natürlich genug zu tun. Sichten, umräumen, aufräumen. 
Der Blick auf den Erisbeg und die Twelve Bens blieb 3 Tage versperrt und auch der ¨Sunroom¨ hat seine Funktion erst seit 2 Tagen zurück:Wunderbar, dort zu frühstücken und gestern war es so warm, dass wir sogar zum Abendessen dort saßen! 

Inzwischen hat der Garten überwiegend seine Form zurück. Die ersten Rosen machen sich an der Mauer gegenüber an, zu blühen, der Salbei blüht und der ¨honey suckle¨ (Jelängerjelieber) hat das Dach des Schuppens fast erreicht.
Die Hortensie in der Ecke des Schuppens hat - dank ihres geschützten Platzes - Blütenansätze und wir werden ihr Blühen noch erleben.
Die Rosen hinter der Mauer zur Straße sind gewachsen und schauen nun über diese hinweg. Es ist ein so schöner Blick, ihre roten und weißen Blüten vor der Kulisse der wilden Küste zu sehen... Ein Gegensatz, der berührt. Der Wind, der sie kräftig schüttelt, kann sie nicht besonders beeindrucken. Sie blühen weiter!

Das Wetter gibt uns eine willkommene Auszeit und wir ruhen neben der Garten- und Hausarbeit jeden Nachmittag!  Wir schlafen gut und lang und die Erschöpfung fällt ganz langsam ab. Berlin hat uns in den ersten Tagen noch sehr beschäftigt, nun sprechen wir nur noch über das, was uns hier umgibt und machen unsere Pläne nur für die nächsten 4 Wochen..

Unsere Welt wird um so vieles kleiner - und überschaubarer. Das ist wohltuend!
Entgegen unserer Befürchtung, dass unsere irischen Beziehungen überwiegend eingeschlafen sind, bekommen wir gleich in den ersten Tagen einige Einladungen.
Am meisten freut mich natürlich, dass Eimear sich gemeldet hat und uns anbot, sie in Galway zu besuchen.  Wir nehmen das gerne an und werden auf dem Rückweg von Doolin, wohin wir auch dieses Jahr zum ¨folk festival¨ fahren, bei ihnen Station machen.
Cornelia ist seit einigen Tagen ebenfalls hier - ohne Peter, der im Winter leider gestorben ist. Wir werden auch sie treffen. Und einen schönen Nachmittag haben wir bereits mit Ulrike, unserer Nachbarin hier am Maumeen Lake verbracht.  Das Cottage kennen wir, da wir dort 2009 wohnten. Es liegt direkt am See - zauberhaft! 
Schön, mit Menschen zu sprechen, die schon sehr viel länger regelmäßig hier sind und uns einiges erzählen können, über die Menschen hier und übereinstimmend bleibt:  The people from the West are crazy!

Das haben wir nun von allen inzwischen gehört und unsere eigenen Erfahrungen können wir durchaus teilweise auch unter diesem Aspekt sehen und besser begreifen!!  Hier hat sich nicht viel geändert. Auch das ist schön, zu sehen. In dieser schnelllebigen Zeit, in der sich ständig alles verändert, tut es gut, Ruheräume zu finden!
Ulrike wird abreisen - und es war schön, sie gesehen zu haben.

Die Kühe sind zurück. Einmal sind sie gegenüber auf der Weide zur Küste, dann wieder hinter dem Haus auf dem Feld zum See. Es ist gut, sie wieder um uns zu haben. Sie haben uns im September gefehlt.

Die Schafe haben noch immer Lämmer und ihr Blöken hat uns heute auf einem längeren Spaziergang durch den Bog bei Roundstone begleitet.
Diesen Weg sind wir in den ersten Jahren einmal gegangen. Er bietet weite Blicke auf die Bens und über die Küste, die sich hier bei Roundstone weit ins Land zieht, auf Inishnee. Die Weite begeistert uns. Wir sind es nicht gewohnt, ¨ endlos¨ blicken zu können - hier lernen wir es wieder: Vor uns über die Küste auf den Atlantik - heute über die rauhe Boglandschaft auf die Berge.  Seen durchziehen den Bog, dort, wo er tief abgetragen ist, bleiben sie übrig. Felsig und geschunden sieht diese Landschaft aus und doch faszinierend. Wollgras und Rhododendren und die bunten Schafe sind kleine Kontrapunkte.


In Ballynahinch Castle teilen wir uns einen Scone (hier bekommt man 2 kleine Scones) und genießen die Ruhe im noch recht leeren Pub.  Uns fällt auf, dass man sich hier zunehmend den amerikanischen Gästen verpflichtet fühlt. Ein etwas aufdringlicher, älterer Herr empfängt die Gäste im Pub des Hotels mit eindeutig amerikanischem Akzent. Er hat diese etwas übertriebene Höflichkeit, die - im Gegensatz zu der irischen Freundlichkeit - sich nicht echt und eher aufgesetzt anfühlt. Ein späteterer Blick in das riesige, dicke Gästebuch bestätigt uns, dass die überwiegende Zahl der hier residierenden oder einfach einkehrenden Gäste aus den USA kommen.
Sicher sind viele von ihnen ursprünglich Iren.

Ein Grund, weshalb wir auch um diese Zeit nach Ballynahinch gekommen sind, ist der leere Salon, mit Blick auf den Fluß, der mittags und abends die Gäste zum Essen empfängt. Gediegene Eleganz - aber vor allem die Bilder an den Wänden haben es in sich:  Ballynahinch hat die größte Sammlung von Bildern von Gerard Dillon. Wir können sie uns ausgiebig anschauen und lassen uns begeistern von ihnen. Viele der Motive, die hier hängen, stammen aus dem Jahr, das Gerard Dillon auf Inishlaken verbrachte. (Mein Vorhaben, mich mit ihm und seiner Kunst etwas ausgiebiger zu befassen und etwas darüber zu schreiben, habe ich leider noch immer nicht umgesetzt).

Es gibt noch eine schöne Begegnung, die ich festhalten möchte.

Sonntag, das Wetter war trocken und etwas einladender, nutzten wir dennoch für einen Spaziergang an Dogs Bay, wo wir die erste Schwimmerin in diesem kühlen Sommer sahen! Sehr ambitioniert!
Wir beschlossen, uns im ¨Bog Bean¨ in Roundstone  aufzuwärmen und Orla zu begrüßen, die wir noch nicht gesehen hatten. 
Das Café war brechend voll, aber die Begrüßung herzlich und überschwenglich wie immer!  Orla  freut sich auch über immer mehr Gäste, die hier aus dem School House zu ihr finden und ihr offenbar erzählen, woher sie kommen.
Wir schauen uns die Kunst an den Wänden an und Hans fragt, ob ich eigentlich etwas von Yvonne King gehört habe, die hier in der Gegend zu den wichtigeren Künstlern gehört und eigentlich immer sehr präsent war.. Nein, ich hatte es nicht und sah bei Facebook nach, wo ich lediglich einen Gruß zum Neuen Jahr fand... Wir überlegten, ob sie im vergangenen Jahr bei der ¨ Arts Week¨ ausgestellt hatte... Und über unseren Überlegungen öffnete sich neben uns die Tür - und Yvonne kam herein, unter dem Arm eine Anzahl von gerahmten Bildern, die sie offenbar hier austellen würde.
Sie erkannte uns sofort und das erfüllte uns wirklich mit Freude. Sie setzte sich zu uns wir erzählten, dass wir das Bild, das wir bei ihr gekauft und mit nach Berlin genommen hatten, zurückbrachten und es hier nun im School House hinge, wohin es einfach gehöre!  Das Café schloß und Yvonne versicherte, uns gerne noch einmal sehen zu wollen und - aus Erfahrungen lernend - gab ich ihr unsere Karte und bat sie, sich bei uns zu melden, wenn es ihr passt. So gebe ich ab - denn ich weiss inzwischen, dass diese " Versprechungen¨  hier bekanntlich oft rhetorisch sind und man besser nicht darauf zurückkommen sollte :)
The old Roundstone Harbor von Yvonne King

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