Samstag, 6. Juli 2019

Calla-Days Juni 2019 V



Doolin Festival 2019
Wir sind pünktlich zu Beginn im Zelt am Hotel, das inzwischen ein fester Bau geworden ist und sich insgesamt hin zu ¨perfekt¨ verändert, was dem Ensemble ein wenig den Charme nimmt.

Der Hof zwischen Eingang und ¨Zelt¨ ist nun mit Bänken und Tischen vollgestellt, dort saßen wir noch auf Strohballen vor 2 Jahren an den offenen Feuern, die nun ebenfalls von Bänken umlagert sind. Es ist alles noch sehr ruhig und überschaubar.
Der erste Gig des Abends ist Yvonne Casey, eine Fiddle-Spielerin, die uns ans Herz gelegt wurde. 
Wir lauschen eine Weile, aber diese Gruppe erreicht uns nicht und wir haben hier schon so viel mehr Brillanz an der Geige gehört und gesehen, also schauen wir uns um.
Auf der zweiten Bühne, dem ¨White Horse Stage¨ spielt ¨little Oak¨ eine mit einer wundervollen Stimme beschenkten Sängerin mit ihrer Gitarre. Es ist eine große Freude, ihr zuzuhören und ein Schlaflied habe ich aufgenommen. 


Auf der Hauptbühne hat eine neue Gruppe (zwei Gitaristen und Sänger) ¨MurphyBeds¨  aus den USA, wie man der Aussprache leicht entnehmen kann - begonnen, den sich füllenden Saal fast zum einschlafen zu bringen:  Simon + Garfunkel angelehnte Liedchen, die nach einer halben Stunde langweilen.  Ich habe mich in die ¨Rentnerbänke¨ - ganz hinten in der Halle gesetzt. Hier bin ich genau von den Touristen (sie belegen 2 der 3 möglichen und einzigen Sitzreihen in der ganzen Halle) umgeben, die vor uns im holländischen Bus auf der Fahrt nervten :)  Ich mag Holländer wirklich, aber das war irgendwie zuviel Holland auf einmal. Das Irrste:  sie bleiben alle (!)  den ganzen Abend auf ihren Plätzen sitzen und viele Versuche anderer, auch einen Sitzplatz zu ergattern scheiterte an ihrem konsequenten ¨Besetzen der Stühle¨, sollte ein Gatte oder eine Gattin mal ¨ müssen¨... Also letztlich fühlte ich mich weder hier wohl, noch erreichte mich die einschläfernde Musik. Und es wurde noch schlimmer! Der dritte Gig bestand im einstündigen Spiel einer ¨Concertina¨ - einer kleinsten Ausgabe einer Art Harmonium. Grelle Töne und als Solo einfach nicht zu ertragen.  Das hatten wir uns anders vorgestellt, und mischten uns lieber im ¨Hof¨ unter die nun zahlreich einlaufenen anderen Festivalgäste, aßen unsere mitgebrachen Wraps (letztes Mal standen wir fast eine Stunde an, um etwas zu Essen zu erhaschen...)  Diesmal hätten wir nicht warten müssen :)

Wir sahen den Kindern zu, die ausgelassen tobten, mindestens zwei von ihnen mit feuerroten Haaren!  Eltern im Hippilook und alle sehr fröhlich - in der Hand ein Pint of Guiness!
Auf Stage II  spielten jüngere Gruppen und auch gut!  ¨Clare Sands Band¨- oder ¨Mud Bubble¨...Namen, die uns nichts sagen, aber das kann sich - wie wir wissen ändern. Auf dieser kleinen Bühne spielen eher Newcomer und es kann der Start zu einer Karriere werden.  Alles wird aufgezeichnet und wer weiß, wer es sich anschaut!


Also liegt nun unser Hoffnung auf CLANNAD und ein wenig enttäuscht sind wir schon.  Es wird richtig voll um kurz vor 10 und als sich die Band zeigt, brandet großer Jubel auf.. Wir stehen weit vorn, um diese Band, mit der alles hier vor fast 25 Jahren begann und die wir auch in Berlin schon gesehen haben, besser hören und auch sehen zu können. Sie sind in die Jahre gekommen, die Brennans und die Duggans. Von ihnen ist nur noch einer übrig. Zwei junge Musiker ergänzen jetzt die Band.  Pòl Brennan ist noch unglaublich vital und heizt der Band wirklich ein. Eine Freude, ìhm zuzusehen. Máire Brennan, wie sie sich früher noch (irisch) nannte und dann in Moya - der Einfahrheit halber umbenannte, hat noch immer eine wundervolle Stimme - aber sie hat ein Timbre bekommen, das das Alter der Stimme verleiht. Es ist nicht wirklich störend, aber es zeigt einfach, dass Gruppen wie diese nicht nur durch den Tod von Mitgliedern (Pádraig Duggan, 2016) sondern einfach durch das Alter auch an Qualität verlieren.  


Dennoch bleibt ihre Ausstrahlung,  Moya an der Harve einfach wundervoll und man kennt die Lieder allesamt und viele singen mit.
Meine Beine werden schwer und ich habe Problme, mich durch die Massen, die nun die Halle bis auf den letzten cm füllen, zu quetschen und zu sehen, ob bei ¨Holland¨ vielleicht ein Platz zu ergattern ist  :)  und siehe da, ich habe Erfolg. Ein Paar steht gerade auf und packt zusammen und ich lasse mich dankbar auf einen der beiden Stühle fallen!  Danke Holland!!!

Die letzten Songs werden angestimmt, die Stimmung in der Halle ist - wie auch bei den letzten Festivals - so völlig frei von Rücksichtnahme auf die, die gekommen sind, um zu HÖREN... Es wird getrunken und laut gelacht und gerufen und der Versuch einiger mit - durch die Reihen nach hinten weitergegebenen PSSCCHHHTTTT  scheitert an diesen Festivalgästen!  Das ist sehr schade und fast ärgerlich, denn viele frühlen sich gestört und irgendwann greift jemand durch, bittet die lautesten Gruppen, sich nach draußen zu begeben und schließt die Rolltore zur Bar-Halle. 

So kommen wir alle noch in den großen Genuß - gemeinsam - eines der schönsten Lieder anzustimmen:  ¨Down by the Sallys Garden¨ - ein bewegender Moment. Hans erzählt mir später, dass eine neben ihm stehende Frau bei diesem Lied die Hände faltete und zum Himmel,  hier zur Decke, sah... Mir liefen - unter den Holländern - die Tränen über das Gesicht. Ein Florian-Moment unter all diesen Menschen!
(Eine alte Aufnahme hier, da es keinen Mitschnitt vom Festival gibt.  Dafür in Berlin aufgenommen)

Ein Blick in das Programm von Samstag und Sonntag sagt uns, dass dieses Festival an  Klasse weit hinter denen der letzten Jahre liegt. Wir kennen überhaupt keine Gruppe, die an den beiden Tagen auftreten wird.. Und wir sind musikalisch hier doch ganz gut unterwegs.  Schade!
 Ein wenig lassen wir uns noch treiben und anstecken durch die Fröhlichkeit, die hier herrscht, Ausgelassenheit und niemals haben wir hier - trotz sehr vieler Pints, die über den Tresen gehen - Aggression erlebt!

Wir fallen in unsere Betten und in einen schnellen, tiefen Schlaf.

Unsere Gastgeber erwarten beim Frühstück unseren ¨Report¨ - und erzählen ein wenig, über ihre Erfahrungen mit dem zunehmenden Tourismus in Doolin.  Einige der Pubs, sagen sie, sind inzwischen ausschließlich auf Busladungen aus. Sie selbst werden nicht mehr willkommen geheißen - und wenn jemand anfängt, den Boden zu feudeln und die wenigen einheimischen Gäste praktisch des Pubs verweist, weil ein Bus ankommt, dann ist etwas faul in Irland!  Sie waren wirklich empört und meinten, dass sie kaum noch in die Pubs gehen, weil es erniedrigend sei, Gast zweiter Klasse zu werden.  Ihre Beobachtungen, dass dann aber von dieser Busladung, die abgeworfen wird, kaum konsumiert wird, dass mancheiner bis zu 2 Stunden mit einem Wasser das Pub ¨verstopft¨,  das zu sehen, bringt sie völlig auf die Palme. 
Einige Restaurants haben Abkommen mit Busfahrern, denen sie - pro Gast - 1,00 bezahlen - was sich bei einer Ladung von bis zu 60 Touristen, lohnt. Es ist nicht mehr schön in Doolin sagen sie, und sie gingen kaum mehr nach draußen. Uns betrübt das sehr und wir können ihre Resignation gut verstehen.

¨Wir sind müde, hier Amerikaner zu beherbergen, die meinen, nicht nur das Bett, sondern auch uns gebucht zu haben und uns löchern und mit 100 Fragen die Zeit stehlen. Sie wollen ständig etwas haben, wissen und sind unersättlich. Sie gehen um 7 zum Essen ins Pub und um 9 sitzen sie hier und wollen unterhalten werden.. Deshalb machen wir zu!  ¨ You are wonderful guests - not demanding and easy going!  You can come back any time - as friends!¨
Wir machen uns bald auf, freuen uns auf die Fahrt durch den Burren und das Wetter ist - seit wir in Clare sind - gut! Schnell noch ein Blick auf die Aran Islands, die hier ganz nah liegen. Weisse kleine Fähren schaukeln schon im Atlantik und bringen die ersten Touristen auf diese zauberhaften Inseln.

 Mehr zu Doolin


 Der Burren



¨ Zu wenig Bäume, um einen aufzuhängen,zu wenigwasser, um ihn zu ertränken, zu wenig Erde, um ihn zu vergraben¨.. So beschrieben Cromwells Soldaten abfällig eine der faszinierendsten Regionen Irlands, den Burren! Hier ist nur noch Stein (ich habe es früher schon beschrieben), aber das ist nur der erste Eindruck. In den Spalten des Kalksteins wachsen bis zu 1.400 Pflanzen, die sonst nur in den Tropen oder mediteranen Ländern vorkommen. Ein Blütenmeer im Frühjahr.


  Hübsche Orte, wie Ballyvaughan oder Lisdonvarna sind gut bevölkert von Neugierigen, die sich meist keine Zeit nehmen, hier einmal auszusteigen und einige Schritte durch diese - zugegebeben schwer zu begehende - Landschaft zu machen. 


Wir genießen die Fahrt, freuen uns darauf, Eimear und ihre Familie in Galway zu besuchen und vorher aber in Fanore den gepflückten Strauß auf O'Donohues Grab zu legen.   Das Grab hat sich verändert, ein Stein auf dem die Namen von anderen Familienangehörigen stehen, ist nun bei John aufgestellt. Es irritiert ein wenig, denn wir kennen das Grab seit Jahren:  zuerst ein kleiner, blühender Garten, dann verwaist und vernachlässigt, ist nun mit dicken, runden und flachen grauen Steinen (vom Strand?) bedeckt. Am Rand stehen kleine, abgeblühte, traurig aussehende Plastikblumentöpfe, die wir später auf den Müll des Friedhofs tragen.



Wieder denke ich, dass dieser so wichtige Mensch es nicht verdient, dass man sich hier so wenig um sein Grab kümmert.. Wir stellen die Heide in eine kleine Vase, in der noch Wasser steht und setzen uns einen Moment lang auf einen flachen alten Grabstein, jeder in seinen Gedanken, die sich vielleicht sehr ähnlich wären, würden wir sie aussprechen!

 Der Text auf dem Grabstein
 Image result for kristine fleck and john o'donohue

Wir kommen wieder - dieses Versprechen geben wir hier jedes Mal ab - und wir halten es seit vielen Jahren!
                                                                    🌼🌼🌼🌼
Ich melde mich bei Eimear und sage ihr, dass wir recht bald eintreffen würden und wir finden ihr Haus in einem Vorort von Galway - sehr malerisch mit Wiesen und Wäldchen hinter dem Haus. Groß und sehr geräumig leben sie nun hier und die Kinder haben nur den Weg über die ruhige Straße, um zur Schule und Kita zu kommen. Wunderbar!
Es wird ein sehr harmonisches, vertrautes Treffen, das mich sehr glücklich in die Zukunft schauen läßt! Wir scheinen es tatsächlich geschafft zu haben, eine Ebene zu finden, die für uns alle gangbar ist. Sicherlich nicht leicht für Eimears Mann, der sehr tolerant, großzügig und freundlich zu uns ist! Die Kinder sind aufmerksam und lebendig, aber auch immer wieder zugeneigt. Das ist sehr schön.
Selbst mit Eimears Mutter führe ich ein kurzes Gespräch - zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren. Versöhnlich und gut!


Wohin mit all den Eindrücken, denke ich nur noch, als wir durch die karge, geliebte Landschaft Connemaras nach Hause fahren.
So viel ist in diesen zwei Tagen geschehen, so beeindruckend, so tiefe Spuren in uns hinterlassend.... Ich möchte schreiben - ich möchte festhalten und gerne teilen, denke ich.
Der auf diesen Tag folgende Regentag machte all dies möglich!

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