Freitag, 2. Oktober 2015

"Herztage" 9/2015 III


On  a day of bright sky, when the hills are of that intoxicating blue
That belongs expecially to the West,
The bogland is a loveley far-reaching expanse of purple and rich brown:
And the lakelets take on the quite indescriable colour that comes from clear sky
Reflected in bog-water, while the sea-inlets glow with an intensive but rather greener blue.
On such a day the wanderer will thank is lucke star that it has brought him to Connemara.

Robert Lloyed Praeger, The Way that I went



7.9.2015
Bevor die Erlebnisse von den dahineilenden Tagen verschluckt werden, möchte ich festhalten, was sich eingeprägt hat...  z.B. den gestrigen Tag - Ausflugstag!


Der Schleier, der über meiner Seele gelegen hatte, verzieht sich beim Anblick der Landschaften, die wir schweigend durchfahren und von diesem Augenblick an sehe ich die Welt viel freier, viel klarer, mit offenen Augen aber auch mit offenem Herzen:  wunderbar!

Von Letterfrack geht es - bei sich etwas aufklärendem Wetter, in Richtung Lough Fee.  Dieser Ort hat für uns eine besondere Bedeutung, denn dort steht - versteckt - wie wir herausfanden - das Haus, das Oscar Wildes Vater einst kaufte und in dem der Sohn eine Weile lebte - und  sicher auch schrieb. 

 Der Film ¨Nothing Personal¨,  der zu meinen Lieblingsfilmen gehört, spielt zum Teil in eben diesem  Haus  und hatte die Erlaubnis an dem Originalschauplatz zu drehen... Und nun machten wir uns auf, dieses Haus vielleicht auch von Nahem zu sehen....  wissend, dass es inzwischen ein Privathaus ist..
Der Ort ist unverkenntbar - eine Insel, dicht bewaldet und uneinsehbar im Lough Fee.. Eine grüne, verwunschene Auffahrt - und das Tor stand offen!  Wir wagten uns hinein, bis das Haus im Grün vor uns durchschien... Aber dann verlies uns der Mut!
Ein schöner Spaziergang entlang des Sees zusammen mit einigen geschorenen und irgendwie traurig aussehenden Schafen läßt uns aber den Plan noch nicht wirklich vergessen.  Die Landschaft am Lough Fee ist umsäumt von den Hügeln und Ausläufern der Maumturk Mountains. Die Gipfel sind hoch und alle Töne von Grün tun sich vor unseren Augen auf.. Hin und wieder ein schief gewachsener Baum, sonst viele kunstvolle Mauern.


Wir öffnen Tore, schließen sie hinter uns und kommen an einem hübschen Cottage vorbei, das einem Künstler gehören könnte:  Kunst im Garten, am Haus.. und  dann steht er - gerade mit seinem  Wagen angekommen - bei uns. Ich frage ihn nach dem Haus von Oscar Wilde und er bestätigt uns, dass es das ist, was wir vermuteten und er ermutigt uns, es uns anzusehen, da es zur Zeit Baustelle  sei!  Wir fragen ihn nach dem Film, den er - natürlich! - kannte und den er aber ¨very depressing¨ fand und unsere Begeisterung keinesfalls teilte!  ¨No one in Connemara is so depressed¨ - was wiederum noch zu klären wäre :) 

Egal, wir setzen unseren Weg entlang des Sees fort und ich finde zwei wundervolle Steinherzen, die man zu einem kleinen Kunstwerk in einander fügen kann... Sehr bemerkenswert!
Überhaupt habe ich den Eindruck, Florian mit einem Mal wieder sehr nah zu sein und das Gefühl, als wolle er mir dies auch zeigen:  überall liegen Herzen... Ich sehe sie, das reicht für den Moment und ich empfinde große Dankbarkeit, als wir dann tatsächlich das Haus von Oscar Wilde umrunden - vorsichtig, neugierig - staunend und mit dem Gefühl, eines besonderen Augenblicks, den sicher nicht viele erleben werden.


 

Der Name des Hauses ist Illaunroe.  Es war ein Angel- und Jagdhaus. Illaunroe stammt vom irischen Wort Illaunrua (`Rote Insel¨) ab und es drückt die Farben aus, die die Natur um das Haus - vor allem im Herbst - trägt und die rote Erde auf dieser Insel. 
Das Fresco , das wir im Hauseingang gesehen habe, ist von Frank Miles. Es sind zwei nackte Cherubine, die jeweils links und rechts des Bogens angeln und die Eingangstür im Auge haben. Darunter steht: ¨Tight Lines¨.... 

Die Arbeiter auf den Gerüsten sind auskunftsfreudig.."Do you know Bono¨? - ¨ Yes, of course¨. ¨Bono wanted to buy this house and was told that he would never have so much money to buy it¨....  Also kann man nur ahnen, was die jetzigen Bewohner, die nicht in direkter Abstammung von Wilde zu sein scheinen, dafür bezahlt haben.
Es ist ein wirklich imposantes Haus an einem wunderbaren Ort.  Der Garten steht voller Hortensien und der Blick öffnet sich zum See und den Bergen! 

Wir werfen noch einen Blick durch die offen stehende Haustür und bedauern, dass die geparkten Fahrzeuge der Arbeiter den Blick doch recht einschränken und ein schönes Foto nicht ermöglichen... Wir essen einige reife Brombeeren - und machen uns auf den Rückweg!
¨Danke Flori¨....  

Weiter geht es in Richtung Killary Harbour - dem einzigen Fjord Irlands. An einem Peer sehen wir der Verladung von Schafen zu, die in einem kleinen Boot zusammengefercht liegend nach einander am Fell herausgehoben und in einen kleinen Laster verladen werden.. Es ist kein schöner Anblick und die Gesichter der Männer, die mit diesem unwürdigen Verladen beschäftigt sind sind rau und hart. 


Als ich fotografiere, werde ich scharf angegangen und aufgefordert,  sofort wegzugehen, was mich darin bestärkte, dass diese Form des Transportes sicher nicht den Vorschriften der Verladung von Tieren entsprach. Vielleicht wurden sie zum wöchentlich stattfindenden Schafsmarkt in Leenan gebracht.
Wir beschließen den ¨Connemara Loop¨ Richtung Letterfrack weiter zu fahren zwischen blau-silbrig glänzenden Seen und wir fühlen uns - wieder einmal - reichbeschenkt von diesen Landschaften.



"G" wie Glück :)


9. September

Wir scheinen vom Glück beschienen zu sein!  Nicht nur das Wetter ist gut - zumindest trocken, wenn auch sehr windig - es  fügen sich nun die Dinge in einer sehr schönen Weise...
Gestern war ¨Tag der Vorstellung der neuen Houskeeperinnen¨, da Bridgit  ja zum Jahresende den Job niederlegen wird.
Zunächst hatte sich Catherine, eine Nachbarin, die über Mattie kommt, um11 Uhr angemeldet und uns dreien ist bald klar, dass sie mit den vielen Buchungen hier und den An- und Abreisen an den Wochenenden überfordert ist. Sie hat bereits zu viele Häuser und war aber sehr bemüht, uns weiterzuhelfen und weitere Frauen zu empfehlen, die evtl. Interesse hätten.
Zunächst aber wollen wir uns Claudia ansehen, mit der wir am Abend verabredet waren. Von Catherine (man kennt sich hier bekanntlich!) wissen wir, dass sie ursprünglich aus Polen kommt, mit einem Iren verheiratet ist und seit einigen Jahren hier in Dolan lebt! Wir sind gespannt!




Wir überbrücken die Zeit mit einem Spaziergang bei ¨no dogs¨ und sind erstaunt, wie zutraulich die Schafe sind! Springen sie normalerweise sofort auf, wenn wir ihnen zu nahe kommen, bleiben sie heute liegen.  Stehen  sie am Wegesrand, schauen sie uns aufmerksam entgegen, machen aber keine großen Anstalten, sich von ihrem Fleck zu rühren, wenn der Abstand zu uns offenbar gebührend erscheint!  So können wir leicht Fotos von unseren Lieblingstieren machen...

Hier haben wir einen weiten Blick über den Bog, auf den Maumeen Lake, an dessen Ufer gegenüber unser Haus liegt.Der Errisbeg, unser Hausberg, ragt auf der anderen Seite des Weges felsig und etwas unwegsam in den Himmel. Hans-Jürgen ist noch immer glücklich darüber, dass er ihn nun endlich ¨gemacht¨ - also bezwungen - hat :)  Für die kleine Gruppe mit den Besuchern aus Deutschland offenbar keine große Sache - ich aber traue sie mir nicht mehr zu. 





Vor uns vervollständigen die Gipfel der Twelve Bens - dies wunderbare Bild, durch das wir zu laufen scheinen!  Es ist ein Glück, diesen Ort hier gefunden zu haben - und nie werden diese Spaziergänge langweilig.  Das Licht wechselt, die Landschaften verändern sich je nach Jahreszeit. Im Moment dominieren die rosa-pink-Töne der Heide!   Wunderschön!

Punkt 18 Uhr steht Claudia vor der Tür und sie überrascht uns sofort mit ihrem freundlichen, liebenswerten, aufmerksamen Wesen.  Sie geht mit offenen Augen begeistert durch das Haus.
¨It is so beautiful and it inspires me!¨ Sie scheint die Schönheit des Hauses und seine liebevolle Einrichtung und Gestaltung sofort zu erfassen!
Sie hat ¨ uns gesucht¨, stellt sich heraus - und uns über Fechine und das Internet gefunden. Sie hatte gehört, dass das School House jemanden sucht.  Irgendwie scheint uns diese Wendung geradezu schicksalhaft zu sein - wie das gesamte Gespräch mit ihr von einer großen Offenheit und fast Vertrautheit geprägt ist!  Ja, das ist der Mensch, den wir gesucht haben und wir sind das Haus (und hoffentlich die Menschen), die sich Claudia gewünscht hat!  Besser geht es nicht und wir sind uns sofort einig, dass wir uns auf diese Zusammenarbeit freuen.   Claudia hat eigene Ideen, sie würde die Gäste gerne begrüßen nach ihrer Ankunft, eigene Akzente setzen! Wir trauen unseren Ohren nicht und sind einfach voller Freude!
Aber damit noch nicht genug.  Als wir uns verabschieden (wir werden uns im Dezember spätestens noch einmal sehen und ihr dann die Schlüssel geben), kommt sie noch einmal vom Auto zurück:  ¨Do you like lobster?¨ -  Was sollen wir dazu sagen, die wir noch nie Gelegenheit hatten, Lobster zu essen?  Und sie holt einen Eimer aus dem Auto und hat - zufällig?? - einige Lobster bei sich :)  Omg - das können wir uns nicht natürlich nicht entgehen lassen und sie erklärt uns, (wohl um uns Mut zu machen und unsere Unsicherheit zu überwinden),  dass ihr Schwager Fischer sei und es bei ihnen so oft Lobster gäbe,  dass sie sie schon nicht mehr sehen könne :) und so freuen wir uns noch einmal und nehmen erst einmal - obwohl ihr Anblick wirklich etwas furchterregend ist, zwei Exemplare...
Nun heißt es, den Speiseplan für den Abend zu ändern - und uns zu überwinden, diese beiden Gesellen kurz darauf in zwei Kochtöpf mit brodelndem, gesalzenen Wasser ¨plumsen¨ zu lassen!
Sie wechseln ihr Farbe - von dunklem Braun bis fast Schwarz - sehr schnell in dieses leuchtende Orange!


Eine Kräuterbutter ist flugs gemacht und dann werden die Werkzeuge - wie Hammer und Zange - aus dem Shed geholt, die uns helfen sollen, die Scheren zu ¨knacken¨ - was Dank Hammer auch gelingt!  Man ißt- hat Claudia uns noch gesagt - nur den Schwanz und die Scheren / nur die Franzosen, meinte sie, würden alles essen  :)
So also kommen wir nicht nur zu einer Houskeeperin, die uns auf allen Ebenen überzeugt hat und auf die wir uns sehr freuen, sondern auch noch zu unserem ersten Lobster-Essen!
Was für ein wunderbarer Tag!!!!
Die Abende verbringen wir vor dem Torffeuer.  Es wärmt nicht nur, es verbreitet einfach diesen leichten, feinen Geruch, der zu Connemara gehört, unaufdringlich im Haus, stärker draußen, wenn der Wind den Rauch aus dem Kamin zur Erde drückt! Unsere CD-Sammlung ist inzwischen sehr angewachsen und die Bibliothek des Gleichen!  Langeweile kommt nicht auf und wir gehen früh schlafen.  Es ist wundervoll, immer wieder neue irische Sänger (neben Mick Flannery :) zu entdecken - wie The Villagers:

Die Nächte sind schwarz!  Es ist nicht zu fassen, wie dunkel ¨Dunkel¨sein kann. Hier erlebt man es. Man sieht sprichwörtlich die Hand nicht vor den Augen und auch der wunderschöne Sternenhimmel ändert daran nicht viel.  Der Vollmond zu Beginn der Tage hier ist wieder eine Sichel und so warten wir auf sein Rund, das die Nächte wieder erhellen wird.

Der Himmel am Morgen nach dem Aufstehen ist täglich eher ambivalent:  grau mit einigen ¨blue spots¨ und nie weiß man, wohin sich das alles entwickeln wird.... Wir haben Glück und es entwickelte sich auch heute zu einem sonnigen, aber sehr windigen Tag!

Täglich schaue ich nach dem Frühstück in die Nachrichten und meist verdrücke ich dabei einige Tränen.  Deutschland wächst über sich hinaus!  Die Flüchtlinge werden in den meisten Städten herzlich von der Bevölkerung aufgenommen und die Spendenbereitschaft (auf allenen Ebenen) scheint nicht zu versiegen.  Die Bilder sind wunderschön und sehr berührend!  Menschen, die vor kurzem noch ihr Leben riskiert haben, scheinen in Sicherheit zu sein - und man mag sich ihre Träume von der ¨neuen Welt¨ nur vorstellen... Was für mutige Menschen, die alles hinter sich gelassen haben... Wie kann man nicht alles tun, ihnen ein menschenwürdiges gutes Leben in unserem reichen Land möglich zu machen!
Meine lieben Freundinnen in Berlin sind längst Teil der helfenden Hände, sortieren Kleidung, klappern Apotheken nach Medikamentenspenden ab, übernehmen Patenschaften und bald werden auch wir Teil von diesen Helfern sein!
Irland  diskutiert derzeit weiter über die Aufnahme - und noch immer ist nicht entschieden, wie viele Flüchtlinge aufgenommen werden. Einige sind bereits hier - aber die NGOs werfen Irland - zurecht - vor, viel zu verhalten zu sein! Im November soll es nun losgehen!




 Unser Ausflug heute bleibt in der Nähe:  Hinter Clifden führt eine kleine Straße, die dann zu einem Feldweg wird, zum Lough Auna.
Staunend fahren wir auf dieser von dicken, dichten Büschen von Montpretien gesäumten kleinen Straße!  Das haben wir so leuchtend und überwältigend nicht oft gesehen. Über ihnen hängen rot die Büsche der Fuchsien und alles ergibt ein so schönes Bild!  Man muß hier einfach ständig anhalten, stehen bleiben, tief atmen und die Schönheit in sich aufnehmen!

Das Sträßchen führt schließlich entlang des Bogs und tiefer unten  liegt der Lough Auna mit einem Schilfgürtel im pastellfarbenen Blau!  Alles erscheint eher wie ein Aquarell und erneut bleibt - staunend zu stehen und wir beschließen, den Weg, der zu einem Schotterweg wird, zu Fuß weiterzulaufen!
Die Heide blüht hier in der durchfurchten, schwarzen Erde des Moors oft an langen Stielen, oder sie rahmt die stehengebliebenen, quadratischen Erdhaufen rot ein.  Man kann sich nicht satt sehen an den Farben und den Formen! 
Über allem ein strahlend blauer Himmel mit wenigen ¨Wattebäuschen¨ an Wolken!

Oh Irleland you are so beautiful!

In Clifden belohnen wir uns im ¨Steam Café¨, das sich mit dem ¨upstairs - downstairs¨ in unserer Gunst abwechselt, mit einem ¨rubarb crumble¨, der einfach leckerer nicht sein kann!
Wir checken unsere Nachrichten, freuen uns über eine Buchung für Zypern (schon die zweite, seit wir hier sind) und schreiben den Lieben  zu Hause kleine Nachrichten.  

 Ich sitze im ¨Sunroom¨ - der Wind fegt ums Haus und zerreisst die Wolken am Himmel in Fetzen! Hans-Jürgen ist im Garten. Er ist unermüdlich und das der Garten so schön ist, wie wir ihn jetzt haben, ist sein Verdienst!  Man spürt seine Begeisterung und seine Freude am Gärtnern aber so deutlich, dass er mit der Arbeitsteilung, ich schreibe, er gärtnert, durchaus einverstanden ist.
Abends lese ich ihm dann am Kamin vor, was ich geschrieben habe :)

Ich schlage gerade O'Donohue auf - und finde folgende Stelle:

Jede Seele ist anders gestalttet. Jedem Menschen ist ein geheimes Schicksal vorbestimmt.
Wenn wir versuchen, das nachzumachen, was andere getan haben, oder uns in eine vorgefertigte Form zwingen, dann verraten wir unsere Individualität. Wir müssen zu  unserer Einsamkeit zurückkehren. Wir müssen den Traum wiederfinden, der am Herdfeuer unserer Seele liegt. Wir müssen diesen Traum mit der Verwunderung eines Kindes fühlen, das sich der Schwelle seiner Entdeckung nähert. Sobald wir unsere  kindliche Natur wiederentdecken betreten wir eine Welt voll freundlicher Möglichkeiten. Wir werden uns dann weißt häufiger als zuvor an diesem Platz finden - an diesem Ort der Ruhe, der Freude und der Feier. Die falschen Bürden fallen von uns ab. Wir finden unseren eigentlichen Rhythmus wieder. Unsere Erd-Gestalt lernt allmählich, in Schönheit auf dieser herrlichen Erde zu wandeln.....¨

Aus: Landschaft der Seele

Dem kann ich nichts hinzufügen!  



Villagers - "Courage"

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