Sonntag, 5. Oktober 2014

Zurück im Reich der Melancholie - Teil 7



15.9.2014
Die letzte Woche ist angebrochen und noch immer sind wir im Sommer. Kein Tropfen Regen seit 3 Wochen.. Und nicht nur wir können es kaum glauben. Gerade schreibt Bridgit, die wir noch nicht gesehen haben: ¨...¨Thanks for bringing this beautiful weather. I don't remember having a September his nice before.... But please don't take it with you on Saturday¨.... Ja, wenn wir es wirklich (!) in der Hand hätten..gerne würden wir es dabei bełassen, wobei ein kräftiger Regen der Natur nicht schaden würde :)
Wir haben Freitag auch einen Termin mit dem Steuerberater in Clifden, denn alles muß ja ¨ seine Ordnung¨ haben - und auch die Steuer bezahlt werden :)
Ich schaue zurück auf harmonische, schöne Tage mit Astrid und möchte auch sie hier festhalten. 

12.9. Wir gehen die neu entdeckte Bogroad, an der wir einen großen Haufen trockene Weide, die jemand dort entsorgt hat, fanden um uns mit kleinem Anfeuerholz zu versorgen. Leider liegt an diesem wirklich pitoresken Pfad auch ein gigantischer Müllberg, der uns entsetzt und wütend weitergehen läßt.. Warum? Wie kann man denn nur?  Und gerade in dieser stillen Landschaft.. Es ist ein Eingriff in diese Schönheit, mehr als nur ein Schönheitsfleck, der richtig schmerzt.. Und er wird wachsen... Denn wo einmal eine Müllhalde entstanden ... Je weiter wir den Weg gehen, desto stiller wird es, nur der leise Wind die Schafe, die, wie auf Pumps, diesen Weg ¨beschreiten¨.. Herrliche Tiere. Sie sehen uns neugierig entgegen, machen uns aber dann Platz und scheuen jede Nähe. 
In der Ferne sehen wir unser Haus! Wir hatten es gehofft, waren uns aber nicht sicher, dass der Weg so verlaufen wird.. Wäre Astrid schon angekommen, hätten wir sie im Garten sitzen sehen.. Wir schauen über den Maumeen Lake und auf das Meer!  Ein erhebend schöner Blick! 

Praktisch zur gleichen Zeit sind wir zurück und freuen uns wirklich, Astrid HIER wiederzusehen. Es ist so anders mit ihr hier als in Berlin. Wir können uns auf das HIER konzentrieren.. Und sie ist so begeistert von diesem Flecken Erde! Gemeinsam inspizieren wir das Haus, sie ist begeistert von den neuen Fenstern, über die wir wirkich sehr glücklich sind. Das Badezimmer ist zum ersten mal warm und die Wärme hält auch noch in der Nacht wenn die Heizung aus ist.. 


 (Martin beim Ausbau der Badezimmerfenster :)

Das Schlafzimmer hat nun ein ¨richtiges¨ Fenster, das allerdings nach außen öffnet.. Daran muß man sich gewöhnen! Es ist eigentlich in Irland hauptsächlich ein Sicherheitsfenster, denn große Fenster sind tatsächlich nicht nötig. In den anderen Räumen behalten wir die alten Fenster. Sie geben dem Haus einfach mehr Charakter. Nach und nach werden wir auch dort Doppelverglasung einfügen.... Step by step!

Natürlich zieht es Astrid als begeisterte Schwimmerin ans Meer und so fahren wir - auf dem Weg nach Roundstone - an den Strand von Dogs Bay, der jetzt in der Nachmittagssonne liegt.. Wir hatten schon im Garten auf Decken in der Sonne gelegen und uns ein wenig ausgeruht... Soviel Sonne - und das in Irland!

 
Mit Astrid zusammen geht nun auch Hans-Jürgen ins kalte Nass....omg - ich würde es niemals schaffen. Das Wasser hat - trotz des guten Wetters - nicht mehr als 16°!
Hier geht jeder dem nach, wonach ihm ist... Und Astrid finden wir im Kies - Unkraut zupfend. Die Liebe!

Ich habe damit begonnen, aber weit bin ich nicht gekommen.. Sie ist doppelt so schnell und als sie abfährt nach 2 Tagen ist der große schöne Kiesplatz mit den ¨Standing Stones¨ sauber und sieht doppelt gut aus.
Hans-Jürgen und ich schleppen die Gieskannen und wässern die Pflanzen.. Wir wissen gar nicht, was sie ohne uns gemacht hätten... Sicherlich ums Überleben gekämpft, denn man kann z.B.den Rosen richtig ansehen, wie sie aus ihrer Starre kommen und neu austreiben.. Auch alle andern Neuanpflanzungen brauchen - natürlich -Wasser. 

Wir kochen zusammen, wir haben viel zu erzählen und sitzen den restlichen Abend gemütlich am Fireplace. Die Sonnenuntergänge sind längst legendär!!!

13.9.  Breakfast in the Sunroom... Wo sonst und nach dem Frühstück machen wir uns auf, um den Rundweg auf Inisnee mit Astrid zu laufen. Wir werden wirklich nicht enttäuscht, sondern - wieder einmal- angenehm überrascht: ein lohnender, schöner Weg, hoch über einer Bucht, die am kleinen Pier endet. Ruinen, in denen - wie in einem zu großen Blumentopf - Fuchsien leuchten.


Ein sehr alter Friedhof, mit zahllosen niedrigen Feldsteinen, die Grabsteine mit Inschrift ersetzen mußten. Dafür war wohl in dieser Zeit kein Geld. Der Friedhof ist gemäht, das ist selten. Die Ruinen einer Kapelle geben dem Ort etwas Würdevolles.
An einem Pier machen wir Pause und schauen auf Roundstone, das von dieser Seite besonders hübsch aussieht, mit seinen bunten Häusern, wie an einer Kette aufgereiht.
Roundstone soll einer der hübschesten Küstenorte sein. Wieder sind wir im Garten und Astrid zieht es mit ihrem Bruder noch einmal hier an unseren Strand zu einem vorabendlichen Swim! 
Matt hat die Auffahrt mit Unkraufvernichter besprüht, da wir Dienstag noch einem eine Ladung Kies bekommen...(Irgendwie bekommt man hier zu solchen martialischen Dingen eine andere Beziehung :)
Der Abend klingt wieder am Kamin aus... Ein guter Tag!

14.9.    
Ausflug nach Bunowen und Abzweig nach Dunloughan


Hier zeigen wir Astrid das ¨Blackbird Cottage¨ in dem wir 2012 gewohnt haben. Es sieht unverändert aus. Wir wissen, dass es zum Verkauf steht. Auf immer schmaler werdender Straße (zwei Autos kommen hier nicht mehr an einaner vorbei) und die Straßenränder sind von Steinmauern begrenzt, über die wir - als Kunstwerke - immer wieder stauenen. Die Felder sind mit diesen Mauern durchzogen... Astrid erklärt uns, dass es Kurse gibt, in denen man das Errichten dieser Mauern erlernen kann. Wir nehmen den Abzweig Keerhaun
 Vor einem Cottage endet die schmale Straße. Hier macht man sich gerade auf, zur Ponyshop nach Roundstone zu fahren. Wir kommen kurz ins Gespräch: ¨Where are you from¨ - ¨Berlin¨ - ¨ Oh, we were in Berlin in February for the Filmfestival.¨... Eine Regisseurin, deren Film (¨47 angels¨) in diesen Tagen bei ARTE oder im ZDF läuft.. Verrückt, wie klein die Welt dann doch wieder ist! 
 




Der Fußweg führt uns Richtung Küste, vorbei an kleine mit Stroh gedeckten, aufgegebene Cottages, Kuhweiden und immer wieder diesen mit Hunderten von Mäuerchen durchzogenen Feldern!  Die Montbretien sind verblüht, aber die Fuchsien haben ihre Hochzeit. Gräser, Farne und leuchtender Ginster!

In der Bucht sehen wir zum ersten Mal Camper.  Von Neopren geschützt tollen Kinder im Wasser. Natürlich schwimmt Astrid - und natürlich ohne Neopren! Der Strand ist sauber, kein Seegras und somit können sich die Farben des Wassers im weissen Sand erst richtig entfalten: Alle Blautöne bis türkis.. Astrid schwelgt und schwärmt und ist jetzt schon traurig, am nächstenTag fahren zu müssen.

Wir genießen ihren Besuch. Sie lebt hier - es ist schön, über all unsere Erfahrungen und Entdeckungen mit ihr sprechen zu können. Sie kennt ¨die Iren¨ natürlich sehr viel länger, kennt ihre Eigenarten und ihr Wesen, wenn dies überhaupt möglich ist :)  Wir haben einige Lehren erteilt bekommen - und wir sind und bleiben lernfähig. 

(Aus den Nachlass von Susan)

Gestern beispielsweise stand unsere Nacharin, als wir von einem Ausflug zurück kamen am Tor und lud uns ein, ihr Haus anzusehen. Wir hatten ja vermutet, es sei verkauft, aber es stellte sich heraus, dass sie die ¨ alte¨ Eigentümerin ist. Wir hatten uns gerade einen Capucchino gemacht und ich meinte, sie könne doch zuerst unser Haus ansehen, einen Capucchino mit uns trinken und dann kämen wir mit zu ihr.. Irgendwie ging es so herum aber nicht und so zogen wir mit Tablett und 3 Tassen Kaffee zu ihr nebenan, um das Cottage, das wir doch durch die Scheiben längst angeschaut hatten und das uns so überaupt nicht gefällt, noch einmal vorgeführt zu bekommen. Sie hat sich - das muß man zugeben, eine unglaubliche Mühe gemacht, es (nach ihrem Geschmack) herzurichten, aber es ist und bleibt eng und viel zu überladen.. Dennoch bestätigten wir ihr, wie hübsch alles sei, tranken in der Küche unseren Kaffee (obwohl wir viel lieber im Garten gesessen hätten) und konnten sie allerdings ein wenig über unsere Vorgänger hier befragen. Susan und Dennis. So langsam wird das Puzzle dichter und es entsteht ein Bild: Susan war Amerikanerin. Dennis war vor ihr mit einer Frau liiert, der das Haus hier gehörte. Als sie sich trennten, überlies sie ihm das Haus, ohne dass sie es ihm überschrieb. Erben würde ihre Kinder sein, an die wir auch bezahlten. Dennis und Susan heirateten und Marianne meinte, Susan sei - so wunderbar sie menschlich war, auch ein wenig ¨weird ,  ¨seltsam¨ gewesen. Sie war ¨counceler¨ (in welche Richtung genau, wissen wir nicht, ausser, dass sie mit Menschen in Trauer gearbeitet hat). Sie hat offenbar aber auch so was wie ¨rituelle Tänze¨ im Garten veranstaltet, was die Gestaltung des Gartens mit den ¨Circles und Standing Stones¨ und vor allem ¨Florians Platz¨ erklärt.... Ich denke, dass es - wie versponnen auch immer - etwas war, das einen spirituellen Hintergrund hatte. Susan erkrankte und starb an Krebs, zwei oder drei Jahre vor Dennis. Die Erben, die mit beiden nichts zu tun hatten, holten sich alles Brauchbare und verkauften alles, das noch einen Wert hatte.. Den ¨Restmüll¨ haben wir übernommen - und in ihm (für uns) Wertvolles auf das Leben der beiden Menschen gefunden.




Jedenfalls war Marianne natürlich neugierig auf das Haus, das sie im Zustand ziemlicher Verwahrlosung zuletzt sah... Und ihr Erstaunen war ihr anzumerken! Sie verstummte förmlich und konnte sich - leider - aber auch nicht dazu hinreissen lassen, ihre Freude über den jetzigen Zustand auszudrücken.¨ It was a cold house¨ meinte sie, als sie es betrat - und davon kann wirklich keine Rede mehr sein. Es ist ein durch und durch wärmender Ort - in seinen Farben und seiner Ausstattung.


"You made it a beautiful place" - sagte eine der älteren Besuchererinnen bewundert und offenbar erleichtert..... 
 

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