Mittwoch, 30. September 2015

"Herztage" 9/2015 I



 

To see a world in a grain of sand
And a heaven in a wild flower,
Hold infinity in the palm of your hand
and eternity in an hour.

William Blake



Eine Welt zu sehn in dem Körnchen Sand,
einen Himmel in wilder Blume:
Halt' Unendlichkeit in der off'nen Hand
und die Ewigkeit einer Stunde.

Übersetzung: Walter A. Aue


Ireland Diary,  September 2015

Ich nehme es einmal als gutes Zeichen, dass ich nicht weiß, wie lange ich nun schon in Connemara bin :)  Vielleicht liegt es am Besuch, der kurz nach unserer eigenen Ankunft kam und natürlich die Tage ein wenig ¨ auf den Kopf stellt¨.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich mit dem Herzen immer wieder in Berlin bin:  Wir haben Berlin in Tagen verlassen, die (denke ich das nur) von historischem Ausmaß sind:  Eine nicht endende Flut von Flüchtlingen ergießt sich über Deutschland - und vor allem auch über die Stadt, von der man sich die besten Bedingungen erhofft und erwartet...  Über facebook hatte ich bereits großen Anteil vor der Abreise genommen, ohne mich in die Welle der Hilfsbereitschaft eingliedern zu können. Es ist schwer, zuzusehen, leere Hände zu haben und höchstens über Geldspenden ¨zu helfen¨, zu lindern.  Es ist - bei der riesigen Not - weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein!!!
So werden diese Wochen immer auch ein Blick zurück sein - den ich sonst zu zu vermeiden versuche.
Irland selbst ist über Deutschland begeistert und ruft auch die anderen europäischen Länder auf, ebenfalls Flüchtlinge aufzunehmen. Ich hoffe, den Worten folgen auch Taten!

Aber zurück zu unserer Ankunft und den ersten Eindrücken!
Entgegen den Erwartungen (wir hatten ja die Wetterkarte den Sommer über studiert und es war unschwer zu sehen, dass die ¨Hochs¨ über Irland eher selten waren!) empfing uns milde Luft und ¨some sunny spots¨ am wolkenverhangenen Himmel!  Aus der großen Hitze kommend, empfanden wir die kühlen Temperaturen eher als angenehm.
Es ist leichter, hier in Shannon anzkommen, als in Dublin! Hier hat Florian nicht gelebt, hier hätte er uns nicht abgeholt - hier tut es nicht so weh!
Die Strecke bis Galway überbrücken wir erstaunlich schnell und dann emfpängt uns Connemara - wie immer mit seinen Überraschungen. 


Jetzt sind es die Montpretien, die leuchtend die schmale Straße säumen und fast ist einem, als könnten sie mit ihrem Licht leuchten, als es langsam dunkel wird. 
Der Einkauf in Galway hat unsere geplante Ankunft noch bei Tageslicht zunichte gemacht, dafür haben wir unser Abendessen und das Frühstück - und Blumen für meinen Geburtstag :)  Ich sehe diesem Tag relativ gelassen entgegen - Vorfreude gibt es nicht mehr.. 
Wieder empfängt uns ein kaltes Haus und ein enttäuschender Zustand der Zimmer - aber wir lassen uns weniger davon beeindrucken und nehmen es gelassener. Immerhin gibt es gegen Mitternacht einen Lachs-Imbiss und wir liegen bald erschöpft und glücklich, endlich ¨zu Hause¨ zu sein, in unserem vorgeheizten Betten.... 

¨Happy Birthday, love¨ höre ich aus dem Kissen neben mir und verschlafen nehme ich die erste Gratulation in Empfang. Ich ziehe neugierig die Vorhänge beiseite - und es scheint sich ein schöner Tag anzukündigen - ein schönes Geschenk, denn wir haben ja den Ausflug nach Westport geplant, um dort mein Geschenk (ein kleines antikes Pferd auf Rollen :)  abzuholen. 


 Des weiteren wollen wir die Galerie eines irischen Künstlers Jimmy  Lawlor (der die Plakate für die ¨Clifden Arts Week¨ seit einigen Jahren gestaltet besuchen.  Ich habe ein Bild (einen Druck) von ihm im Auge, der eine besondere Bedeutung für mich bekommen hat.
Das Bild heißt: ¨I can only emagine¨ - und es zeigt einen kleinen, vielleicht 5-6 jährigen Jungen, der vor einem aufgewühlten Meer über dem Möwen kreisen, selbstvergessen am Strand spielt.
Als ich das BIld - mit diesem Titel! - zum ersten Mal sah, war mein Gedanke: ¨Das ist mein irisches Enkelkind, das es nicht gibt und nicht geben wird!¨  Die Körperhaltung des Kinddes, dieses Sich-verlieren-im-Spiel - das ist Florian. Die roten langen Locken, sie wären das irische Erbe von Eimears Familie!  Und über allem steht eine riesige goldene Mondsichel...  Ein ganz wundervolles Bild!
Natürlich stehen wir beide, noch in den Nacht¨gewändern¨ erst einmal im Garten und wir sind nicht enttäuscht! Zwar blühen die vielen gepflanzten Montpretien an der Mauer nicht, aber unser kleiner Küchengarten sieht ganz gut aus - und wenn man sich die Winden, die alles ein wenig eingpackt haben, wegdenkt, dann wird er uns in einigen Tagen schon Freude bereiten. Die Anemonen blühen in einem tiefen Rosa und  den Rand des Beetes säumen die handtellergroßen Margaritenblüten.  Endlich bekommen wir diese Blüte - überall im Garten - einmal mit!  Meist waren die Sommer zu warm und alles bereits verblüht. 
Der Jelängerjelieber am ¨shed¨ blüht und duftet wunderschön und teilt sich diese geschützte Ecke mit der Hortensie, die wir zum Leben wiedererweckt haben!  Der Salbei ist groß geworden -  die Rose  dagegen hat sich nicht sehr viel weiter bewegt! Rosen scheinen sich hier nicht wohl zu fühlen. Die Palmen sind gewachsen und die Hecke vor dem Tank verdeckt ihn schon beinahe!

Ein bißchen fröstelnd gehen wir ums Haus, freuen uns an der üppig blühenden Hortensie im Vorgarten und den Heckenrosen, die sich allerdings hart gegen das wuchernde Unkraut verteidigen müssen.  Florians Platz im Garten sieht hübsch aus.  Die Lavendel blühen und leider hat Mat bei Mähen die irische Heide ¨ gekürzt¨...  aber sie wird zurückkommen.

Den Geburtstagstisch möchte ich erst nach dem Frühstück im Detail ansehen, aber ich bin berührt von den kleinen Geschenken, die dort  auf mich warten.. Was könnte dies für ein wunderschöner Tag werden und mit einem Mal bekomme ich keine Luft mehr.. Es schnürt mir das Herz zu und ich renne - mit den aufkommenden Tränen kämpfend - zurück in den Garten..
Der Blick auf die Küste, die so friedvoll in ihren Pastellfarben vor uns liegt, der Himmel mit seinen dramatischen Wolkenformationen - der Wind, der an meinem Nachthemd zerrt - das Wissen, dass ich diesen Anblick, der so tröstlich ist in diesem Moment, weiterhin betrachten kann und darf und das Manches bleibt, wenn Anderes auch so vergänglich ist -  das half mir, mich dem Tag zu öffnen..
Wunderschöne Bilder, die Lion und Malia für mich gemalt haben machten mir besonders viel Freude und die kleinen Geschenke von Hans-Jürgen, liebevoll ausgesucht, Karten der Freunde und Vorfreude auf unseren Ausflug. Ganz leicht ist dann doch nicht, das soeben erst bezogene Haus wieder zu verlassen .)  aber sobald die Küste links von uns auftaucht, die Wiesen in Lila und Orange leuchten und die Fuchsien die Straßen säumen, kommen die tiefe Begeisterung für diese Landschaft und die Dankbarkeit, sie so ausgiebig genießen zu dürfen, zurück! 

Je weiter wir in die Boglandschaft von Connemara vordringen, wechseln die üppige Farben in tiefe braun-ocker-Töne und die blühende Heide gibt der Landschaft ihren Zauber. Gestochener Torf liegt zum Trocknen auf Paletten und immer wieder grasen Schafe am Rand der Straße. Sie scheinen völlig immun gegen den Autoverkehr, der hier aber auch sehr gemäßigt ist.

Westport begrüßt uns bunt und lebendig und den Café trinken wir auf der Straße, die Menschen betrachtend, die hin- und herhuschen.  Meist sind die Gesichter eher ¨nach außen gewandt¨, freundlich schon der Blick neugierig. Man grüßt sich, man kennt sich.. Und auch ein in zweiter Spur - vor einer leeren Parkbucht - parkender SUV bringt niemanden aus der Fassung! Man wartet, man hupt nicht, denn Hupen geht gar nicht!  Wir staunen über die Ruhe und die Gelassenheit, aber sie hat ja - hoffentlich - auch etwas Ansteckendes und unsere innere Hektik wird sicherlich auch bald schwinden!
Die Galerie finden wir nach einigen kleinen Nachfragen / die uns allerdings in die Irre geschickt hätten / selbst in einer Seitenstraße.  Leider ist ¨mein Bild¨ nicht da und muß - obwohl ich mich mit Jimmy verabredet hatte für diesen Tag - von ihm nun erst ¨gedruckt¨ werden...

 Macht nichts, dann eben erst das Pferd und kurz darauf trage ich mein kleines Holzpferd über



die Schwelle von ¨The Gaiety¨ und freue mich wirklich wie ein Kind über dieses Geschenk. Nein, ich habe keine Affinitäten zu Pferden bisher gehabt und auch als Kind hatte ich keinerlei Wunsch, das Reiten zu lernen, zumal es im Schwarzwald keine Pferde gab.
Dann ist auch der Druck fertig - und als das Bild vor mir liegt, rührt es mich noch einmal sehr an.
Auch Hans-Jürgen  mag es sehr und ist mit dem Kauf sofort einverstanden..
So machen wir uns - mit diesen beiden - sehr individuellen und schönen Geschenken auf unseren Heimweg, nicht, ohne am Straßenrand noch einen großen Strauß trockener Heide zu pflücken!!!!

 
I can only emagine......

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