Samstag, 7. Juli 2018

Summer Days - June 2018 / I


"The world is full of magic things, patiently waiting for our senses to grow sharper." –

 W.B. Yeats




4.6.2018

Endlich ist einmal ¨Schreibwetter¨ ! Die Sonne hat uns bisher aus dem Haus gezogen und wir erinnern uns nicht, eine solch stabile Wetterphase bisher jemals erlebt zu haben.Wird es der "Jahrhundert-Sommer", von dem die Insel träumt?  Wir sind gespannt... 
Es ist Ebbe und das Wasser in der Bucht liegt seidig glatt und grau, wie der Himmel. Die Felsen bilden braun-grüne Inseln und es ist sehr still.  Ab und an fährt ein Auto vorbei - es ist ¨Bank Holiday¨ und Clifden wird sich füllen!

Es ist nicht leicht, die Dinge abzuschlütteln, die wir aus Berlin mitbringen.. Es wird auf eine Art immer schwerer. Ich weiß nicht, ob es das Alter ist:  Das Ablösen und das Ankommen - beides Prozesse, die nicht mehr automatisch zu geschehen scheinen.Aber einmal angekommen, umfängt mich dieses tiefe, große Glück, an diesem Ort sein zu dürfen und von ihm umfangen zu sein.Meine Gedanken sind zur Ruhe gekommen, mein Kopf ist leichter und ich bin im Hier und Jetzt und spüre in diesem zeitlosen Panorama die Unendlichkeit.

Sommer in Irland - wir haben ihn wieder erlebt mit seiner ganzen Pracht, seinen Farben, seinen Gerüchen, seinem Grün und seinem Blühen! Tage ohne Wolken - wir haben sie herbeigesehnt, wenn die blendende Helligkeit des Lichts und das Brennen der Sonnenstrahlen auf der Haut beinahe schmerzten.
Das Wasser von azur bis türkis - und doch für uns zu kalt für ein Bad - jedenfalls zunächst.



Eine sanfte Ankunft dieses Mal und erneut bedauern wir den doch recht langen Weg von Dublin. Dublin bleibt schwierig für mich.  Jahrelang brach ich alleine beim Nennen dieses Namens DUBLIN in Tränen aus..  Die Stadt bleibt der Ort des Todes von Florian - verewigt auf seinem Grabmal zu Hause.
Seit wir unsicher sind, ob Kevin noch im Haus Grosvenor Square 40 lebt, finde ich es schwierig, dorthin zu gehen - und wahrscheinlich enttäuscht zu werden.  Er hat sich einfach nicht mehr gemeldet - das bedauere ich sehr.
Es ist immer wieder Thema bei uns:  Weshalb verschwinden Menschen hier einfach wortlos aus unserem Leben.  Wir haben es so häufiger erlebt in den Jahren und sehen zwischen den Erlebnissen einen Zusammenhang - nämlich unsere völlig andere Vorstellung von ¨Verbindlichkeit¨ und ¨Freundschaft¨.  Zum Glück haben wir Menschen, wie Iris, die uns das zu erklären versuchen.
Diese Woche arrangierte sie ein ganz besonderes Treffen mit Mitgliedern des ¨Clifden Writers Clubs¨, dem Susan + Denis angehörten. Iris  hatte uns das versprochen, um unserem Wunsch, mehr noch über die beiden, die diesem Haus ihren Atem eingeflöst haben, den wir noch immer spüren, kennenzulernen, nachzukommen.

Das Treffen fand in ¨Gleann Aoibheann¨, einem 1820 erbauten Manor (Herrenhaus) an der Clifden Bay und  inmitten eines 2 ha großen Landschaftsgarten gelegen,  bei Brendan, einem der Gründer des Writers Clubs statt. Allein die lange, von riesigen alten Bäumen eingefaßte Einfahrt auf das Grundstück lies uns staunen und ahnen, was der angrenzende Park an Schönheit aufweist. Er gehört zu den  ¨Gardens of Ireland, die man besichtigen kann und Brendan vermietet einige Zimmer in seinem wunderschönen Haus als ¨B+B¨.


Hier verbindet sich alles:  Geschichte, Natur und Kunst!  Brendan lebt dies auch aus vollem Herzen und ist eine wirklich ganz außergewöhnliche Erscheinung.  Er begrüßt uns herzlich (wir komen mit Iris und Michael) und führt uns zunächst durch dieses riesige Aboretum - immer unterbrochen durch blühende Wiesen, seltene Pflanzen aus aller Welt, die sich hier wohlzufühlen scheinen.  Eine wahrhaft grüne Hand und er macht all dies alleine!  Daneben produziert er Radiosendungen, schreibt Bücher über die Geschichte der Gegend und auch seines Hauses, in dem er großgeworden ist. Er ist überall in der Welt unterwegs und ist auch im ¨Clifen Arts Festival¨ engagiert.. Ein Mensch, der offenbar mehrere Leben in einem lebt!  Er hat uns seinen einzig freien Nachmittag geschenkt - und wir wissen es wirkich zu schätzen!


Wenn wir bereits vom Garten entzückt waren, so wich dies der Verzückung beim Eintritt in dieses Herrenhaus:  es entführt uns augenblicklich in eine weit zurückliegende Zeit - liebevoll erhalten.

Kräftige Wandfarben,  stilvolles Mobiliar, große Kamine in allen Räumen, Blumen und Kunst an allen Wänden!  Einfach Wundervoll.  Wir sind sehr beeindruckt und nehmen an einem riesigen Tisch in einem der zahlreichen ¨Salons¨ Platz und trinken den Tee aus zauberhaften ¨Sammeltassen¨ und der von Iris mitgebrachte Kuchen schmeckt vorzüglich!

Es dauert ein wenig, bis wir bei Susan + Dennis angelangt sind, aber es ist einfach schön, in solch eine Gesellschaft zu weilen, zuzuhören.  Schon im Garten wurde uns bewußt, dass Susan hier an diesem Ort, in diesem Haus einen festen Platz hatte:  Brendan scheint sie sehr geschätzt zu haben und hat,  da sie und Dennis sich hier kennengelernt hatten, später ihre Hochzeitsparty am gleichen Ort ausgerichtet!  


Zwei Bäume, die ihnen zum Geschenk gemacht worden waren und hier im Garten in Calla von einem Sturm aus der Erde gerissen wurden,  stehen heute bei Brendan als riesige Bäume - sehr unterschiedlich, wie er schmunzelnd bemerkte.
Nun, im Gespräch wird die Bedeutung, die diese sehr ungewöhnliche Frau für all die Menschen um sie herum hatte, noch einmal deutlich.  Vielleicht war es ihre unkonventionelle Art, ihre große Kreativität und Leidenschaft für die Kunst, die die Menschen um sie herum so einnahm




Jeder hatte eine kleine - meist lustige - Geschichte zu erzählen und  wir sonnten uns ein wenig in Susans Glanz, haben wir doch die Ehre, hier an diesem Ort nun immer wieder zu weilen.
Wir werden nicht eintauchen in diese Gesellschaft, aber wir haben das große Privileg, immer wieder ein wenig an ihr teilnehmen zu können.  Das alleine ist sehr bewegend und macht uns sehr dankbar!
Als es klingelt und wir alle versichern, dass es unsere Handies nicht sind - aber keiner vor der Tür steht, geht ein Lächeln über Brendans Gesicht: ¨Perhaps it was Susan¨ ...


Natürlich laden wir uns alle beim Abschied gegenseitig ein - wir nach Calla, andere uns nach Errislannan  und im Auto befragen wir Iris zu diesem Einladungen. Sie lacht herzlich und erklärt uns, dass eine solche Einladung eigentlich gar nichts bedeutet - sie ist eine freundliche Geste.
Erst wenn man mehrfach eingeladen wird, kann es ernster gemeint sein - für Iren, nich für uns Deutsche natürlich.
Irlen lieben es, spontan zu sein.  Eine ¨Einladung in unserem Sinn¨ würde Arbeit bedeuten. Man würde aufräumen,  sauber machen und etwas anzubieten.  Das macht man als Ire nicht so gerne, meint schmunzelnd  auch Michael, der Ire ist.  Die besten Treffen, die, die man dem Zufall überlässt, schließen wir daraus...


Wieder wird uns  bewußt, wieviel wir noch zu lernen haben und wie schwer Irland zu verstehen ist. An der Oberfläche ist eine große Herzlichkeit und Freundlichkeit, aber eben nur an der Oberfläche.. Wir nehmen diese Gesten zu ¨ernst¨, meinen, neue Freunde  zu haben - aber so ist es nicht - und das spüren wir eben dann oft erst einige Zeit später.
Viel Enttäuschung hätten wir uns erspart in den ersten Monaten, wenn wir dieses Wissen gehabt hätten.  Wir bezogen alles auf uns und waren oft sehr verunsichert.  So langsam, nach 5 Jahren und recht vielen Begegnungen, lernen wir, die Dinge besser einzuordnen und sind weitaus vorsichtiger und auch umsichtiger im Umgang mit Menschen geworden!

Aus Susans workshops ... 

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