Montag, 30. September 2019

Calla Days September 2019 IV



"Man sollte besser nicht mit bestimmten Ansichten, Kriterin, Erwartungen nach Irland reisen, denn hier ist alles anders.  Das Wetter ist nicht schlechter oder kälter als in der Bretagne oder in Englend: Es steht für sich. Was sich am Himmel abspielt, hat mit dem Wetter nichts zu tun, "das" Wetter gibt es ohnehin nicht, sondern "die" Wetter. Wolken sind gewalting, eine Ballung von Nebel, Regen in der Schwebe, aber niemanls der brave, sauber konturierte Kumulus, den man sonst in Europa sieht"....
Benoite Grout


24.09.2019

Ich lese das Irische Tagebuch von Benoite Groult (1977 - 2003) mit großem Interesse.  "Vom Fischen und von der Liebe" und dieser Titel ist Programm:   es wird ein bisschen viel gefischt und viel gegessenund ihre beiden Männer nehmen einen großen Raum ein!  Aber es gibt ausgesprochen amüsante und lyrische Beschreibungen der Insel und es ist interessant, über die doch gravierenden Veränderungen seit seit 1977 zu lesen! 


"...Wie ich dieses Land liebe!  .. Wenn ich nach Irland reise, begebe ichich mich nicht nur an den äußersten Westen unserers Kontinents, sondern auch tief in die Vergangenheit, entdeck dort eine andere Art menschlichen Zusammenlebens, eine andere Form von Naturverbundenheit, einen anderen Lebensrhythmus, die alle in einem uralten Gedächtnis verankert sind."....





Natürlich hatten die Tage hier nicht nur ¨ Aufgaben¨ für uns, sondern wir konnten uns bei recht gemischtem, aber nicht aussichtslosem Wetter gut erholen,  die nähere Umgebung aufsuchen, die vielen Strände, die noch leerer waren als sie es ohnehin sind.. Allein der Surferstand auf Dunloghan war sehr besucht, denn es herrschte einige Tage ein heftiger Wind und die Bedingungen für die Surfer waren ideal.
Wir hatten Besuch von unserer Freundin Claudine, der wir ¨ unser Connemara¨ zeigen und gemütliche Abende am Torffeuer in großer Vertrautheit geniessen konnten.








Gegen Ende zeigte sich das Wetter endlich noch einmal von seiner besten Seite, lies die Farben geradezu aufblühen: Heide, Stechginster, selbst der Erisbeg schimmerte lila und dazwischen giftig grüne Grasfleckenf auf denen Schafe und Kühe weiden.  Im Garten blühten die Rosen auf und selbst der Honeysuckle bekam noch einige Blüten.. Als habe alles auf die Sonne gewartet!  Die Kühe, die sich mit ihren Kälbern gegenüber an die Felsen gesschmiegt hatten, um dem Wind zu entkommen, staksten mit schwarzen Beinen durch den Bog, legten sich auf die Wiesen in die Sonne und die Kälber sprangen um sie herum.  Ein so herrliches Schauspiel direkt vor unserer Tür.  Dahinter das unvergleichliche Blau der Küste bei Flut oder die Erdfarben bei Ebbe... Wir können uns nicht und niemals satt sehen an diesen Blicken.

¨..Irland ist ein Seelenzustand, eine Lebensweise. Und mir gefällt diese Lebensweise.
Ich atme die Luft ein, wie man quellreines Wasser trinkt.  Sie hat viertausend Kilometer Atlantik hinter sich und so schmeckt sie auch. Ich finde das wieder, was meine Kindheit in Concarneau geprägt hat:  unberührtes Meer, ursprüngliche Stände. Und Hohlwegevoller  seltener Blumen, wie es sie bei uns gab, bevor die Touristen sie zerstörten und schließlich ausrotteten....¨
(Benote Groult ¨Vom Fischen und von der Liebe¨)

Ich kann nur hoffen und dafür besteht auch nun noch mehr Grund, dass diese einzigartigen Landschaften in Irland noch mehr Aufmerksamkeit und Schutz erfahren mögen und sich ein Bewußtsein darüber entwickelt, auf was für einem gesegneten Flecken man hier lebt..
Es sieht so aus, als würde dieses Bewußtsein - sehr langsam - in den Menschen wachsen.

Connemara Landscape
 
Der alte Ballyconneely Friedhof

Ballynahinch Land:  hier der Owenmore River  und im Hintergrund ein Teil der "Twelve Bens"

 Roundstone



Calla Days September 2019 III



Und noch eine Provinzposse aus der ¨Kulturhauptstadt 2020 GALWAY¨

¨...THE DAY THE MUSIC DIES¨...

Die beliebteste und bekannteste Stadt Irlands für Straßenmusik und Straßenperformance - neben Dublin - ist die Provinzhauptstadt Galway an der Westküste Irlands.

Viele mittlerweile bekannte Musiker (wie z.B. Ed Sheeran) haben sich ihre ersten Erfolge auf den Straßen Galways ersungen und ertanzt.  Viele Touristen kommen genau wegen dieser ¨wilden Kulturszene¨ nach Galway.
Dies scheint den städtischen Gemeinderatsmitgliedern nun offenbar mit ihren Plänen für die Gestaltung Galways als ¨Kulturhauptstadt Europas¨ ein Dorn im Auge zu sein.
Ab 1. Januar 2020 soll offenbar nur noch offizielle (staatlich genehme) Kultur die Besucherscharen unterhalten, weswegen ein neues Gemeindestatut hinter dem Rücken aller Beteiligen (!) mit 2 Gegenstimmen beschlossen wurde:   Das ¨BASKING BYE-LAW¨ -  auf Deutsch: ¨Das Tschüß-Straßenperformer-Gesetz¨!


Nach dieser Verordnung sind sowohl ¨störende Inhalte von Darbietungen aller Art¨ verboten, Aufführungen, die Menschenaufläufe verursachen oder die Benutzung von kleinen Verstärkern.

Die Kleinkünstler Galways laufen Sturm gegen diese Verordnung, weil vielen damit ihre Lebensgrundlage entzogen würde. Für viele Interessierte verlöre Galway seine Hauptattraktivität. Ein schlechtes Omen für die zu erwartenden Kulturangebote im nächsten Jahr, dürfte die auf jeden Fall sein. 
Auch hier wurde eine Petition gestartet, die große Unterstutzung erhält.  Bleibt die Hoffnung dass die BASKING BYE LAWS  als Schildbürgerstreich in die irische Geschichte eingehen wird!


                                                           
                                                              💚


Um den gesellschaftlich-politischen Teil abzuschließen: zum Schluß haben wir doch noch einen weiteren ¨Sieg¨ errungen! Ich habe schon früher darüber geschrieben, dass der Bog von Einigen auch dazu benutzt wird, ihren Unrat (und zwar in großen Mengen) zu entsorgen.  Im Dolan Bog hatte sich eine riesige Müllhalde angesammelt, die wir schon  2017 bei der entsprechenden Behörde in Galway gemeldet haben.. Nichts war geschehen, außer den Dimensionen, die dieser Schuttplatz inzwischen angenommen hatte..

Neue Fotos, eine weitere Beschwerde und ein Besuch bei der Garda in Clifden, die uns ihre Unterstützung zusicherte, haben nun zum Erfolg geführt. Gestern wurde der Ort besichtigt und uns schriflich zugesagt, dass der Müll in Kürze beseitigt würde! 
Ich hoffe, dass jemand dies Versprechen kontrolliert. 



Von diesem wunderschönen Weg durch den Bog haben wir den Blick  über den Maumneen Lake auf unser Haus  und auf die Küste!!


Calla Days September 2019 II



Leider war das Aufatmen relativ kurz, denn nun kam eine besorgniserregende Nachricht aus Oughterad!
Unter der Parole

OUGHTERAD SAYS NO TO INHUMANE DIRECT PROVISION CENTERS
(Nein zu inhumanenen Flüchtlingsheimen)


Was war geschehen?
Ohne jede Ankündigung und Bürgerinformation begannen vor einigen Monaten Bauarbeiten an einem seit Jahren geschlossenen 60-Zimmer-Hotel am Rande der 1.500 Seelen großen Ortschaft Oughterad.
Die Neugierde der Bürger wuchs und war auch verständlich,  da niemand Bescheid wußte und Behörden auf Anfragen keine Auskunft erteilten, was dort geschehe und welche Genehmigungen wer erteilt hatte.
Parallel dazu kamen Informationen in Umlauf, dass die Regierung Millionenbeträge zur Unterbringung von Geflüchteten an einzelne Counties vergeben habe.
Vor diesem Hintergrund riefen - wahrscheinlich nicht ganz uninteressierte Kreise -  zu einer Bürgervesammlung mit der Frage auf, ¨...was ist hier eigentlich los in Oughterad¨...
Gleichzeitig wurden Gerüchte verbreitet, dass wahrscheinlich Flüchtlinge die neuen Bewohner des Hotels sein könnten und dies von der kleinen Ortschaft nicht zu verkraften wäre und etliche Gefahren damit verbunden seien.
Dazu muß man wissen, dass die bisherigen Flüchtlingsheime zu Beginn durchaus menschenrechtswidrig - quasi wie Lager mit rechtlosen Insassen - geführt wurden.

Mittlerweile soll sich die Lage verbessert haben, wie der UNO- Hochkomissar für Flüchtlinge anlässlich seines Besuchs im Sommer diesen Jahres ausdrücklich festgestellt hat. Alle geforderten Standards seien nun umgesetzt. 

 Bild könnte enthalten: 4 Personen, Menschenmasse und im Freien

Die Versammlung in Oughterad zog mehr als die Hälfte der Einwohner an und fast alle waren sich darin einig, dass eine Flüchtlingsunterkunft in ihrem Ort keinesfalls gewollt würde.
Die Argumentation balancierte zwischen der Kritik an der Inhumanität derartigen Unterkünfte und der geschürten Angst vor der angeblichen Gefährlichkeit der entstehenden Situation im Ort durch etwa 150 Geflüchtete.

All dies ist letztlich auf die Gemeimniskrämerei der Behörden zurückzuführen, die es bislang nicht für nötig hielten, die Bürder des Ortes umfassend zu informieren, nach gemeinsamen tragbaren Lösungen zu suchen und ein großes Maß an übereinstimmenden Lösungen zu erzielen.

Wir fühlten uns fatal an die frühen Fehler unserer deutschen Behörden bei der Planung von Flüchtlingsunterkünften erinnert.

Oughterad wollte jedenfalls als Touristenstadt vermeiden, fremdenfeindlich zu erscheinen, was angesichts vieler Beiträge auch von Lokalpolitikern nicht ganz so einfach ist.
Kompromiß hieraus war dann wohl die Art und Weise der verabredeten ersten Demonstration, die als ¨Schweigemarsch¨ mit der Parole  OUGHTERAD SAGT NEIN ZUR INHUMANEN FLÜCHTLINGSUNTERBRINGUNG (als einziger Parole!)  durchgeführt wurde.

Oughterad hat mittlerweile irlandweite Publizität in der nationalen Flüchtlingspolitik bekommen.

Auf unserer Rückreise fahren wir durch den Ort. Bereits morgens um 9 Uhr stehen mehr als 100 Männer in gelben Westen vor den mit Bauschutt blockierten Eingängen zur Baustelle, so dass kein Bauarbeiter weiter Arbeiten kann. Ein spontan aufgebauter Imbissstand sorgt für Versorgung der Prfotestierer.7

Ein erster Erfolg der "gemäßigten" BewohnerInnen Oughterads ist wohl, dass die Parole sich erweitert hat um den wichtigen Satz:

OUGHTERAD says YES to Refugees....

Das macht Hoffnung, dass eventuell eine Lösunge für dieses Problem an diesem wirklich hübschen Ort gefunden werden kann!!! 


Wir werden das weitere Geschehen auch aus Deutschland mit Interesse verfolgen.