13.9.
Time to
write:
Die Tage sind
voller Aktivität und wir haben sozusagen die Bauleitung übernommen, da es
Fechine sichtlich schlecht geht: „It’s just the age and my back“ meint er, vom
Arzt kommend, und bleibt den Rest des Tages im Bett. Wir sind recht unglücklich
und unzufrieden mit seiner Arbeit in der vergangenen Woche, die darin besteht,
kurz aufzutauchen, am handy zu „organisieren“, was wir besprechen und bemängeln
– um dann wieder zu verschwinden!
Die Baustelle
ist völlig unorganisiert und chaotisch: Mal stehen sich die Gewerke gegenseitig
im Weg, dann kommt gar keiner! Immerhin: das Dach ist fertig, die Ziegel
ersetzt und die Isolation angebracht! Eine scheußliche Arbeit, denn die, die
sie verrichten stehen zwischendurch niesend und schniefend im Garten!
Dort auf dem
Boden stand u.a. all der Hausrat, den wir zur Entsorgung in Auftrag gegeben
hatten: hier tauchte er also wieder auf – und so kam er erneut zu den Mengen an
abzutransportierenden Materialien – die letztlich alle auf dem riesigen
Schuttberg unter unserem Cottage landen!
Wir schauen abends auf das, was tagsüber vom School House
abtransportiert wurde… auch eine Form der „Entsorgung“ – unvorstellbar bei uns!
IKEA bringt
Samstags die Küche und arbeitet ab Montag an der Montage. Das klappt gut und
langsam bekommt dieser Raum nun als erster ein Gesicht! Nun, da sie steht, sind wir begeistert von
unserer Wahl und alle spenden Beifall!
Wir erfahren
darüber, dass die Küche in Irland der wichtigste Raum eines Hauses ist. Niemand
fragt nach unserem Wohn- oder den Schlafräumen – alle sind gespannt auf unsere
Küche!
Neben der
Küche haben wir nun aber auch unsere „irischen Möbel“, die wir im Juni in
Westport gekauft haben, kommen lassen – und dieses Zusammenspiel der modernen,
klaren Küche und dem alten Irischen kitchen dresser und dem Tisch mit seinen 4
verschiedenen, bunten Stühlen, ergibt ein wirklich überaus harmonisches,
schönes Ganzes!
Wir sind
jedenfalls hellauf begeistert!
Nun können
wir damit beginnen, die ersten Kartons, die aus Berlin schon zu unserer Ankunft
auf uns warteten, auszupacken und - wäre
da nicht noch der Installateur, der einen Teil der eingebauten Schränke wieder
wegnehmen muss, weil dort noch keine Leitungen verlegt wurden … und der
Elektriker, der ja noch alles Anschlüsse hinter der Schränken ebenfalls
verlegen muss…. Also bleibt der kitchen dresser, der sich aber so schnell
füllt, dass das meiste Geschirr in den Kartons verbleiben und warten muss!
Die drei
Betten haben wir montiert, aber die Matratzen stehen noch immer im Wohnzimmer
an den Wänden – dort, wo sich Berge von Kisten, eingepackten Möbeln und dazwischen viel Werkzeug der Handwerker,
einfach nicht auflösen lassen!
Wir kommen
nicht weiter – und auch Fechine kommt nicht weiter.
Die Becken
für das Badezimmer, die in Dublin bestellt werden sollten, sind von ihm
vergessen worden – und nun nicht mehr lieferbar… Wir haben in Galway neue
Becken ausgesucht – die längst da sein müssten, sind sie aber nicht!
Also
beschließen wir, selbst noch einmal nach Galway zu fahren, um sie zu holen und
gleich noch einige Dinge für das Haus einzukaufen, die wir in Clifden nicht
bekommen konnten.
Ja, was wäre
ohne uns in dieser Zeit geschehen, fragen wir uns häufig und wie wird es sein,
wenn wir abfliegen?
Das Treffen
mit Peter und Cornelia ermutigt uns nicht gerade. Beide sind mit der Arbeit von
Fechine absolut unzufrieden und Cornelia zeigt uns Dutzende von sms und mails,
die meist ohne Antwort und Reaktion blieben!
What to do!
Wir
verabreden ein gemeinsames Treffen im School House, bei dem wir unsere
jeweiligen „to do-Listen“ eröffnen und an Fechine weitergeben.
Alles wird
gründlich geprüft und die noch ausstehenden Arbeiten, Reparaturen festgehalten.
Nach ihrer
Abreise nach Dublin obliegt es uns, auf die Durchführung und Durchsetzung zu
achten! Was für ein Job!
Ein abschließendes
kleines Essen in Roundstone mit „seafood shouder“ hat endlich auch Raum für
Privates und wir spüren erneut, dass diese beiden Menschen uns wirklich sehr
ans Herz gewachsen und mehr und mehr Freunde geworden sind! Ihre Fürsorge für das Haus überschreitet
längst das, wofür wir sie bezahlt haben!
So ist Peter vor einigen Wochen
mit dem Zug von Dublin zu einem „Überraschungsbesuch“ gekommen – um zu
sehen, wie die Arbeiten vorangehen – und am gleichen Tag fuhr er wieder zurück!
Das ist wirkliches Engagement – und wäre dies bei Fechine genau so, hätten wir
längst im fertigen Haus wohnen können!
Das Verrückte
ist nur, wir können ihm nicht böse und nicht wirklich sauer auf ihn sein: er ist ein so liebenswerter, unglaublich
humorvoller und chaotischer Mann… Vater von 6 Kindern und selbst das 4. Von 13
Kindern! Vielleicht wird man da einfach so… und so sehen wir über vieles hinweg
und beschließen immer wieder
Gelassenheit und Ruhe walten zu lassen:
„Don’t panic – uness it’s time to panic“! Das ist einer von Fechine’s Sätzen, mit denen
er uns empfängt, wenn er spürt, dass unsere Geduld sich dem Ende zuneigt!
Die Zimmer im
Haus nehmen – nachdem die Fußleisten gestrichen
sind – nun immer mehr Charakter an, da wir die ersten kleinen
persönlichen Veränderungen vornehmen können:
Jedes Zimmer bekommt - neben den
unterschiedlichen Betten, eine weitere, kleine individuelle Note durch besonders
hübsche Hakenleisten und natürlich Vorhänge, die wir zwar mitgebracht haben,
aber mit Sicherheit nicht aufhängen können!
Die Farben
der Räume sind so perfekt und so schön. „Wir bringen einfach die Farben der
Natur ins Haus“ – hatte Cornelia bei unserem „Farbtreffen“ im Juni
vorgeschlagen – und so ist es:
Die beiden
kleineren Räume strahlen in Blau – Töne des Himmels über Irland und auch des
Wassers auf dem See, in dem sich der Himmel spielgelt!
Unser Zimmer
hat Erdfarben – die Farben des „bog“ – und der Heide.
Das
Wohnzimmer orientiert sich am Kamin aus Connemara Marbel – und hat ganz leicht
grün getönte Farben – wie auch das Bad, in dem wir die alten Fliesen übernommen
haben, soweit dies möglich war.
Der Boden
passt ganz hervorragend zu diesen Farben, aber auch zur modernen Küche – hat er
doch ein bisschen etwas von einem alten Schulhausboden! Vieles wird unfertig auf unseren nächsten
Besuch warten müssen, das ist uns sehr schnell bewusst… und führt an einem
Abend zu einem großen und lauten Streit!
Die Nerven liegen flach und mir geht es – zum ersten Mal hier – körperlich
schlecht. Die Ängste, die nach dem kl.
Schlaganfall von mir Besitz genommen hatten, und die mich wie Schatten in
Berlin begleiteten, kommen zurück! Ich
fühle mich leer, überfordert und mutlos!
Aber was tun wir uns da nur an?
Das Projekt,
das ein Projekt unserer Zusammengehörigkeit, unserer Liebe und unserer
Verbundenheit mit Irland und mit Florian werden soll,droht uns zu
entzweien!
Da hilft nur
eines: uns auf das zu besinnen, was wir
alles durchgestanden und getragen und
ertragen haben in den letzten 13 Jahren und diese „Probleme“, die wir gerade
durchstehen müssen, an dem zu messen! Das gibt allem die Bedeutung, die es
verdient!
….“Wenn
wir das Schöne erwarten und zulassen, kommt in unserem Inneren und zwischen uns
Menschen etwas Neues in Fluss. Das Herz lebt auf, und völlig unerwartet erhellt
Mut unser Leben. Es ist der Mut, der wieder Hoffnung ins Herz pflanzt….“
John
O’Donohue
„Über
die Schönheit“
Eine sehr
schöne Entdeckung ist der Strand, der „unser Strand“ sein wird: Calla Beach.
Wir erkunden ihn vom Haus aus zu Fuß und sind überrascht und glücklich,
zu sehen, wie nah er ist! Etwas mehr als
10 Fußminuten! Und er ist
wunderschön! Im Abendlicht liegen dort
Boote und ein sich lösendes Segel fliegt aufgeregt im Wind! Das Wasser hat sich zurückgezogen und lässt
am Ufer Muscheln und kleine kunterbunte Schneckenhäuser liegen! Es ist eine so zauberhaft schöne Stimmung..
Der Himmel,
der sich noch einmal öffnet und die schnell dahinfliegenden Wolken.. wieder
einer dieser Momente, in denen wir still und demütig und fast andächtig
innehalten! Wie schön ist die Natur und
wie tröstlich ist ihr immerwährendes Fortbestehen..
Auch, wenn
wir einmal nicht mehr sind, wird es dort so sein wie in diesem Augenblick!
Wir beschließen, die vorgelagerte Insel am nächsten Tag bei Ebbe einmal zu erkunden! Heute sehen wir nur das Grün der Wiesen und die Schafe, die dort grasen! Wenn die Flut kommt, sind sie vom Land getrennt.. aber das dürfte einem Schaf nichts ausmachen!
„Einsame
Steine, die mein Interesse wecken, fordern mich auf, in ihren Lebenszweck
einzudringen. Es ist meine Aufgabe, den Zweck ihres Daseins zu definieren und
sichtbar zu machen….“
Isamiu
Noguchi
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