Montag, 23. September 2013

You have to look at it from the bright side Teil II


13.9.
Time to write:

Die Tage sind voller Aktivität und wir haben sozusagen die Bauleitung übernommen, da es Fechine sichtlich schlecht geht: „It’s just the age and my back“ meint er, vom Arzt kommend, und bleibt den Rest des Tages im Bett. Wir sind recht unglücklich und unzufrieden mit seiner Arbeit in der vergangenen Woche, die darin besteht, kurz aufzutauchen, am handy zu „organisieren“, was wir besprechen und bemängeln – um dann wieder zu verschwinden!
Die Baustelle ist völlig unorganisiert und chaotisch: Mal stehen sich die Gewerke gegenseitig im Weg, dann kommt gar keiner! Immerhin: das Dach ist fertig, die Ziegel ersetzt und die Isolation angebracht! Eine scheußliche Arbeit, denn die, die sie verrichten stehen zwischendurch niesend und schniefend im Garten! 
 Dort auf dem Boden stand u.a. all der Hausrat, den wir zur Entsorgung in Auftrag gegeben hatten: hier tauchte er also wieder auf – und so kam er erneut zu den Mengen an abzutransportierenden Materialien – die letztlich alle auf dem riesigen Schuttberg unter unserem Cottage landen!  Wir schauen abends auf das, was tagsüber vom School House abtransportiert wurde… auch eine Form der „Entsorgung“ – unvorstellbar bei uns!




IKEA bringt Samstags die Küche und arbeitet ab Montag an der Montage. Das klappt gut und langsam bekommt dieser Raum nun als erster ein Gesicht!  Nun, da sie steht, sind wir begeistert von unserer Wahl und alle spenden Beifall! 
Wir erfahren darüber, dass die Küche in Irland der wichtigste Raum eines Hauses ist. Niemand fragt nach unserem Wohn- oder den Schlafräumen – alle sind gespannt auf unsere Küche!


Neben der Küche haben wir nun aber auch unsere „irischen Möbel“, die wir im Juni in Westport gekauft haben, kommen lassen – und dieses Zusammenspiel der modernen, klaren Küche und dem alten Irischen kitchen dresser und dem Tisch mit seinen 4 verschiedenen, bunten Stühlen, ergibt ein wirklich überaus harmonisches, schönes Ganzes!
Wir sind jedenfalls hellauf begeistert!
Nun können wir damit beginnen, die ersten Kartons, die aus Berlin schon zu unserer Ankunft auf uns warteten, auszupacken und  - wäre da nicht noch der Installateur, der einen Teil der eingebauten Schränke wieder wegnehmen muss, weil dort noch keine Leitungen verlegt wurden … und der Elektriker, der ja noch alles Anschlüsse hinter der Schränken ebenfalls verlegen muss…. Also bleibt der kitchen dresser, der sich aber so schnell füllt, dass das meiste Geschirr in den Kartons verbleiben und warten muss!



Die drei Betten haben wir montiert, aber die Matratzen stehen noch immer im Wohnzimmer an den Wänden – dort, wo sich Berge von Kisten, eingepackten Möbeln und  dazwischen viel Werkzeug der Handwerker, einfach nicht auflösen lassen!

Wir kommen nicht weiter – und auch Fechine kommt nicht weiter.
Die Becken für das Badezimmer, die in Dublin bestellt werden sollten, sind von ihm vergessen worden – und nun nicht mehr lieferbar… Wir haben in Galway neue Becken ausgesucht – die längst da sein müssten, sind sie aber nicht! 
Also beschließen wir, selbst noch einmal nach Galway zu fahren, um sie zu holen und gleich noch einige Dinge für das Haus einzukaufen, die wir in Clifden nicht bekommen konnten. 



Ja, was wäre ohne uns in dieser Zeit geschehen, fragen wir uns häufig und wie wird es sein, wenn wir abfliegen?

Das Treffen mit Peter und Cornelia ermutigt uns nicht gerade. Beide sind mit der Arbeit von Fechine absolut unzufrieden und Cornelia zeigt uns Dutzende von sms und mails, die meist ohne Antwort und Reaktion blieben!  What to do!
Wir verabreden ein gemeinsames Treffen im School House, bei dem wir unsere jeweiligen „to do-Listen“ eröffnen und an Fechine weitergeben.
Alles wird gründlich geprüft und die noch ausstehenden Arbeiten, Reparaturen festgehalten.
Nach ihrer Abreise nach Dublin obliegt es uns, auf die Durchführung und Durchsetzung zu achten!  Was für ein Job!


Ein abschließendes kleines Essen in Roundstone mit „seafood shouder“ hat endlich auch Raum für Privates und wir spüren erneut, dass diese beiden Menschen uns wirklich sehr ans Herz gewachsen und mehr und mehr Freunde geworden sind!  Ihre Fürsorge für das Haus überschreitet längst das, wofür wir sie bezahlt haben!  So ist Peter vor einigen Wochen  mit dem Zug von Dublin zu einem „Überraschungsbesuch“ gekommen – um zu sehen, wie die Arbeiten vorangehen – und am gleichen Tag fuhr er wieder zurück! Das ist wirkliches Engagement – und wäre dies bei Fechine genau so, hätten wir längst im fertigen Haus wohnen können!
Das Verrückte ist nur, wir können ihm nicht böse und nicht wirklich sauer auf ihn sein:  er ist ein so liebenswerter, unglaublich humorvoller und chaotischer Mann… Vater von 6 Kindern und selbst das 4. Von 13 Kindern! Vielleicht wird man da einfach so… und so sehen wir über vieles hinweg und beschließen immer wieder  Gelassenheit und Ruhe walten zu lassen:  „Don’t panic – uness it’s time to panic“!  Das ist einer von Fechine’s Sätzen, mit denen er uns empfängt, wenn er spürt, dass unsere Geduld sich dem Ende zuneigt! 

 

Die Zimmer im Haus nehmen – nachdem die Fußleisten gestrichen  sind – nun immer mehr Charakter an, da wir die ersten kleinen persönlichen Veränderungen vornehmen können:  Jedes Zimmer bekommt  - neben den unterschiedlichen Betten, eine weitere, kleine individuelle Note durch besonders hübsche Hakenleisten und natürlich Vorhänge, die wir zwar mitgebracht haben, aber mit Sicherheit nicht aufhängen können!
Die Farben der Räume sind so perfekt und so schön. „Wir bringen einfach die Farben der Natur ins Haus“ – hatte Cornelia bei unserem „Farbtreffen“ im Juni vorgeschlagen – und so ist es: 
Die beiden kleineren Räume strahlen in Blau – Töne des Himmels über Irland und auch des Wassers auf dem See, in dem sich der Himmel spielgelt!
Unser Zimmer hat Erdfarben – die Farben des „bog“ – und der Heide.
Das Wohnzimmer orientiert sich am Kamin aus Connemara Marbel – und hat ganz leicht grün getönte Farben – wie auch das Bad, in dem wir die alten Fliesen übernommen haben, soweit dies möglich war.
Der Boden passt ganz hervorragend zu diesen Farben, aber auch zur modernen Küche – hat er doch ein bisschen etwas von einem alten Schulhausboden!  Vieles wird unfertig auf unseren nächsten Besuch warten müssen, das ist uns sehr schnell bewusst… und führt an einem Abend zu einem großen und lauten Streit!  Die Nerven liegen flach und mir geht es – zum ersten Mal hier – körperlich schlecht.  Die Ängste, die nach dem kl. Schlaganfall von mir Besitz genommen hatten, und die mich wie Schatten in Berlin begleiteten, kommen zurück!  Ich fühle mich leer, überfordert und mutlos!   Aber was tun wir uns da nur an?
Das Projekt, das ein Projekt unserer Zusammengehörigkeit, unserer Liebe und unserer Verbundenheit mit Irland und mit Florian werden soll,droht uns zu entzweien! 
Da hilft nur eines:  uns auf das zu besinnen, was wir alles  durchgestanden und getragen und ertragen haben in den letzten 13 Jahren und diese „Probleme“, die wir gerade durchstehen müssen, an dem zu messen! Das gibt allem die Bedeutung, die es verdient!



….“Wenn wir das Schöne erwarten und zulassen, kommt in unserem Inneren und zwischen uns Menschen etwas Neues in Fluss. Das Herz lebt auf, und völlig unerwartet erhellt Mut unser Leben. Es ist der Mut, der wieder Hoffnung ins Herz pflanzt….“


John O’Donohue
„Über die Schönheit“
 

Eine sehr schöne Entdeckung ist der Strand, der „unser Strand“ sein wird:  Calla Beach.  Wir erkunden ihn vom Haus aus zu Fuß und sind überrascht und glücklich, zu sehen, wie nah er ist!  Etwas mehr als 10 Fußminuten!  Und er ist wunderschön!  Im Abendlicht liegen dort Boote und ein sich lösendes Segel fliegt aufgeregt im Wind!  Das Wasser hat sich zurückgezogen und lässt am Ufer Muscheln und kleine kunterbunte Schneckenhäuser liegen!  Es ist eine so zauberhaft schöne Stimmung..
Der Himmel, der sich noch einmal öffnet und die schnell dahinfliegenden Wolken.. wieder einer dieser Momente, in denen wir still und demütig und fast andächtig innehalten!  Wie schön ist die Natur und wie tröstlich ist ihr immerwährendes Fortbestehen.. 
Auch, wenn wir einmal nicht mehr sind, wird es dort so sein wie in diesem Augenblick! 

Wir beschließen, die vorgelagerte Insel am nächsten Tag bei Ebbe einmal zu erkunden!  Heute sehen wir nur das Grün der Wiesen und die Schafe, die dort grasen!  Wenn die Flut kommt, sind sie vom Land getrennt.. aber das dürfte einem Schaf nichts ausmachen! 




 „Einsame Steine, die mein Interesse wecken, fordern mich auf, in ihren Lebenszweck einzudringen. Es ist meine Aufgabe, den Zweck ihres Daseins zu definieren und sichtbar zu machen….“

Isamiu Noguchi



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