Das gute
Wetter hat sich erst einmal verabschiedet und der weite Blick aus dem Cottage
stößt an graue Nebelwände und der See vor dem Haus versinkt in dieser
Wand. Wir haben „drizzel“ dieser so
feine Regen, den es bei uns gar nicht gibt. Er macht das Draußen sein aber
besonders ungemütlich, denn er scheint von allen Seiten zu kommen!
Hans-Jürgen
ist alleine zum School House gefahren, um die Jalousien im Badezimmer
anzubringen. Mir ist es dort heute zu kalt, denn der Kamin, der längst
gereinigt sein sollte, ist noch immer nicht zu beheizen.
Cornelia schreibt
gerade: „You are the manager now“- und ich glaube, sie ist ganz froh, diesen
Kontrolljob, der es letztlich geworden ist, einmal weitergeben zu können! Nach wie vor sehen wir Fechine kaum, dafür
ist Sean, sein Sohn sehr fleißig. Er hat
die alten, roten Fliesen im Eingang und im Zimmer von „Mihall“ (wie
Michael für uns heißt!),
der schon im
School House lag und den die letzten Bewohner des Hauses mit ihren Teppichen
und viel Leim verklebt hatten, von den
Überresten weitgehend säubern können. Eine sehr mühsame Arbeit, die einen sehr
geduldigen Menschen erfordert! Sean legt
aber auch sonst Hand an und hat sich drangemacht, den Garten ein wenig zu
entrümpeln.
Vom Abriss
des Schuppens liegen Stein und Gerümpelberge, die den Blick auf den Maumeen Lake und den Bog im
Moment nicht sehr romantisch-sein lassen!
Die Arbeiten
stocken wieder einmal: der Elektriker
ist nicht erschienen und erst, nachdem Fechine ihm sagt, dass wir nun bald
abreisen werden, bequemt er sich ins Haus und schließt uns – über den Generator
– den Strom an! Zum ersten Mal können
wir nun z.B. die kleinen Deckenleuchten in der Küche sehen – und vor allem das
helle, aber angenehme Licht, das sie verbreiten… Wir drehen sofort Birnen auch
in die anderen Deckenlampen und hängen die Lampenschirme auf, die sofort eine
neue Gemütlichkeit herstellen! Ach, was
sind wir doch anspruchslos geworden in diesen 21/2 Wochen - sagen wir uns lachend!
Heute morgen,
als ich beim Frühstückmachen aus dem Fenster sah, schaute ich dem Pferd, das
sicherlich Fechine’s Kindern gehört, direkt in die Augen!
Ich hatte es
in der Nacht gehört, wie es um das Haus lief. Bisher hatte es auf dem riesigen
Grundstück, das sich über eine Senke (in der eben der Müllberg wächst) über die
andere Seite und hin zum Maumeen Lake erstreckt, grasen sehen. Wie glücklich müssen die Tiere hier sein..
kein Tier ist im Stall, die Kühe, die Schafe, die Pferde, alle sind draußen auf
den Weiden.. oft noch nicht einmal hinter Zäunen, denn noch immer kann man hier
in Connemara nicht sicher sein, dass nach der nächsten Kurve nicht Schafe am
Straßenland liegen oder stehen!
Die meisten
Kinder von Fechine und Anne, die wir nicht zu Gesicht bekommen, sind
ausgeflogen – aber sie kommen nun eines nach dem anderen zurück: 4 Enkelkinder sind bereits da – und ein
weiteres ist unterwegs! Wer aus einer so
großen Familie kommt, scheint ohne eine große Familie gar nicht sein zu können!
Anne arbeitet
mit Kindern „with special needs“ – so wie Florian mit diesen Menschen gearbeitet und gelebt hat
– und abends betreut sie alte Menschen, die alleine sind!
Noch eine
Aufgabe haben wir uns gestellt: Zwischen
den Fliesen und der Wand im Eingang und
in „Mihall’s Room“ wird von uns mit
Zement und flachen Steinen, die wir in großen Mengen vom Strand angeschleppt
haben, zusammen mit Sean’s Hilfe gestaltet… und es entsteht ein kleines,
hübsches Kunstwerk, mit dem wir und dann auch Gäste des School Houses empfangen
werden!
Da sich so
wenig tut und wir an diesem Zustand nun nichts mehr ändern können, beginnen
wir, die Kisten nach und nach auszupacken und vor allem, die Möbel im
Wohnzimmer endlich aufzustellen!
Das ist ein
großer Moment – denn wir hatten sie bisher nur bei IKEA in Dublin oder Berlin
gesehen – und nun waren sie an ihrem Bestimmungsort angekommen – und: sie stehen dort so, als würden sie dort genau
hingehören!
Auch der
„Schulhaustisch“, der aus Berlin gekommen ist, hat endlich seinen Platz so, wie
ich ihn mir hier vorgestellt habe, eingenommen…
und gibt den
modernen Möbeln wieder einen Charakter!
In den Dingen, die wir im Dezember im Schuppen in Kisten und Kartons gefunden hatten, war Wolle – große bunte Ballen und kleine Spindeln mit Wolle, die nun in einem Korb liegen – und mir ist es irgendwie wichtig, Susan, die aus dieser Wolle sicher einmal Pullover und Mützen gestrickt hat, einen Platz im Haus zu geben!
Susan muss eine besondere, eine bemerkenswerte Frau gewesen sein:
Aus dem, was
wir fanden, ergibt sich, dass sie im School House Reiki angeboten und vor allem
aber Trauergruppen betreut hat. Es gibt Protokolle, auf die ich nur einen Blick
geworfen habe – und sie zur Seite legen musste:
es war, als würde ich in eine intime Vergangenheit eines Menschen sehen,
die mich nichts angeht.. und doch werde ich diese Dinge bewahren! Ich konnte sie nicht wegwerfen.
Es gibt
Papiere zum „Thema Trauer“ und speziell zum „Verlust eines Kindes“! Das alles waren Funde, die uns zutiefst
berührten und uns noch einmal „Beweis“ waren, dass dieses Haus in unseren
Händen gut aufgehoben ist und wir es vielleicht auch einfach „finden sollten“.
Wir werden
versuchen, von Zeitzeugen mehr über die Bewohner des School Houses zu erfahren.
Wir haben bereits damit begonnen.
„You have to
look at it from the bright side” - wir
hatten uns in den letzten Tagen noch einmal auf diesen Satz verständigt!
Und: wir
beschlossen, nachdem der Kamin gereinigt war und sicher war, dass er
hervorragend zieht- die letzten Abende nach dem Essen im School House am Kamin
zu verbringen!
Am vorletzten Tag hatte Fechine, als wir morgens zu einer letzten Besprechung kamen, bereits geheizt. Es war ihm wohl bewusst, wie unzufrieden wir – seine Arbeit betreffend – abreisen würden!
So saßen wir
nun auf einer Couch und in Sesseln am Feuer, um ihm das Versprechen abzunehmen,
sich – nach unserer Abreise – wieder für das Haus, den Fortgang und die
Fertigstellung der noch offenen Arbeiten zu engagieren!
Was uns
besonders Sorge machte, war, dass die Feuchtigkeit, die wir zwar immer in den
Wänden sahen, die sich aber zum Besseren gewandt hatte, nun – nach dem Regen
und der Feuchtigkeit der letzten Tage – an den der Küste zuwandten Wänden sehr deutlich sichtbar wurde..
Das Haus
braucht Wärme! Und das Haus muss
entfeuchtet werden.
Solange die
Heizung nicht angestellt werden kann, muss über den Generator mit Heizkörpern
geheizt werden – und Fechine versprach!
Wir nahmen
auch mit Peter noch einmal Kontakt auf und ließen uns von ihm -gerne- ein wenig beruhigen. Sein Haus steht ja noch mehr dem Meer und
seinen Gewalten ausgesetzt. Er meinte, dass unser Haus einfach viel zu lange
ungeheizt und unbewohnt gestanden habe.
Die großen
Steine, aus denen die Front gemauert ist, wäre eigentlich eine Gewähr für den
Austausch von Feuchtigkeit und Trockenheit;
mehr als eine
normale, gemauerte Wand. Aber: es müsse tatsächlich geheizt werden und auch
Luftentfeuchter aufgestellt werden.
Ja, und
abends zogen wir los mit einer Flasche Wein, mit Wasser, ein paar Keksen und Schokolade an den „fire
place im School House“.
Ein
bewegender Moment, wären wir nicht auch so erschöpft und müde nach all den
bewegenden, oft stressigen Tagen gewesen…
So saßen wir
einfach, sahen in die Flammen und ließen den Gedanken Raum: Wir haben alles richtig gemacht! Das Projekt, das so „verrückt“ zu sein
schien, das uns nun genau ein Jahr lang
beschäftigt und immer wieder in Atem gehalten hat, das hatte nun wirklich Form
angenommen!
Fertig ist es
nicht – und so unfertig mussten wir das Haus am übernächsten Tag
verlassen!
Der Elektriker war nicht mehr gekommen, trotz seines Versprechens, den Strom so schnell wie möglich anschließen zu lassen.
Der Elektriker war nicht mehr gekommen, trotz seines Versprechens, den Strom so schnell wie möglich anschließen zu lassen.
Der
Installateur lässt sich – bis heute -
nicht sehen, was bedeutet, dass das Badezimmer nicht weiter gefliest werden
kann.
Fechine hat
einen Luftentfeuchter für uns gekauft und diesen – hoffentlich – aufgestellt,
denn das Wetter in Irland ist – wie auch
hier – in diesen Tagen nass und sehr kühl! Zunächst schrieb er morgens, dass
die Heizer angestellt seien.. seit einem Tag höre ich nichts, auch nicht auf
meine Anfragen!
„…Tatsächlich
sind die größten Freudenmomente im Leben jene Augenblicke, in denen alles
zusammenkommt und wir uns göttlich lebendig fühlen. Die Zeit tut sich auf und
wir werden vom Ewigen umfangen. Auch, wenn wir dann wieder in die zersplitterte
Welt der Tage und Augenblicke zurückgleiten – jenes Gefühl des Ewigen verlieren
wir nie“….
John
O’Donohue
„Über
die Schönheit“
Wir sind zurück!
Hans-Jürgen musste sofort in sein Büro. Ich bin hier und versuche, mich zu orientieren. Eine Hälfte meines Herzens ist in Irland geblieben! Ich erledige die Arbeiten des Alltags.. und oft und immer wieder schweifen die Gedanken ab.. Wie gerne würde ich glauben, dass nun alles in unserem Sinne weitergeht!
Aber wir
haben die Dinge nicht immer im Griff !
Auch das hat uns das Leben doch längst gelehrt! Vertrauen zu haben, loszulassen, was wir
nicht kontrollieren können und Gelassenheit zu wahren!
Heute halte ich mich an diesen kleinen Text:
Am Ende wird alles gut
und wenn es noch nicht gut ist,
ist es noch nicht zu Ende!
Unbekannt
und wenn es noch nicht gut ist,
ist es noch nicht zu Ende!
Unbekannt
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