1. Juni 2015
Heute ist es besonders windig und besonders
kalt. Nur 9 ° und der Wind scheint durch jede Kleidung hindurchzufegen. In der
Nacht und am Morgen schlug der Regen gegen die Fensterscheiben. Am liebsten
hätte man schon früh ein Torffeuer entzündet.
Wir haben drei Frühstücksplätze imHaus, die
wir - je nach Wetterlage - wechseln. Dass wir häufig im ¨sun room¨ gefrühstückt
haben, beweist, dass das Wetter weniger schrecklich ist, als die Iren es selbst
im Moment sehen: ¨ It is horrible¨ meinte der Nachbar, der sein Haus offenbar
endlich verkauft hat und zum Rasenmähen kam. ¨ It feels like winter¨ - und da
geben wir ihm dann aber auch recht, denn kälter war es im Dezember 2014 nicht
wirklich! Ich habe meine dicken boots hervorgeholt und fühle mich
in ihnen ausgesprochen wohl, obwohl eine nicht gerade kleine Anzahl von Frauen
bereits in ¨flipflops¨ läuft und sogar ohne Jacke oder Mantel! Dass Kinder bei diesen Temperaturen kurze
Hosen tragen und ärmellose Hemdchen kann
eigentlich nur daran liegen, dass
¨ eigentlich¨ Sommer ist! Beinahe sind wir verwundert, noch niemanden im Wasser gesehen zu haben :)
¨ eigentlich¨ Sommer ist! Beinahe sind wir verwundert, noch niemanden im Wasser gesehen zu haben :)
¨ Der Regen hier ist absolut, großartig und
erschreckend. Diesen Regen schlechtes Wetter zu nennen, ist so unangemessen,
wie es unangemessen ist, den brennenden Sonnenschein schönes Wetter zu nennen.¨
Heinrich Böll ¨ Irisches Tagebuch¨
Die dritte Woche hat begonnen - und wir
haben nach wie vor ¨Wetter¨ -irisches, typisches Wetter und untypisch bleiben
die Temperaturen. Es wird nicht wirklich wärmer - aber es wird freundlicher -
was aber wiederum heftigen Wind bedeutet!
Wir stellen uns dem Wetter und haben
gestern- mit unserem Besuch aus Deutschland - tapfer in den Sturm begeben, der
uns auf den Höhen der Bog Road beinahe umriss.
Dogs Bay ist relativ bevölkert und an der wetterfesten Kleidung der Wanderer ist bereits zu ersehen, dass man auf alles vorbereitet ist in diesen Tagen. Unsere Besucher statten wir mit allem aus, was fehlt, denn immerhin sind in Deutschland sind zur Zeit 30°:) Nicht, dass uns diese Temperaturen locken würden, aber ein wenig davon wäre schon schön!
Auf der Halbinsel Bunowen mit ihren wunderschönen Stränden!
In
Ballynahinch Castle lösen wir- mit einem kleinen Mittagsessen - ein Hochzeitsgeschenk an meine Schwester
und ihren Mann ein... und erinnern uns an Florian - wie immer an diesem
Ort!
Ein Besuch hier unterbricht die tägliche Routine und ist - erst einmal - eine kleine Herausforderung. Ich denke, wir haben sie gut gemeistert, hatten harmonische Tage und es macht Freude, die Orte, die man liebt, anderen zu zeigen.
Das Haus hat Begeisterungsstürme ausgelöst und das hat uns sehr gerührt! Das Wetter zwang uns ohnehin immer wieder in die Wärme und Gemütlichkeit.
Der Garten leidet unter den Stürmen und
heftigen Regenschauern. Einen umgepflanzten Lavendel konnten wir heute - wo es
sonnig ist und wir uns wieder unseren Aufgaben widmen, gerade noch umpflanzen
an eine Mauer und damit retten! Anders
die Calla, die sich an ihrem neuen Platz wohl fühlen und sich mit neuen Blüten
bedanken. Die erstenm Margeriten gehen auf und der Salbei blüht. Der
Jelängerjelieber an der Wand des Schuppens ist kräftig und streckt seine Arme
schon langsam nach dem Dach aus. Wie ich sagte:
es kommt darauf an, die richtigen Orte für die entsprechenden Pflanzen
zu finden!
Im unkultivierten Teil unseres Grundstücks
öffnen sich im ¨indian balsam¨ riesige Mammutblätter - groß wie Regenschirme. Sie
wirken wie Relikte einer prähistorischen Zeit und gehören optisch tatsächlich
nicht wirklich in diese Landschaft. Sie stammen aus dem Himalaja und wurden -
wie so viele andere Pflanzen - eingeschleppt. Selbst die Montpretien, die hier
jetzt die Wegesränder und Hauswände mit ihren langen schmalen Blättern begrünen
und nächstes Mal sicher in einem leuchtenden Orange blühen werden, stammen
ursprünglich aus Afrika!!
An den Wegrändern blühen im Moment kleine
gelbe Primeln. Was in der Landschaft Connemaras fehlt, sind die Rottöne der
Heide. Noch sind die Büsche braun und ergänzen die vielen Erdtöne der
Boglandschaft.
¨I stopped on a lonely bog road
one winters afternoon to ask the
way
of a man who was stacking turf at the road's edge.
¨Where will this road take me?¨ I asked.
¨This road¨ he said, ¨will take you wherever you want to go¨.
Mike Harding, Footloose in the West of Ireland
Sollte ich ein Fazit nach der Halbzeit
dieses Aufenthaltes ziehen, es fiele nicht schlecht aus! Alles ist - durch das
Wetter - etwas anders als sonst, aber ¨ it really could be worse¨ und wir
erinnern uns nun an unsere Anfänge in Irland, den ersten Urlaub 1994, in dem
ähnliche Temperaturen herrschten, in dem es noch viel öfter regnete und in dem
wir unsere Liebe zur Insel entwickelten und Grundlage für Florians späteren
Aufenthalt hier legten. Nein, es ist
kein ¨schlechtes Wetter¨ - es ist einfach WETTER!
Neben dem Besuch meiner Schwester und ihrem
Mann hatten wir eine nette Begegnung mit einem Irlandfotografen aus
Deutschland, der gerade dabei ist, einen Bildband herauszugeben, auf den wir
uns sehr freuen und den wir ein wenig - mit vielen anderen Begeisterten - ¨subventioniert¨ haben. Stefan Schnebelts
Bilder begleiten mich - bei facebook - schon lange und es war schön, ihn und
seine Freundin hier kennenzulernen.
Aber auch diese Begegnung hat mir wieder
deutlich gemacht, dass jeder Irlandfan ¨sein ganz eigenes¨ Irland hat! Wir
lieben diese karge, baumlose Landschaft von Connemara und Donegal, Stefan und
seine Freundin Birgit den (lieblicheren und baumreicheren) Süden der Insel - wie Valentia Island. Es ist schön, sich auszutauschen!
Leider hatten wir nicht allzu viel Zeit.
Gerne hätte ich noch mehr von Stefan und Birgit über ¨ihr Irland¨ gehört :) Vielleicht ein andermal.
¨There is sorrow in it, as there is in all sharp beauty.
Standing
there with the gulls crying and the larks shivering in the skyand the
wind going through the heather, a man gets cold with the beauty
of it and is glad to be alone¨
M.V.Morton
In search of Ireland
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