Roundstone by Gerard Dillon
Im folgenden, letzten Abschnitt dieser besonderen Tagen in Connemara, möchte ich Euch mit einem irischen Maler,
Gerard Dillon, bekanntmachen, dem wir auf diesem Ausflug "begegnet" sind - und dessen Kunst mich nicht mehr loslässt.
Ich habe vor, über ihn, seine Malerei, aber auch über sein Leben, mehr zu recherchieren und werde es Euch, wenn ich soweit bin, gerne zeigen! Also: Alles, was nicht Fotografie ist, die von uns stammt, sind Werke von Gerard Dillon!
Inishlacken
In Roundstone angekommen, machte mir
der Wasserpegel dann allerdings doch etwas Kopfzerbrechen, denn das einzige
Boot, auf dem jemand zu sehen war, schien nur über eine lange
Leiter an der Kaimauer erreichbar zu sein.
Genau das Richtige für mich... Schließlich war es
ein größeres
Schlauchboot, in das Pat umgestiegen war und uns an einer Treppe an der
Kaimauer (nicht viel besser als die Leiter ) einstiegen ließ... Die
Aussicht auf Inishlacken machte mich mutiger und die schnelle Überfahrt
konnte ich wirklich genießen;
entlang der Halbinsel von Inish Nee fuhr er einen großen Bogen um
sich nach ca. 10-15 Minuten
Inislacken zu nähern.
Schon der kleine Hafen hat Charme und
es sieht so aus, als seien wir nicht die einzigen Gäste an diesem
Nachmittag. Wieder wird am Kai geklettert und dann endlich fester Inselboden
unter den Füßen. Wir bitten ihn, uns in 2 1/2 Stunden
abzuholen und machen uns auf die Erkundungstour die zu einer der schönsten hier
werden sollte.
Ein streng wirkendes, durch offenbar
sehr stilvoll neu eingesetzte riesige Fenster verschönertes Haus
begrüßt
einen als erstes: das Schoolhouse von
Inishlacken, das nicht nur außen beeindruckend wirkt, sondern ein
ausgesprochen stimmungs- und geschmackvolles Inneres hat, wie wir durch die
Fenster erspähen
können.
Ein großerRaum,
früher
also ein Schulzimmer für all die Kinder der Insel, ist zu einer noblen kleinen Unterkunft für ein oder
zwei Nächte
eingerichtet. Inzwischen weiß ich, dass
Ballynahinch Castle dieses Haus als eine besondere Attraktion für
interessierte Gäste
mit einem Lobster-Essen-Angebot ¨ im Programm¨ hat.. Dekadent, wie wir jetzt finden...
Ein weiteres, offenbar bewohntes
Cottage in spärlich
renoviertem Zustand (wie all die anderen, an denen wir später
vorbeikommen sollen) zieht dann unsere Blicke an und alles hier lockt,
festgehalten zu werden..
Dieses einfach cottage, so stellte sich inzwischen heraus, war das, in dem Gerard Dillon
im Jahr 1952 auf Inishlacken lebte
Der weiße Strand ist
voller Muscheln und Austernschalen und Schnecken, aber das wollen wir uns
aufsparen für
das Ende der Erkundigung.. Es gibt auf dieser Seite, die wir eingeschlagen
haben, keine Wege und so gehen wir Schritt für Schritt (auf
Steine achtend, die überall in den Wiesen liegen)
weiter..
Ruinen und aus Ruinen neu
errichtete kleine Cottages reihen sich
in nicht großen Abständen an
einander.. Das Dorf wird im Geist sichtbar, das hier einmal stand.
Auf Inishlacken lebten bis in die
50iger Jahre 200 Menschen. Das ist kaum
vorstellbar, wenn man weiß, dass es auch heute noch keinen Strom
auf der Insel gibt- allerdings jetzt eine Wasserleitung, die es damals
wahrscheinlich nicht gegeben haben wird
.
An den Häusern
lehnen große
Tonnen, die den Regen auffingen und auch
jetzt noch auffangen.
Schafe grasen wie bunte Punkte
zwischen den Ruinen und einige sind ihre Unterstellplätze geworden,
wenn noch ein Dach vorhanden ist.
Kleine Strände,
langgezogene Felsrücken wie riesige Elefanten ragen in
den immer offener werdenen Atlantik und dahinter saftige Weiden, auf denen wir
-neben Schafen - nur einige Esel ausmachen können. Kühe scheint man
nicht vom Festland herüberzubringen.
Wir laufen - jeder in seinem Rhythmus
und nehmen diese Eindrücke tief in uns auf.
Ein Mann in Gummistiefeln kommt uns
entgegen und bleibt stehen, als wir aufeinandertreffen. Wir fragen ihn scherzhaft, ob er der letzte
Inselbewohner sei, nicht ohne ihm vorher zu sagen, dass wir uns gerade wie im
Paradies fühlen
würden..
Es scheint ihn zu freuen und er erzählt, dass er aus Dublin stamme und das
Cottage hinter dem Schulhaus seines sei.
Er käme
hierher, um der Welt zu entfliehen und Ruhe zu finden. Offenbar kommt er gut
ohne Elektrizität
und jeglichen Komfort aus, meint aber, das Licht der Gaslaternen am abend sei
nicht schön
und so ginge er meist mit dem Sonnenuntergang zu Bett und stünde mit dem
Sonnenaufgang wieder auf. Er macht einen
sehr sympathischen und authentischen Eindruck und ich hätte ihn gerne gefragt, was er mache, wenn er nicht hier auf der Insel sei.. aber das verbietet sich natürlich :).
Als er uns fragt, woher wir kämen, schließt sich kurz
ein kleiner Kreis: seine Tochter war im
Sommer einige Wochen in Berlin und so
begeistert von der Stadt, dass sie versucht war, zu bleiben. Gäbe es genügend Wohnungen
und Jobs, hätte
sie es getan.
Viel gäbe es tatsächlich nicht
von der Insel zu erzählen, meinte er, außer, man würde sich mit
den Künstlern
Gerard Dillon, George Campbell und James MacIntyre beschäftigen. Er empfahl uns das Buch ¨Three Men on
an Island¨ das James MaicIntyre über den Sommer
1951, den diese drei Maler auf Inislacken verbrachten, geschrieben hat.. Ich werde versuchen, ein Exemplar dieses
Kleinods zu bekommen, denn es ist vergriffen. Wir wollen auch in Roundstone in
der Bücherei
schauen, ob es dort vielleicht auszuleihen ist.
Dass sich dieser Mann auf der Insel,
auf der er zur Zeit alleine lebt, über zuviel Tourismus beschwert, läßt uns
auflachen, aber nur einige Zeit später, können wir uns
vorstellen, was er meint, als wir einer Gruppe von 5 weiteren Inselerkundern
begegnen, die später am Strand ein größeres Picknick
machen.. Und nun ist September und die Saison vorüber. Sicherlich wird es im Sommer schon
deshalb voll sein, weil Roundstone
keinen eigenen Strand hat - und man ja schnell mit dem Boot an den türkisfarbenen
Stränden
von Inishlacken anlegen kann...
Er meinte noch mit einem
Augenzwinkern, dass die Iren zum Glück Langschläfer seien und
so der Vormittag ihm gehöre.
Andere als irische Touristen habe er so gut wie noch nicht
angetroffen! Wir entlassen ihn in seine
Stille und Ruhe uns setzen unseren Spaziergang, der für mich immer mühevoller wird,
da wir uns unter Zäunen, die zwar eingerissen, aber nicht
entfernt sind, hindurcharbeiten müssen und auch die vielen Steine und
kleinen Felsen, über die wir uns voranarbeiten, werden
etwas mühsamer.
Ein Segelboot (wir sehen kaum Segelboote hier) erscheint mir wie ein Zeichen:
Hätten wir heute diesen Ausflug nicht gemacht, wären wir dem "Fremden" nicht begegnet - und wären wir ihm nicht begegnet, hätten wir nicht über Gerard Dillon erfahren!
Wie so oft, bin ich mir sicher, dass all das, was wir hier erleben, nicht von "Zufall" geprägt ist, sondern so geschehen soll...
In unserer Fantasie belebt sich die Insel und die Bilder von Gerard Dillon geben uns einen Einblick in diese Zeit.
Wir gehen nicht bis zur Spitze und
durchwandern die Insel bis wir auf der Seite, auf der wir ankamen, eine Art ¨Trampelpfad¨ finden, auf
dem sich besser gehen läßt.
Begeisternd ist - neben dieser
stillen, wundervollen Natur und der Steinzeugen einer vor nicht langer Zeit
hier noch lebendigen Gesellschaft, das
Schauspiel am Himmel. Die Wolken vor dem tiefen Blau sind ein einziges, sich
leicht veränderndes
Schauspiel, das wir dann am Schluß im Sand
liegend und auf das Boot wartend noch einmal tief in uns aufnehmen.
Wir sind glücklich, sehr
begeistert und froh, dass wir diesen ¨Inseltraum¨ nicht mit
nach Berlin nehmen würden, sondern ihn hier und jetzt
gelebt haben!
Ich lese hier ein Buch, das vom alten
Irland erzählt,
von den Männern,
die nach England auswanderten, weil es keine Arbeit gab, erzählt, wie der
Autor als Kind mit bloßen Händen die Tür der Hütte streicht -
poetische Momentaufnahmen und Anekdoten - sehr bewegend und tiefe Einblicke in
die unglaubliche Armut Irlands noch vor nicht allzu langer Zeit.
Was ich konnte.
Ich konnte Netze flicken. Ein
Strohdach decken. Eine Treppe bauen. Aus Binsen einen Korb flechten. Einer Kuh
das Bein schienen. Torf stechen. Eine Steinmauer bauen. Mit Joe drei Runden im
Ring durchstehen, den Da in der Scheune gebaut hat. Sets danzen. Den
Himmel lesen. Ein Makrelenfass bauen. Straßen
ausbessern. Ein Boot bauen. Einen Sattel
aufpolstern. Ein Karrenrad aufziehen. Geschäfte machen.
Ein Feld bauen. Mit Wendepflug, Wiesenschleppe und Drescher arbeiten. Das Meer
lesen. Schießen
und treffen. Schuhe machen. Schafe scheren. Gedichte behalten. Kartoffeln
setzen. Pflügen
und eggen. Den Wind lesen.
Bienen halten. Hocken binden. Einen Sarg zimmern. Einen Schluck vertragen.
Geschichten erzählen
zum Fürchten.
Beim Melken das richtige Lied vorsingen. Und auf dem Akkordeon siebenundzwanzig
Lieder....
Ich lese den Himmel
Timothy O'Grady /Steve Pyke
Selbstportrait Gerard Dillon
Danke für Euer Lesen und Eure Aufmerksamkeit!
Herzlichst
Gabi