14.06.206
¨There are limitless possibilities within each one of
us and, if we give ourselves any chance at all, it is unknown what we are
capable of¨...
John O' Donohue
Das Buch von John O'Donehue liegt oft
aufgeschlagen neben mir. Leider kann ich nicht alle Texte verstehen - aber so
picke ich mir heraus, was mich gerade berührt.
Ich möchte noch
einmal zurück
nach Clare, zurück
zum Burren, dessen Einmaligkeit wir dieses Mal überhaupt erst ¨verstanden¨ haben. Ich beschrieb dieses Landschaft schon letztes
Mal - einzigartige Kalksteinlandschaft von eiszeitlichen Meeren geschaffen.
Keine malerische Küste , wo die Kraft des Ozeans durch
Inseln oder Landzungen gedämpft wird. Im Burren scheinen Land und
Meer eine großeberauschende
Einheit unter einem riesigen Himmel zu bilden.
Silbrig erscheinende Karstlandschaft, Steine, wie verstreute Knochen
zwischen den Hügeln
und Platten und überall die Spalten und Risse in denen
Wildblumen wachsen. Wir haben dies bisher nicht so gesehen und sind wie
elektrisiert von diese sicher kurzlebigen leuchtenden Tupfern in dieser wüsten Schönheit an Küstenlandschaft
Mich ergreift bei vorsichten Gehen von
Stein zu Stein eine große Melancholie und zugleich eine
unglaubliche Dankbarkeit, hier zu sein. Nicht nur hier an diesem Ort, der
unvergleichlich ist mit allem, was die Welt zu bieten hat.. Dankarkeit, leben
zu dürfen,
gesund zu sein, einen liebevollen
Partner zu haben, Freunde und all dies hier sehen und erspüren zu dürfen.
Es ist, als würde Irland
noch weitere Sinne freigeben, die sonst verschlossen bleiben, schützend
vielleicht vor den Einflüssen der Großstadt. Hier darf sich in uns alles entfalten, groß und weit
werden... Und dies sind eben auch die Momente, in denen Florian mir so sehr
fehlt, dass das Herz zu zerspringen droht.
Ich spreche mit ihm, ich danke ihm dafür, dass er uns
hier besonders nah ist und greifbarer als in Deutschland und: In diesem Moment stehe ich vor einer herzförmigen Spalte
im Stein.. Sie ist voller Wasser und der Himmel spiegelt sich... Und ich
verstehe! Nach einigen weiteren
Schritten ein neues Herz im Stein und noch eines .... Das ist Irland! Hier haben wir mit Florian
eine ¨Sprache¨, die keiner
Worte bedarf. Hier ist einfach Nähe!
Wir beschliessen, dem Grab von John
O'Donue in Fanore einen Besuch abzustatten.. Ich brauche heute noch einen Ort für die Tränen, die nicht
versiegen wollen - und wie oft haben seine Bücher geholfen
und getröstet.
Man kann den Friedhof nicht verpassen,
denn er liegt - in keiner Karte eingezeichnet - direkt an der Straße vor Fanore.
O'Donohue's Grab ist zwar schnell gefunden, aber nur, weil wir es bereits
kannten, als es noch ein hölzernes Grabmal hatte, das inzwischen
zerbrochen so verwittert ist, dass nicht einmal sein Name mehr gefunden werden
kann. Das ist sehr bitter, zu sehen und
macht wirklich traurig. Wäre das Grab
selbst nicht einmal so bepflanzt worden, dass diese sich selbst versorgen, mag
man sich nicht vorstellen, wie es insgesamt aussähe. Das ist
eine wirkliche Enttäuschung und sie macht mich angesichts
der Tatsache, dass sein Werk ja, wie ich gerade an meinemneuen Buch sehe,
weiter ¨vermarktet¨ wird. Offenbar ist es aber niemandem wert, sich um
diesen Ort seiner letzten Ruhe zu kümmern.
Wohin die Gelder aus seine Vermarktung (hauptsächlich in den
USA, wie ich immer wieder sehe) fließen, weiss ich nicht. Ich beschliese
jedenfalls mich an die Stellen, die für mich zugänglich sind,
zu wenden und sehr bitter zu beschweren!
In dem Café mit dem besten Kuchen in Clare, das wir an dieser Stelle immer aufsuchen, ruhen wir einen Moment aus, bevor die Fahrt zurück nach Hause angebrochen wird.
Wir fahren eine kleine Straße, die durch den Burren führt und - endlich - einmal frei von Caravans ist, die hier keine Chance durchzukommen hätten. Hier wird es grüner, es hat sich Land über die Felsen gelegt und die Wiesen sind saftig und Höfe stehen in großem Abstand zu einander. Das Vieh sieht noch sauberer und hübscher als als sonst, fällt uns auf! Es bleibt eine felsige Landschaft, über die uralte Gräber und mittelalterliche Ruinen verstreut liegen.
Wir sind gespannt, wie weit Paul mit
seinen Arbeiten mit den Steinen gekommen ist... Und nehmen uns zugleich sofort
vor, nicht enttäuscht
zu sein, falls es nicht dem entspricht, was wir erwartet haben :) was sich als gut erwies!!
Vorher aber machen wir einen Abstecher
zur ¨Burren
Perfumery¨,
unter der wir uns nicht richtig etwas vorstellen können, aber da
auch sie an eine Seitenweg im Burren liegt, gehen wir einmal davon aus, dass es
etwas Lohnendes sein wird, was uns nach 12 km erwartet. Wie lohnend dieser Abstecher werden wird,
konnten wir nicht ahnen, aber wir kommen aus dem Staunen und der Freude nicht
mehr so schnell heraus!
Es ist ein
kleines ¨Gesamtkunstwerk¨ von Gebäuden (der Parfümerie, einem
Café
und Nebengebäuden)
die alleine schon - von Rosen berankt - atemberaubend aussehen. Das Schönste aber ist
ein Kräutergarten! Hier ist
auf kleinstem Raum und unter Einbeziehung des natürlichen,
felsigen Untergrunds, ein solch zauberhafter blühender,
duftender, abwechslungsreicher Garten angelegt, wie wir ihn noch nie gesehen
haben. Es ist wirklich Kunst, was uns geboten wird! Wundervolle Ideen, jeder Blick fängt etwas
Neues ein.. Vogelgesang begleitet die Ruhe - und man möchte einfach
sitzen und bleiben!
In der Parfümerie werden
wir persönlich
begrüßt,
gefragt, ob wir schon einmal hier waren und uns eine Diashow über den Burren
und einige seiner seltensten Pflanzen und Blumen angeboten.
Überall
stehen Cremes und Tees und Wässerchen und ich freue mich, dass ich
mir - im Vorgriff auf meinen Geburtstag im August - schon einen Duft aussuchen
darf :)
Ein überraschend
schöner
Besuch und - wie so oft - lohnt es sich, von der Hauptstraße
abzufahren!!!!
Die beiden letzten Tage waren von
Regenschauern durchzogen, besonders vorgestern und wir holten Paul immer wieder
ins Haus auf einen Tee oder Capucchino, wenn der Regen zu ¨hart¨ wurde und er
nahm gerne an.
Von ihm erfahren wir wieder einiges über diesen
Ort. Sein Vater ist hier zur Schule gegangen und er bestätigt noch
einmal, dass auch er erzählte, dass er - auch im Winter - keine
Schuhe hatte. Die Kinder seien zu Hause noch einmal im Stahl in frischen Kuhdung getreten, um sich die Füße zu wärmen und mit
einem Stück
Torf oder zwei unter dem Arm ging es zur Schule.
Dies alles gesah nicht vor über 100
Jahren, sondern in den 40igern - also kurz bevor ich selbst geboren wurde. Es erscheint einem heute so unfassbar!
Paul hat 7 Geschwister und zwei oder
drei leben in den USA. Sie alle kommen aber regelmäßig nach ¨Hause¨ - und vor und
hinter seinem Haus in Dolan stehen die Häuser von zwei
seiner Brüder.
Einer ist Fischer und von ihm stammte der Lobster, den Claudia uns letztes Mal
brachte.
Sie geht diesen Weg durch die gesamte
Bucht offenbar 2 x am Tag, um dann an ¨ ihrem Strand¨, wo das
Wasser etwas tiefer ist, zu schwimmen - natürlich mit
Domino! Wir begleiten die beiden und
schauen ihnen amüsiert zu. Cornelia macht uns auf Seaweed aufmerksam,
das sich an die Felsen klammert und getrocknet in ihrer Küche beheimatet
ist.. Soweit sind wir einfach noch nicht
- nicht irisch genug, um Seaweed zu essen!
Wir gehen mit ihr zu ihrem Haus, in
dem Peter dabei ist, die Spuren der Handwerker, die das Dach isoliert haben,
mit dem Staubsauger zu entfernen. Alles
sieht noch etwas chaotisch aus, aber sie sind auch gerade erst fertig geworden.
Wir sitzen hinter dem Haus auf einer
kleinen Terasse vor der Küche, die wir nochn nicht kannten und
schauen in das üppige
Grün
ihres wilden Grundstücks.
Sie lassen immer nur einen kleinen Bereich vor der Küche mähen -
ansonsten wächst,
was wachsen will.. Es ist ein wunderschöner Ort!
Wir haben immer viel zu erzählen.Der ¨Brexit¨ ist ein Thema
für
sie, wie für
alle hier! Irland würde vom
britischen Austritt aus der EU sehr betroffen sein. Das Land wäre wieder
geteilt - was es ja de facto ist und war - aber bisher gab es keine sichtbaren
Grenzen. Davor haben sie wohl die größte Angst... Auch jetzt hat die
Republik den Euro und Nordirland das Pfund - was aber wohl gut und
unproblematisch gehandhabt wird.
Jedenfalls sind die Iren sehr daran interessiert, England in der EU zu
behalten, wie wir ja auch. In 2 Wochen
wissen wir mehr - und es steht wohl noch immer 50:50.
Sie erzählen von ihren
Söhnen
Jonathan und Marc, die mit ihrer kleinen Firma ¨makers &
brothers¨,
die irisches Design wieder mit Leben erfüllt und fördert, sehr
erfolgreich. Beide leben in Dublin und die Eltern scheinen sehr glücklich darüber zu
sein. Marc war lange in Berlin und
Joanathan in London.
Die neuesten Geschichten aus dem Dorf
werden erzählt
und so erfahren wir wirklich sehr viel über den Ort,
an dem wir sind und seine Menschen
und fühlen wir uns
immer weniger ¨touristisch¨:)
19.06.2016
Nun ist er da, der Abschiedstag und
als wolle man uns den Abschied erleichtern, hat sich der Sommer seit 2 Tagen
verzogen und es regnet oft und ausgiebig.
Auf den Wiesen im Bog steht das Wasser und die Natur atmet durch. Es war sehr lange sehr trocken. Jetzt muß es regnen!
Viel ist hier nicht erzählt - viele wundervolle Ausflüge und Spaziergänge bestätigten uns Tag für Tag, am richtigen Ort auf dieser Welt zu sein!!!
Ein berührender Moment war unser Besuch auf dem alten Friedhof auf "Omey Island", den wir immer wieder besuchen.
Viel ist hier nicht erzählt - viele wundervolle Ausflüge und Spaziergänge bestätigten uns Tag für Tag, am richtigen Ort auf dieser Welt zu sein!!!
Ein berührender Moment war unser Besuch auf dem alten Friedhof auf "Omey Island", den wir immer wieder besuchen.
Während wir Grabstätten aufsuchen, die wir von früheren Besuchen kennen und kaum wiedererkennen, sehen wir eine lange Autoschlage über den Strand kommen - eine Beerdigung - und es ist zu spät, uns vom Friedhof zu entfernen. Die ersten Wagen haben geparkt und allen voran der Leichenwagen mit dem Sarg, der schon vor dem Tor des Friedofs steht... So ziehen wir uns ein wenig zurück und lassen die Trauernden vorbeiziehen..
"Von ihrer Seite aus halten unsere Freunde in der
unsichtbaren Welt uns in der Umarmung ihrer neuen lichten Zugehörigkeit, auch
ohne daß wir es merken. Wir sind stets in der schützenden Geborgenheit ihrer
heimlichen Umarmung aufgehoben..."
John O'Donohue
Gestern war Fußball und es störte uns nicht, schon um 13 Uhr im Pub zu sitzen, denn draußen war ¨Land unter¨...dass dann auch drin ¨Land unter¨ beim Spiel war, war bedauernswert. Keine Chance gegen Belgien und ein verdienter Sieg gegen eine Mannschaft, der einfach nicht viel einfiel - und diesmal war es nicht Pech, sondern einfach ein schlechtes Spiel! Das hat auch niemand ¨gut¨ geredet. Die Stimmung war ein bißchen gedämpft gegen Ende, aber der Pub war gut gefüllt und der Verlust sicher schnell weggespült :) Wir trafen Fechin, der sich in Doolin ja als Schenker der schönen Kerze zu erkennen gab, die irgendwann auf dem Briefkasten im Eingang stand. Eine wirklich sehr liebe Geste von ihm. Es geht es ihm wieder gut und es sieht so aus, als habe er nun auch wieder hier sein Zuhause, denn er fährt öfter mit seinem roten Bus hier vorbei.
Paul und er kennen sich seit sie
Kinder waren, obwohl Fechin um einiges älter ist. Sie
sprechen jeweils vom anderen als ¨gentleman¨ - das ist
sehr ehrenwert :)
Dies ist ein Foto nach der Fertigstellung, das uns vor einigen Tagen erreichte! Wir sind völlig begeistert.. Paul ist ein wahrer Künstler!
Sarah ist gut in Berlin gelandet und
schwärmt
sowohl von Irland überhaupt, als
auch von Camphill.. Sie schickte am Tag vor ihrer Abreise ein Foto, das uns
sehr berührt
hat: Sie und Clyde und ein anderer
junger Co-worker. Clyde war einer der ¨special¨, die Florian
sehr mochte. Ich erinnere, dass er mit
ihm und seinem Zwillingbruder einmal nach Dublin in den Zoo fuhr, weil - vor
allem sein Bruder - Tiere liebt und sie alle kennt.
Clyde nannte Florian ¨Beewee¨ - und lies
sich davon nicht abbringen.
Als wir nach Florians Tod in Camphill
waren und Clyde trafen, kam er auf mich zu und sagte:
¨Beewee is dead - so sad¨.... Er
war mit bei dem Gedenken an Florians Sarg in Dublin.
Nun, fast genau 20 Jahre später trifft er
auf Sarah und als sie ihm erzählt, dass sie Florians Schwester sei,
nennt er sie sofort: ¨Beewee¨ - und so
nennt er niemanden sonst...
Ich war mir dieser ¨Zufälle¨, die ich nun
nicht mehr als solche sehe, nicht bewußt:
1996, als Florian nach Camphill ging,
wurde Sarah geboren - und nun - 20 Jahre später - trat sie in Camphill in seine Fußstapfen! Sie möchte
wiederkommen und ich hätte mich sehr gefreut, wenn sie sich
entschieden hätte,
ein Jahr dort zu bleiben... Aber wer weiß??
Jetzt werden die Koffer gepackt, der Kühlschrank ist
leer und wir gehen noch mal essen nach Clifden. Kein interessantes Spiel
heute... Das Haus hinterlassen wir wieder in bester Verfassung. Gerade rief übrigens Eamon
an, auf den wir ja 3 Wochen gewartet haben, um zu sagen, dass er morgen
nachmittag käme
:) Typisch irisch - würde ich mal
sagen!
Die Koffer werden immer kleiner und
immer leerer - jedenfalls auf der Rückreise. Wenn überhaupt, dann
sind es Geschenke, die wir mitbringen.
Unsere persönlichen Sachen wandern so langsam Stück für Stück von Berlin
nach Calla :) und irgendwann kommen wir mit Handgepäck! Dann sind wir wirklich angekommen!!
Nun reißt sogar der
Himmel auf und der Nebel, der uns ziemlich eingehüllt hatte,
verzieht sich.
Da sind Berge, da ist auf der anderen
Seite eine Küste!! Herrlich!
All dies wieder zu verlassen, fällt selbst im Wissen, dass wir in zwei
Monaten zurück
sind, schwer!
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