Mach dein Ego porös. Wille ist von geringer Bedeutung, Klagen ist nichts, Ruhm ist nichts. Offenheit, Geduld, Empfänglichkeit, Einsamkeit ist alles.“
15.09.2021
“Waschwetter”, rufe ich nach dem Aufstehen Hans zu! Auch bei grauem Himmel und dem geringsten Lüftchen trocknet die Wäsche auf der Leine. Dass sich nicht genug bewegt in der Luft können wir leicht an den “Midges” feststellen, die einem das Leben draußen sehr ungemütlich machen, ist man nicht mit “Jungle Spray” geschützt!
Wir nutzen die vielen sonnigen Tage für ausgedehnte
Spaziergänge und versuchen, immer wieder Neuland zu entdecken, was uns auch
diesmal gelingt: Auf Bunowen ist es nicht nur der Fischmarkt in Ailbrack,
der jeden Samstag ab 10 Uhr am Pier für frischen Fisch sorgt, sondern auch der
ausgedehnte, einladende Strand!
Heute beginnt das “Clifden Arts Festival”, das
pandemiebedingt zwar auf eine Woche verkürzt wurde, aber immerhin doch
stattfindet. Eine große Freude für uns und inzwischen unser jährliches
kulturelles Highlight. Eine Ausstellung von Jimmy Lawlor mit seiner Tochter
Hatty, interessiert uns besonders und sicherlich werden wir einen Gang durch
die Stadt machen und uns die Kunst in den Schaufenstern der Geschäfte ansehen. Immer wiedere eine tolle Idee und es machen alle Geschäfte in Clifen mit!
Heute Abend aber haben wir Karten für das Konzert von Iarla Ó Lionárd mit einer Harfinistin und einem Cellisten. Eine uns unbekannte Besetzung und so sind wir besonders gespannt.
Bereits zur Artsweek im letzten Septemberkonnten wir Iarla Ó Lionáird, der (neben Mick Flannery) unser irischer Lieblingsinterpret ist, mit Steve Cooney an der Gitarre sehen und waren “gethrilled”!
Bereits zur Artsweek im letzten September konnten wir Iarla Ó Lionáird, der unser irischer Lieblingsinterpret geworden ist, mit Steve Cooney an der Gitarre sehen und waren “gethrilled”! Unfassbar dieser Künstler, der fast unirisch, asketisch aussieht und dann das gesamte irisch/gälische Erbe an alter Musik dieser Insel in einer Weise interpretiert, die einem den Atem nimmt. Er überrascht als sehr humorvoller, ja witziger Entertainer und hat sein Publikum fest in der Hand. Man wünscht sich, dass diese Abende mit ihm nicht enden mögen, obwohl uns der Po auf der harten Kirchenbank (auf der wir auch heute leider wieder sitzen müssen) weh tut. Das Konzert damals war sein erster Auftritt nach längerer Zwangspause durch die Pandemie und er machte zunächst keinen Hehl daraus, dass er diese Situation, in der Kirche vor einer kleinen Gruppe maskierter ZuhörerInnen zu spielen, als befremdlich erlebe und selbst erst in diese Situation hineinwachsen müsse. Das tat er und seine Freude übertrug sich und jeder fühlte sich direkt angesprochen und beschenkt. Nach Ende des Konzertes hopste er von der Bühne und bedankte sich bei jedem von uns von Herzen, dass wir gekommen waren und all die Einschränkungen auf uns genommen hatten. Es war rührend - und hat unsere Sympathie für diesen Ausnahmekünstler nur verstärkt. Nun mal sehen, womit er heute überrascht. Das Bedingungen sind ähnlich, aber offenbar durften mehr Karten verkauft werden, als 2020.
Das Konzert war – wie nicht anders zu erwarten – schon nach einer Stunde der geöffneten Leitung im Internet (und nur so kommt man in diesem Jahr an Karten) ausverkauft und wir sehr enttäuscht. Unser Bemühen, vielleicht jemanden im “Festival Office” bezirzen zu können, schlug zwar fehl, aber immerhin erfuhren wir, dass 40 zusätzliche Karten – online !! - ab dem übernächsten Tag um 10.00 erhältlich sein würden.
Und nun kommt wieder so eine Geschichte, von der ich oben schrieb, dass sie uns immer wieder geschieht – und die unser Leben so sehr bereichert!
Um 10.00 saßen wir beide mit unseren Smartphones bereit zum Buchen und nach einigen Versuchen kam jemand durch.... blieb aber im Bezahlmodus hängen. Nichts ging mehr! Dieses Ärgernis beschäftige mich (Hans hatte wütend bereits aufgegeben, aber immerhin telefonisch noch erfahren, dass die Leitung zusammengebrochen war und der Techniker am Werk sei, sie zu reparieren). Ich gab nicht auf. Und erst nach 3 Stunden, als ich erneut im letzten Schritt hängenblieb, war auch meine Zuversicht gebrochen. Ich hatte in der Zwischenzeit einen “Hilferuf” per Email gesandt und noch einmal auf unsere besondere Situation (aus Berlin kommend...) hingewiesen.
Da klingelte das Smartphone und nicht das erwartete Festivalbüro war dran, sondern unser Freund Markus Bäuchle aus West Cork, dem ich sofort von unserem Missgeschick erzählte und auf das laienhafte irische Netz, das uns so oft schon im Stich gelassen hat, schimpfte. In seiner ruhigen Besonnenheit, die ich so an ihm mag, bat er mich um die Daten, da er den Laptop vor sich stehen habe und einen Versuch wagen könne - und innerhalb von 3 Minuten hatte Markus Karten für uns organisiert!!!!
Am Abend übrigens erhielt ich noch eine Antwort auf
meinen Hilferuf. Man habe mir zwar nicht helfen können mit Karten, aber man
hoffe, dass es mir auf irgend einem Weg gelungen sei, doch noch an welche zu
kommen! Hoch lebe Irland und seine Empathie! 💖
Ich habe mir angewöhnt, am Morgen, nach dem Frühstück, barfuß durch die vom Tau triefend nassen Wiesen um das Haus zu gehen. So tue ich – hoffentlich – nicht nur etwas für meine nachts schmerzenden Füße, sondern ich nehme alles wahr und auf, was meine Augen entdecken. Vor einigen Tagen war es ein Spinnengewebe in den abgeschnittenen Margeriten. Winzig kleine Tauperlen reihten sich in diesem fast unsichtbaren Netz aneinander, das sich durch ihr Gewicht sich nach unten verjüngte und die Form eines Herzens angenommen hatte. Das Bemerkenswerteste aber war eine einzige Perle in der Mitte dieses Kunstwerkes. Unfassbar schön in seiner Fragilität!
„... Das Schöne vereint Gefühl, Gedanke und Traum. Wie ein Gefährte lockt es die Seele in das Land der Wunder, wo die Reise zu einem hellen Pfad zwischen Ursprung und Horizont, Erwachen und Hingabe führt. Wenn wir unsere Herzen zur Schönheit erwecken, erscheint uns vielleicht vertrauter, wie John Keats meinte als er schrieb: „Je stärker sich meine Vorstellungskraft entwickelt, desto deutlicher spüre ich jeden Tag, dass ich nicht in dieser Welt lebe – sondern in tausend Welten“..“
John O`Donohue - Über die Schönheit
Ballynahinch ist einer der Orte, den wir regelmäßig aufsuchen, denn hier ist auch die Quelle für unser Trinkwasser, das Hans in mitgebrachte leere Kanister füllt und dessen Qualität sichtbar und vor allem zu schmecken ist. Das Restaurant selbst bietet dieses Quellwasser seinen Gästen an - und wir haben es umsonst. Während Hans hinunter zur Quelle steigt, durchstreife ich die neuen Gärten des Schlosses. Hier, in geschützter Lage blüht es und es scheint alles zu gedeihen.
Roundstone war und ist ein touristisches Zentrum hier in Connemara und doch ist alles wie immer. Ein neues Café entdecken wir am Hafen. Es erfreut sich, obwohl es gerade erst eröffnet hat, bereits großer Beliebtheit. Wir wissen nach einem Sandwich (aus Graubrot!!) auch schnell, weshalb!
Noch immer schlängeln sich die Wagenkolonnen durch diesen schmalen Ort und es bleibt - wie so vieles - unverständlich, weshalb man hier keine Parkverbote ausspricht, zumal der große Parkplatz, nur 200 m entfernt - leer ist. Aber er ist kostenpflichtig.
Es gibt so viele Ungereimtheiten für uns und wir versuchen, sie für die Treffen mit Paul im Gedächtnis zu behalten.
Jedenfalls hat er uns bereits darüber aufgeklärt, dass der gesamte Ort Roundstone praktisch in der Hand von vier Familien ist. Da alle Männer inzwischen das Zeitliche gesegnet haben, sind vier Witwen geblieben, die über diesen Reichtum verfügen und ziemlich nach Belieben darüber entscheiden, was mit diesen Immobilien geschieht.
So haben wir erfahren, dass das "Eldon Hotel" - in bester Lage mitten in Roundstone, über dessen Schicksal wir seit Jahren nachdenken, da es praktisch immer leersteht, ein Paradestück des Irrsinns ist, der hier herrscht: Natürlich ist auch dieses Hotel im Besitz einer der Witwen, die beschloß, es einem ihrer Söhne, der ein gewisses Interesse an einem "Projekt Hotel" äußerte, zu übergeben. Sie renovierte und der Sohn übernahm. Er hatte nur keine Ahnung von Hotelmanagement und wollte darüber hinaus auch noch seinen Freundeskreis mit in das Projekt einbeziehen. Unschwer vorzustellen, was herauskam.
Wir selbst erinnern uns, dass wir - als wir einen reservierten Tisch in einem der anderen Restaurants leider nicht bekamen - uns über die Öffnung des Elden Hotels bereits aber gewundert und gefreut hatten, auf die naheliegende Idee kamen, es hier mit einem Dinner zu versuchen. Es war das miserabelste, das wir jemals hatten. Ich glaube, wir liessen beide die Teller stehen, tranken aus und gingen! Nun hatten wir auch für diesen mißglückten Abend eine Erklärung.
Der Sohn hatte sich übrigens schnellstens verdrückt und - aus Enttäuschung? - läßt diese Witwe das Hotel nunmehr seit weiteren 3-4 Jahren leeerstehen!
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