22.3.2014
¨Trauer ist die Erfahrung, sich im leer gewordenen Raum
wiederzufinden...¨
Ich nehme O`Donohue wieder aus dem Bücherschrank
und lese und suche nach Antworten:
Unser Freund Michael ist gestern
verstorben. Er ist aus dem künstlichen Koma
nicht mehr erwacht und vielleicht sollte es Trost sein, dass er über seinen
Zustand der letzten Tage kein Bewusstsein hatte... Er schlief ein - und er
schlief hinüber
in den endlosen Schlaf... Unsere Gedanken sind bei seinen drei Töchtern, die
die letzten Tage an seinem Bett saßen und an seine neue, große Liebe, die
aus Südafrika
kam - um ihn nicht mehr lebend in die Arme schließen zu können. Welch eine Tragödie für sie und die
nahen Verwandten.
¨ Unsere Seele kreist friedlos um diesen inneren
Tempel, in dem jetzt nichts mehr verbleibt als das traurige
Echo des Verlusts. ¨....
Auch, wenn wir innerlich darauf
vorbereitet waren, dass alles so ausgehen könnte, haben
wir bis zuletzt gehofft. Die Nachricht,
dass er gestorben ist, erreichte uns auf einem Ausflug nach Westport. In einer
Kirche dort zündeten
wir Kerzen für
seine Seelenwanderung an und wünschen ihm den ewigen Frieden!
Draußen ist es kalt
geworden und man mag das Haus nicht verlassen heute.... Der Himmel ist grau und
die Sonne hat sich seit 2 Tagen nicht mehr gezeigt.. Aus fast sommerlichen
Temperaturen fallen wir in winterliche hinab... Aber es bleibt die schützende, wärmende Hülle des
Hauses, in das wir uns zurückziehen können.
Die Fahrt nach Westport gestern war
ein neues, schönes
Erlebnis. Durch das Inagh Valley waren wir
noch nicht gefahren und mussten nach kurzer Zeit - überwältigt von den
Spiegelungen der Berge im Lough Inagh - anhalten! Was für Farben,
welche bizarre Spiegelung im Wasser, die einen bei langem Hinsehen, völlig
irritiert... Wo ist der Berg? Was ist Spiegelung?
Ein Schäfer treibt
seine Schafe vor sich her über die Straße und sie
gehen - wie auf dem Catwalk - auf ihren dünnen,
schwarzen Beinen. Die Autos halten -
hier hat das Schaf Vorfahrt. Überall in den
Feldern sehen wir kleine Lämmer - oft nur ein paar Tage alt.
Die schmale Straße windet sich
entlang des Sees und bietet dem Auge wirklich sehr viel! Die Berge steigen steil an und bis in die Höhen sehen wir
die Schafe an den Hängen ¨hängen¨ - oft nur
noch wie weiße
Punkte im Grün/Braun.
Wir verlassen Connemara in die
Grafschaft Mayo auf dem Weg nach Norden. Leenan ist noch verschlafen, aber ein
erster Ausflugsbus hat seine Besetzung schon in der Bucht, die wie ein Fjord
aussieht abgesetzt und man staunt, wie hier das Meer seinen Weg in den engen Killary
Harbour gebahnt hat. Ein Hotel mit einem
¨Sea
Weed Bath¨
scheint schon Gäste
zu haben und die Idee eines solchen Bades reizt mich jedes Mal, wenn wir hier
vorbeikommen..
Westport ist - wie immer - belebt und
quirlig - wir stärken uns erst einmal mit einem Scone
und Cappuccino - und erfahren, als wir ins Netz gehen, dass die Geräte, die
Michael am Leben halten, um etwa diese Zeit abgeschaltet werden... Was für eine
schlimme Nachricht und sie lässt uns beide stumm werden und ich spüre, dass der
bisher offene Blick, sich mehr und mehr nach innen richtet und wir nur die Dinge,
die wir hier erledigen wollten, mechanisch erledigen.. Es zieht es mehr zurück in die
Natur, die vielleicht so etwas wie Trost hat...
Ein kurzer Abstecher zu Westport
House, das aber eher enttäuschend ist. Es ist eine Art
Freizeitpark für
Familien und hat mit dem ehemals ehrwürdigen Sitz von Mary O'Mally der berühmten Piratin
der Westküste
- nicht mehr viel zu tun...
Abends telefoniert Hans-Jürgen kurz mit
den Freunden der ¨Männergruppe¨, die
zusammensaßen
um das Unfassbare gemeinsam besser tragen zu können. Das
Gespräch
ist eher sachlich und Hans-Jürgen enttäuscht. Männer und
Trauer - es bleibt ein sehr schwieriges
Kapitel... Michael ist der zweite aus
der Gruppe, der starb und den sie zu Grabe tragen werden.
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