Donnerstag, 2. April 2015

Frühling in Connemara - März 2015 - Teil 2 -



Ennis, die Hauptstadt der Grafschaft Clare , ist ein kleiner Ort mit engen Straßen, gesäumt von bunten Ladenfassaden und auffällig vielen Pubs.
Nachdem wir das ¨Glór Theater¨ in dem das Konzert stattfinden würde gefunden und unsere Karten abgeholt hatten, war auch das Hostel für die Nacht am Fluss Fergus einfach zu finden.
Ein Familienzimmer mit eigenem Bad erschien uns selbst in seiner Kargheit fast luxuriös unter sicher ansonsten eher jugendlichen Besuchern in Mehrbettzimmern und signalisierte Hoffnung auf einen ruhigen Schlaf. Wie sollten wir uns täuschen :)


"Rowan Tree" Hostel
Not much to be seen außer der die Stadt überragenden Säule mit Daniel O`Connel, der 1828 als erstes irisch-katholisches Parlamentsmitglied zur Vertretung von Ennis ins Londoner Parlament gewählt wurde.




Den ganzen Tag schon hatte mich eine - lange nicht mehr so erlebte Aufregung  und Vorfreude auf dieses Konzert begleitet und als es endlich soweit war, erlebten wir wieder ein neues ¨Stück Irland¨:  Trotz des Beginns um 20 Uhr waren um 19.30 nur wenige Menschen im ¨Glor¨ und sie saßen entspannt und plaudernd an der Bar oder, noch etwas zu sich nehmend, an Tischen..
Die eigene Angespanntheit stand in völligem Widerspruch zu der hier herrschenden Entspanntheit!  Und:  sie blieb. Selbst als der Einlass aufgerufen wurde, entstand keinerlei Hektik oder Gedrängel. Neben mir schob eine junge Frau eine andere in einem (liegenden) Rollstuhl, versorgte sie noch mit einem ¨pint¨ und wir fanden uns in der ersten Reihe wieder!
Ca. 300 Menschen fasst der Konzertraum  in diesem wirklich sehr ansprechenden, modernen Ambiente des ¨Glor Theater¨

 Zwei junge Musiker, sich selbst auf der Gitarre begleitend, eröffneten den Abend. Viel Kommunikation zwischen ihnen und dem Publikum, viel Lachen, Ausgelassenheit und Vorfreude auf den eigentlichen gig des Abends :)
 Und dann Mick Flannery - so unprätetiös und uneitel - wie erwartet. Er wirkt nonverbal sympathisch. Mit sichtlicher Leidenschaft aber präsentierte er seine Songs. Hier ist er sicher! Flannery erzählt Geschichten über seine Leidenschaft, das Kartenspielen, über Beziehungen und die Suche nach dem besseren Ich. Eindringlich, authentisch und unaufgeregt. Wunderbar!
"How are you? Good?  I have no storys, I'm not good at jokes and I'm not funny."


Die Musik ergreift uns beide sehr. Es ist die Tiefe, die er mit seiner Stimme auszudrücken vermag, die Melancholie, die Schwärze, aber auch die (angedeutete) Freude. Nie zuviel davon! 
Mick Flannery weiß, welchen Ruf er als stiller, introvertierter Musiker hat und er spielt mit seinem Image. Das macht sehr viel Spaß.  ¨The next song is a happy song¨ und das Publikum jubelt und lacht ausgelassen.. Und dann folgt eine  seiner wundervollen, berührenden Balladen. Er bleibt immer sehr bei sich, bei seiner Musik, bei den wirklich ausgesprochen guten Musikern um ihn herum: ein Gitarrist, der begeistert, ein Schlagzeuger, der mit dem ganzen Körper spielt, ein Bassist am Kontrabass, u.U. aus der Jazz Szene, der auch mal den elektrischen Bass mit einem Violinbogen streicht; eine junge Frau an der Geige, ein "Steve Winwood Verschnitt" am keyboard und die Sängerin, die aussieht wie seine Schwester.. (und wahrscheinlich auch seine Schwester ist). Eine Gruppe ausgesprochen guter Musiker!
"The next song is a happy song too. I know this couple in New York, they are friends and they are happy".... Wunderbar!

Wir genießen einfach und ich wünsche mir, dass dieser Abend noch lange nicht endet... "The next song is about and old man living in a small town. That's it" ... Und wieder lacht und applaudiert das Publikum! 


Wenn nicht mitgesungen wird, wird - fast andächtig - zugehört.. Es ist wirklich still im Raum, so, wie wir es eher aus klassischen Konzerten gewohnt sind.. "It's so quiet"- konstatiert selbst Mick Flannery diese wohltuende Stille und Konzentration des Publikums.
 Aber auch wir hatten unseren (kleinen) Auftritt. Dieser gelang uns zwar  nicht anlässlich seiner Berichte über seine Berlinzeit, wohl aber, als er die Hintergrundgeschichte zu einem Songs zu erzählen begann und Hans-Jürgen  und ich - wie aus einem Mund - den Songtitel "The small fire" -  riefen und userere Freude auf unser Lieblingslied Ausdruck verliehen. Mick Flannery hielt einem Moment inne und lachte zu uns herunter! Wir haben ihn überrascht!
 Ja, es ist ein ganz anderes Konzert!  Ich glaube, jeder fühlt sich von ihm beschenkt, irgendwie so empfand ich es.  ¨ I do three more¨  - kündigt er  die Zugabe an und alles Trampeln und Rufen ändert nichts daran.  "We love you"  and "We don't want to go home" schallt es in unsere Ohren von Fans, die hinter uns jedes Lied mitgesungen haben!  Selbst sie holen ihn nicht zurück auf die Bühne. 
 Ein sehr selbstbewußter, geerdeter und ausgesprochen kreativer Künstler.
 Noch ein Zitat von Mick Flannery: 

I'm a dour bollocks. I wouldn't be the life and soul of any party. I'd be sitting in the corner.”
 übersetzt:
Ich bin ein mürrischer [Esel]. Ich wäre nicht das Leben und die Seele irgendeiner Party. Ich würde [einfach nur] in der Ecke sitzen.



Wohin nach so viel musikalischem ¨input¨ - natürlich in eines der zahlreichen Pubs, aus denen uns schon auf der Straße die Stimmen und die Musik entgegenschallen... Mit einem Pint of Guinness und einer Coke suchen wir uns an einem kleinen Tisch unsere Nische, aus der wir das Treiben beobachten können:  Samstag im Pub!  Es ist jedes Mal ein Erlebnis, die Pubwelt eine ganz eigene: Frauen allen Alters sitzen in einer ausgelassenen Gruppe am Nebentisch(chen). Vielleicht gibt es etwas zu feiern.. 
Eine andere Gruppe junger Frauen  steht auf schwindelerregend hohen Absätzen und kurzen Kleidchen und meist ¨blonden¨ glatt gebügelten, langen Haaren und  scheint sich köstlich zu amüsieren.. Zum Rauchen geht es - natürlich in dieser ¨Nacktheit¨ ohne Jacke/Mantel vor die Tür... Uns friert alleine beim Zusehen, denn es ist wirklich kalt!
Die Männer sind unter sich - meist auch in kleineren Gruppen. Es wird gelacht, gestikuliert und viel getrunken!  Das Guiness fließt an diesen Abenden in wahren Strömen und später im Bett hören wir noch immer die Gesänge, das Gelächter und lautes Unterhalten der nach Hause gehenden Gäste. 
(Dies ist nur ein Grund, weshalb wir schlecht schlafen!  Der eigentliche ist das katastrophale Bett!)
Wir können das Hostel nicht unbedingt weiterempfehlen!

Auffallend ist nicht nur das unterschiedliche Alter in den Pubs.. Hier fallen die Barrieren, die bei uns so künstlich und kunstvoll erbaut werden!  Egal, welches Alter,  egal welche  Herkunft, egal welche Kleidung! Heute sind wir die einzigen Touristen, manchmal füllen diese ganze Pubs und sie sorgen u.a. dafür, dass das Pubsterben, von dem wir immer wieder lesen, nicht zu rasant vonstatten geht! 

Ein Artikel aus der TAZ dazu. 

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