7.9.2017
Errislannan
Ich greife mir heute einen Tag aus der
Kette der Tage heraus, der uns sehr berührt hat und
uns wieder einmal die Magie dieses Ortes zeigte... (waren wir tatsächlich doch
dabei, etwas davon zu vergessen und uns in Problemen zu verfangen, die nicht
ursächlich
mit diesem Ort zu tun haben, hier aber zum Durchbruch kamen.. krisenhafte Tage - für die wir aber
vielleicht dankbar sein sollten!
Wir beschlossen einen kleinen Ausflug
zum Boat Harbour von Errislannen zu machen, vorbeizuschauen am verlassenen
Cottage, das im Juni ja abgeschlossen war und vielleicht in der zwischenzeit
seinen Besitzer gefunden hat...
Der Weg alleine ab dem Abzweig nach
Errislannen ist landschaftlich so abwechslungsreich und wunderschön. Die schmale
Straße,
auf der gerade einmal ein Auto und ein Radfahrer an einander vorbeikommen, führt in
Dutzenden von Kurven vorbei an kleinen Seen, an denen malerisch Cottages mit blühenden Gärten
liegen. Die Straßenränder gesäumt von
Fuchsien und über
Strecken von verdorrtem Farn, der uns an die Bilder aus dem Juni erinnert, wo
die Wiesen gelb von den wilden Iris strahlten.
Nun ist es die Heide, die sich - niedrich blühend - an die grauen Felsbrocken schmiegt und der
gelbe Ginster, der ganze Flächen in Licht taucht. Nun ist das Auge mehr gefragt, als im
Juni. Die Weißdornbäume, vom Wind
schief wachsend, sind voller roter
Beeren. Wir betrachten sie stets mit besonderem Respekt - immer an den ¨Fairy tree¨ denkend, der
so viel Bedeutung hier hat!
Von der Höhe führt die Straße auf einer
Geraden hinab zu einer der ersten Buchten und heute ist der Atlantik
aufgepeitscht vom Sturm und wir schaffen es kaum, die Autotüren zu öffnen.
Am Pier ist ein älteres Paar
damit beschäftigt,
sein - noch viel älteres, altmodisches, kleines Boot -
zu vertäuen. Die Frau auf dem Pier stehend mit der Leine,
in deren Mitte das Boot bei der anhaltenden Flut auf der Landseite, auf der der
Mann steht, ebenfalls am zweiten Teil der Leine ziehend und zerrend, an das
Ufer geschafft werden soll... Hans-Jürgen greift beherzt mit in die Leine,
die die zierliche Frau über die Böschung des
befestigten Piers zu reissen droht. Die
gegen den Wind gerufenen Worte des Mannes kommen nicht an und Hans-Jürgen beschließt nun, die Pierseiten zu wechseln, um ihm zu
helfen, das Boot langsam an das steinige Ufer zu ziehen. Eine schwierige Navigation zwischen den
beiden Menschen, die diese Arbeit sicherlich seit vielen Jahren gegen Ende der
Saison verrichten werden! Schließlich läßt sie die
Leine los - und lacht mir entgegen: "Oh,
these men. Why doesn't he accept the help of your husband? He is so stubbern! Men are
stubbern, aren't they?¨
Und wir lachen zusammen und schauen zu, wie sich die beiden Männer schließlich in das
Seil hängen
und das Boot ein Stück an Land ziehen.
¨Where do you stay here¨ - ¨We have a house between Roundstone
and Ballyconneely¨.. ¨ A big region. Where exactly?¨ - ¨In Calla. We bought the Old School House¨
und jetzt werden ihr Augen weit! ¨I know the School House quite
well. I have been there often. I knew
the people living in the house¨..
¨Susan and Dennis??¨
¨
Yes, Susan and Dennis¨.
Nun bin ich es, die vor Staunen und vor Freude den Mund nicht mehr
schließen
kann.
Und ich kann es nicht erwarten,
bis die Männer
herüberkommen
und ich Hans-Jürgen
diese wunderbare Nachricht überbringen kann; ¨Sie
kennt Susan und Dennis¨ - rufe ich ihm fast entgegen.. Und
dann lacht sie wieder und sagt: ¨Wir können auch
deutsch sprechen¨...
Ja, das sind die Augenblicke, wo ich
mich kneifen möchte,
weil ich denke, nicht mehr in dieser Realität zu
sein... Iris lebt seit 1967 in Irland
und seit 1988 haben sie und Michael, der noch immer am Boot beschäftigt ist, das
Cottage oberhalb des Strandes, den wir so lieben. Es ist der Strand mit den ¨Rundsteinen¨ - der
einzige, der diese kugeligen Steine hier hat. Dort verliert sich mein Blick in
dieser Steinwelt .... aber dieses Mal
nimmt uns Iris mit zu ihrem Cottage. Auf dem Weg erzählt sie uns,
dass sie mit Susan und Dennys im ¨Clifden Writers Club¨ war und -
wieder - hören
wir, was für
eine besondere, mit so viel Begabungen ausgestattete Frau Susan war. Ihr Tod
hat in dieser Gegegend für so viele künstlerisch
interesierte Menschen eine große Lücke
hinterlassen.
Sie möchte uns den
Gedichtband mit Susans Texten zeigen und hofft, ein Exemplar übrig zu haben,
das sie uns überlassen
kann.
Ihr Cottage ist einfach
zauberhaft! Als erstes zeigt sie uns
einen kleinen, geschützten Gemüsegarten, den
sie Michael zum 70igsten Geburtstag geschenkt habe! Blühende Wicken winden sich an einem
kunstvollen Weidengerüst empor. Kräuter und Gemüse scheinen
gut zu gedeihen. Dann betritt man den Vorplatz vor dem Cottage und auch dort
ist ein windgeschützter, in den Hang gebauter blühender Platz
mit einem kleinen Bassin, in dem Teichrosen blühen.. Alles
ist so liebevoll, mit so viel Bedacht angelegt.
Durch eine niedrige Tür kommen wir ins Innere des Cottages,
das Behaglichkeit und Harmonie ausstrahlt. Der großzügige Raum kann
die Blicke aber kaum halten, denn die Fenster laden ein, sie in die Weite, über grüne, saftige
und blühende
Wiesen in die Unendlichkeit des Atlantik zu lenken.. Erneut sprachlos und
voller Bewunderung stehen wir da - und mich ergreift eine unendliche
Dankbarkeit für
diesen Augenblick!
Iris geht an das Bücherregal und
sucht die kleinen Bändchen heraus, die die Gedichte aus
den Jahren, in denen Susan und auch sie dort schrieben, zusammengefaßt sind. Sie übergibt uns
einen etwas vergilbten
Zeitungsausschnitt des ¨Connemara Arts
View¨
vom 7. Juni 2007 in dem Susan Gallagher als Poetin des Monats posthum geehrt
wird und einige ihrer Gedichte abgedruckt sind. Die Titel: ¨Moonbow blessings¨ - ¨Night wraps¨ (das sie 2006
schrieb, nachdem sie die Krebsdiagnose erhalten hatte) und das ich später hier einfügen werde.. ¨Breaking the
barrier¨..
Wir halten alles beinahe ehrfürchtig in Händen. Auf dem
bunten Foto sitzt Susan auf der Mauer hinter dem Haus hier mit dem Blick, der
mich 2012, bei unserem ersten Besuch auf dem Grundstück,
verzauberte. Es gibt auch von mir ein
Foto - genau am gleichen Ort aufgenommen... Und vielleicht habe ich - an diesem Ort - die innere Entscheidung getroffen, hier mein "Zelt in Irland" aufschlagen zu wollen. Ich weiß noch sehr genau, wie ergriffen ich von dem Blick war...
So scheinen wir mit den Menschen, die einmal hierlebten, und
vor allem hier wirkten, mehr und mehr zu
¨verwachsen¨...
Einen kleinen Band mit Texten ¨Weird, Wet
& Wild¨
der Clifden Writers' Group 2001 kann uns
Iris überlassen,
da sie ihn doppelt hat. Den Band der Gedichte von Susan möchte sie für uns bei
Freunden erfragen, die ihn evtl. doppelt haben.
Sie möchte uns darüberhinaus auf
der ¨Clifden
Arts Week¨
anlässlich
einer Lesung verschiedener Autorinnen mit der besten Freundin von Susan, Robyn
Rowland, die den Abend moderieren wird, bekanntmachen. Von ihr, so meint sie, können wir am
authentischsten von Susan erfahren.
Eines aber erzählt sie uns
noch: Susan starb am 29.05.2007. Am
08.07.2007 wurde ihre Asche hier auf einer Klippe über dem Strand
von Dogs Bay in einer sehr bewegenden Zeremonie, in den Wind verstreut. Viele Menschen, die sie liebten und
vermissten nahmen daran teil. Es wurde musiziert, getrommelt, Dennis hatte
alles initiiert und ein in die Wiese gelegtes Herz aus Steinen soll noch immer
den Ort kennzeichnen. Iris, die selbst
nicht an dieser Abschiedsfeier teilnehmen konnte, schlug vor, dass Michael, der
ihr beiwohnte, mit ihr zusammen uns diesen Ort zeigen könne..
Within
Sea glittering
Rocks reaching
Seagull crying
Wind feeling
Sky touching
Eyes Straining
Tongue salting
Ears vibrating
Heart sobbing
Mind empty
Sould floating
Denis Tucker
(aus dem Band: Weird, Wet & Wild)
Die Einladung auf ein Glas Wein
schlugen wir aus.. Wir fühlten uns so reich beschenkt und
hatten wohl beide den Wunsch, all diese
Eindrücke
erst einmal bei einem Spaziergang unten am Steinstrand ein wenig zu
verarbeiten... Vor der Tür kam uns
Michael entgegen, ein freundlich blickender, stattlicher Mann, der uns herzlich
die Hände
schüttelte
und ein wenig enttäuscht war über unseren
Aufbruch. Wir baten die beiden, uns
bitte hier zu besuchen. Es wäre uns eine
riesige Freude, ihnen das Haus, so wie es nun ist, zu zeigen. Und sie schlugen ein!
Mein Herz, das in den vergangenen
Tagen oft sehr unregelmäßig geschlagen und mir Angst
gemacht hatte, schlug beim Zurückgehen viel zu schnell, aber ich
konnte diesem Rhythmus tiefe Freude und Glück und
Dankbarkeit entnehmen!
Im Grau des Himmels öffnet sich, als
wir dort am geliebten Strand mit dem Rauschen der herannahenden, die runden
Steine vor sich herrollenden Wellen, standen, ein Spalt und wirft das helle
Licht der Sonne auf das Meer.
Heute sehe ich auf dem Foto, das ich in diesem Moment aufnahm, das Herz in der Heidelandschaft und auch der offene Wolkenhimmel sieht aus, wie ein umgekehrtes Herz...
Heute sehe ich auf dem Foto, das ich in diesem Moment aufnahm, das Herz in der Heidelandschaft und auch der offene Wolkenhimmel sieht aus, wie ein umgekehrtes Herz...
Ballyconneely
He stands by his gable wall
atching the empty road.
A man of soil and sea
By his weathered skin
His hands, his cap.
Rheumy eyes search
For something lost,
Like a mare without her foal
A ewe whose snow lamb died.
Tarmacadamed drive
Plastic window frames
In this, his celtic tiger home
Say nothing.
He shuns its silence,
Its hollowness,
Its empty grate.
Where has the east wind gone
That would rattle the lath,
The swirls of peat smoke
Cought in sunbeams,
The smell of salty nets and turf?
Sight unseeing,
A panic flutteringin his chest,
He stands by the gable wall
- remembering
Lyle McElderry
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