Ireland Diary September 2017
May this house shelter your life
When you come in home here,
May all the weight of the world
Fall from your shoulders.
May your heart be tranquil here
Blessed by peace the world cannot give.
May this home be a lucky place
here the graces your life desires.
Always find the pathway to your door
John O'Donohue
27.08.2017
Wie schön, nach Hause
in Irland zu kommen und solch einen ein "blessing" im Gästebuch zu
finden!
Wir wissen dann, dass das Haus ¨seine Menschen¨ findet und es
sind tatsächlich
nur sehr wenige, die diesen besonderen Ort nicht zu schätzen wissen
und sorglos ¨nehmen¨... Das ist so
lange in Ordnung, solange es das Gegengewicht vieler begeisterter und berührter
Eintragungen in diesem Buch gibt! Sonst würde es uns
wohl kränken.
Es ist nicht leicht, einen Platz, der einem so viel bedeutet und den man mit so
viel Liebe bedacht hat, zu teilen.
Ja, da sind wir wieder - zurück in Calla
und die Tage gleiten mir davon...
Vielleicht beginne ich mit dem Lieblingsthema - nicht nur der Touristen: dem Wetter!
Nach einem etwas holperigen Empfang mit einem Regentag verwöhnte uns die
Insel mit wunderschönen Sonnentagen, die wir brauchten, da
wir unserem syrischen Schützling Zoubi, der inzwischen wie ein Adoptivsohn für uns ist - eine kleine
Irland-Auszeit (über meinen Geburtstag :) geschenkt haben und ihm natürlich so viel ¨Connemara¨ wie möglich in
diesen drei Tagen zeigen wollten.
¨
Irland macht glücklich¨ hatte im Juni Lion nach nur eine Stunde nach
Ankunft getextet! An Zoubi konnten wir es beobachten und uns von seiner Freude mitreissen lassen. Seit wir ihn kennen (nur wenige
Wochen nach seiner Flucht aus Syrien 2015) haben wir ihn kaum einmal so heiter, so
ausgelassen und so glücklich erlebt. ¨Syrien¨ ist das Maß aller Dinge für ihn - und
hier kam er - offensichtlich - zum ersten Mal ins Grübeln :) Die Weite, die Wildheit und Unbezwingbarkeit
der Landschaft, die Farben und die Strände, die immer wieder völlig
unterschiedlich sind... Ein Eldorado für sein oft trauriges und oft
sehnsuchtsvolles Herz! ¨ Ich liebe
Irland¨
- ¨ Ich möchte nur noch
in Irland Urlaub machen¨.... Das sind starke Ausdrücke der
Begeisterung!
Die Unbeschwertheit, die Zoubi mitbrachte, half mir auch, mich dem gefürchteten Tag
besser stellen zu können.
70 - das ist eine Zahl - und in ihr liegt mein gefülltes
Leben: Kein Leben, von dem man sich wünschen würde, es noch
einmal zu leben, aber ein Leben, das mich zu dem Menschen hat werden lassen,
der ich bin. Viel Verlust, viel Trauer,
viel erlittenes neues Glück und immer steht alles auf tönernen Füßen, kann
jederzeit einbrechen, das weiß ich... Vielleicht macht es die ¨guten Zeiten¨ zu so
besonderen Zeiten, denn die anderen stehen bereits im Hintergrund
bereit... Übermut steht
mir nicht - und doch liebe ich diese übermütigen
Augenblicke, die wir auch hier erleben - und gerade auch mit Zoubi erlebt
haben. Ich habe verstanden, dass ich
selbst die Architektin meiner Existenz bin. Ich bin es, wenn ich zulasse, dass
meine Vergangenheit mich beeinflußt und bin es umgekehrt genauso, wenn
ich mich ihr widersetze. ¨Gib ihnen nicht die Macht¨ - höre ich Florian
sagen...
Und doch:
"....Eine
schwierige Kindheit ist wie ein unsichtbarer Feind: Man weiß nie, wann er
zuschlagen wird¨..
(aus: ¨Vom Ende der
Einsamkeit¨
von Benedict Wells, den ich hier lese und sehr empfehle)
¨...Es
gibt Dinge, die du mit den Augen nicht sehen kannst.
Du musst sie mit dem Herzen sehen,
Und das ist das Schwierige daran.
Wenn du zum Beispiel in dein Inneres
blickst und spürst,
dass dort ein junges Herz schlägt,
werdet ihr beide mit deinen
Erinnerungen
und seinen Traumen losziehen
und einen Weg durch jenes Abenteuer,
das man Leben nennt, suchen,
stets bestreibt, das Beste daraus zu
machen.
Und dein Herz wird niemals müde werden
oder alt.... ¨
Sergio Bambaren ¨Der träumende Delphin¨
Es ist schön, ¨unser Irland¨ zu
zeigen! Die Wege, die im Moment gesäumt sind von
leuchtend roten Fuchsienhecken, die Stille der Landschaft, die nur durch den
Schrei von Möwen
oder blökenden
Schafen unterbrochen wird... Nie hatte Zoubi zuvor so viel Stille erlebt!
Und dann die Strände, die
wilde, offene Küste
bei Dunloghan. Wir konnten ihn nicht davon abhalten über die
vorgelagerten Felsen zu springen und immer wieder warf er die Arme in die Luft
und wir konnten sein Lachen und seine überraschte Freude hören... wunderbar!
Fotos vor dem schäumenden
Atlantik, der sich an den Felsen bricht und seine Gischt in Fontänen in die
Luft schleudert - werden in Syrien von
Freunden und der Familie bestaunt werden.
Am Surferstrand war niemand - offenbar
waren die Wellen zu hoch oder die Strömungen dort zu gefährlich!
Irland zu erklären fällt nicht
leicht. Vieles hier verstehen wir selbst
nicht wirklich! Warum leben in einigen Cottages hier an unserer Straße alte Männer alleine,
die ihr Fahrrad schiebend mit dem obligartorischen Border Collie den Weg zu
Keoghs gehen und man im Netz die Cans oder Flaschen klappern hört.. Haben Sie
keine Familien? Kümmert sich jemand um sie? Für Zoubi, dem ¨Familie¨ alles ist und
der sich solch ein einsames Leben überhaupt nicht vorstellen kann, eine
befremdliche Erscheinung. Wir spüren aber auch,
dass vieles, was wir erzählen, nicht sein Interesse findet -
und so lassen wir die Tage einfach mit den sinnlichen Eindrücken, die
wir mit ihm sammeln, vergehen.
Die ¨Irish Night¨ in
Roundstone, deren letzen Abend wir diesmal endlich wieder erleben wird noch
einmal ein absolutes Highlight für uns alle! Die Musik, die die Menschen im vollen Saal
mitreisst, die vielen Füße, die nicht still stehen können unter den
Stühlen
und oft den Takt mittreten... Die jungen Interpreten, die wir zum Teil als die
Kinder wiedererkennen, die doch vor einigen Jahren kaum die Treppe auf die Bühne
schafften.. Heute tanzen und steppen sie mit viel Selbstbewußtsein und
Grazie.. Eine helle Freude. Hier löst sich "Alter" auf, man ist so alt wie man sich fühlt und beim Tanzen wird dies deutlich: leichtfüßig und strahlend tanzt ein - tatsächlich in die Jahre gekommenes - Paar neben jungen und jugendlichen Tänzern. "Everything goes" und vor allem soll man Spaß und Freude haben. Hier gibt es nicht allzuviele Ereignisse wie diesen Abend und so nutzt ihn jeder auch für seine Bühne!
Wir treffen Christine, die all dies initiiert und die Seele dieser Veranstaltung, die uns als die ¨School-house-people¨ begrüßt und Zoubi die Hand schüttelt und sich über einen Gast, der von so weit her kommt :) freut! Leider spricht er kein Englisch. Sie hätte sofort einen chat mit ihm begonnen!!
Man muß sich in
diesen Abend - wie in ein warmes Bad - hineinfallen lassen und einfach genießen... Alle
Sinne werden angsprochen, vor allem auch das Herz bei den alten irischen
Liedern, bei denen viele leise mitsingen..
eine fast andächtige Stimmung und viel Applaus!
Zum Ausklang werden wir mit von den
Frauen des Ortes mitgebrachten, leckeren finger-food-Speisen und Wein verwöhnt und man kann sich noch einmal umsehen, wer da ist
und wen man noch erinnert.. Es sind wenige, die wir kennen. Die meisten
scheinen diese Veranstaltung nicht (mehr?) im ¨Programm¨ zu haben -
oder das bevorstehende ¨Clifden Arts Festival¨ läßt schon nach
vorn schauen... Ein weiteres High Light
auf das wir uns freuen!
Mit Zoubis Abreise änderte sich
das Wetter und wir richten unser Leben nun völlig an seinen
Launen aus: es lehrt uns Spontaneität!
..."Wenn wir das Schöne erwarten und zulassen,
kommt in unserem Innern und zwischen uns Menschen etwas Neues in Fluss. Das
Herz lebt auf, und völlig unerwartet erhellt Mut unser Leben.
Es ist der Mut, der wieder Hoffnung in unser Leben pflanzt…."
Es ist der Mut, der wieder Hoffnung in unser Leben pflanzt…."
John O'Donohue "Schönheit'" (S.16)
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