Ireland
Diary, May/June 2014
¨Die keltische Weisheit
wusste, dass die Natur beseelt ist und einen eigenen Geist besitzt. Berge
haben eine große Seele voller Erinnerung. Ein Berg wacht über eine Landschaft
und lockt ihren Sinn zum Horizont. Bäche und Flüsse
rasten nie; sie sind unermüdliche Nomaden, die weder Form noch Ort für sich
beanspruchen. Steine und Felder bewohnen eine meditative Reglosigkeit und scheinen
allen Wünschen gegenüber immun zu sein....
Die
Natur ist von unaufhörlichem Gebet umhüllt. Anders als wir scheint sie nicht
unter der Trennung
oder Distanz zu leiden, die das Denken bedingt. Die Natur scheint nie von ihrer
eigenen Gegenwart abgeschnitten zu sein. Sie lebt ununterbrochen in der
Umarmung ihrer eigenen Einigkeit. Vielleicht hat sie, ohne dass wir
es wissen, Mitleid mit uns Heimatlosen undZerstreuten.
Ohne Zweifel weiß sie unseren rastlosen Geist zu beruhigen, wenn wir uns nur
demSchweigen
und der Stille ihrer Umarmung anvertrauen.¨
John
O'Donohue
Aus:
Landschaft der Seele
27.5.2014
We brought the sun! Unglaublich, dass auch diese Rückkehr unter
diesem glücklichenStern
steht und - bis auf den ersten Tag - da waren wir noch mit Ankommen und
Auspacken beschäftigt,
haben wir sommerliche Temperaturen! ¨What a lovely
weather. Hope you weren't here
last week!¨ Ja, wir machen unserem Ruf wieder alle Ehre und am meisten freuen
wir uns selbst :)
Aber
wieder der Reihe nach...
Dublin
empfing uns mit wolkenlosem Himmel, so dass wir die grüne Insel schon von oben
herab sahen. Ein Austausch von Blicken und beide hatten wir die Augen voller
Tränen: We are coming
home! ¨Wenn
wir das nicht mehr erleben, dann können wir das Haus wiederverkaufen¨..
meinte Hans-Jürgen, sichtlich berührt
und ich stimme ihm zu. Diese innere Bewegtheit,
die Vorfreude, die Neugierde auf das, was auf uns zukommen wird, das muss bleiben! Auch meine Anspannung beim Betreten der Eingangshalle bleibt... Ich schaue nicht
mehr in die
dort wartenden, angespannten Gesichter, ignoriere die Freude und Umarmungen..
Schnell
weg - schnell weiter….
Die
Formalitäten sind Routine und auch, wenn sich immer wieder etwas verändert,
sind wir doch inzwischen schnell auf der M 50. Wieder empfiehlt uns unsere
Autovermittlung einen größeren Wagen zu sehr günstigen Bedingungen und wieder
greifen wir zu, denn noch einmal müssen wir bei IKEA einen Stopp einlegen.. und
wieder hat sich die Größe des Autos sehr gelohnt! Diesmalsind
es Gartenmöbel, die wir einkaufen und viele Kleinigkeiten, die Weihnachten noch
fehlten!
Aber
auch bei IKEA kennen wir uns zwischenzeitlich gut aus. Wie auch beim letzten
Mal ist derWagen
bis auf den letzten Winkel vollgepackt, als wir bei sonnig-freundlichem Wetter
Richtung Galway losfahren. Ob wir die
Sonne wirklich mitbringen? Sicher jedenfalls ist, dass für Berlin bis zu
30° vorhergesagt waren - und wir froh, der Hitze zu entkommen. Diese
Temperaturen hiersind
angenehm, ein leichter Wind.. Mal sehen, wie es werden wird.
Schnell
sind wir in Galway und nun erst beginnt der interessante und schöne Teil der
Anreise
...Connemara!
Wenn
letztes Mal die Gipfel der Tvelve Bens weiße Hauben trugen, so stecken sie
heute in den Wolken und insgesamt wird es etwas diesiger. Kurzer Einkauf mit
dem Nötigsten in Clifden (so
verpassen wir leider die besonders schöne Anfahrt vorbei an Ballynahinch auf
dem ¨WildAtlantic
Way¨,
auf dem wir dann aber von Clifden aus zum School House fahren. (Eine touristische
Neuerung dieser Name - aber er drückt sehr schön aus, wie besonders diese
kleine Küstenstraße
ist -nämlich wild and very beautiful!) Wie viel Menschen er anlockt, sollten wir in den nächsten Wochen immer erfahren...
Wir
halten bei ¨Keoghs, um Torf zu kaufen und während Hans-Jürgen durch den Pub in
den geschlossenen
Supermarkt gelangt, vertrete ich mir die Füße, atme die frische Luft und lasse ganz langsam dem Gefühl: ¨Wir sind zu Hause¨ Raum in mir..Aus
dem Pub kommen zwei leicht angeheiterte Männer „..Oh look at her - isn't she
beautiful¨ -klopft
der eine dem anderen auf die Schulter, ¨just look - so beautiful¨ - und ich muß
aus vollem Halse lachen... „Welcome to Connemara“ :)
Das
Tor steht offen - nicht ganz freiwillig, denn ein Flügel ist demoliert! Niemand
hat uns das gesagt
und beim Aufschließen des Hauses die bange Frage, war's da oder was erwartet uns wohl noch?
Das
Haus macht einen guten Eindruck! Ein Rhododendronstrauß auf dem Küchentisch -
und an der
kleinen Tafel in der Küche steht ein Gruß von Bridgit
und Martina!
Es
ist warm im Haus und der Blick in jedes Zimmer bringt uns wieder in dieses Staunen, wie
harmonisch und
schön die Räume doch sind, hell und freundlich und überaus einladend!
Der
Garten sieht ganz anders aus: die Wiese hinter dem Haus ist ziemlich hoch,
Büsche von Margariten,
die noch nicht blühen, lassen auf die Schönheit hoffen, die wir im Moment noch nicht
so recht erkennen können.. Ein wenig Enttäuschung bei uns beiden, zu hoch die Erwartungen.
Die
Hecken scheinen sich nicht bewegt zu haben - und wir hatten gehofft, dass sie
zB. den Tankein
wenig verdecken würden.. Viel Löwenzahn hat sich überall breit gemacht -kein
Zeichen von„Pflege¨
und auch im Kies der Auffahrt scheint sich manch Unkraut sehr wohl zu fühlen...Wir
ahnen es bereits: Es wartet sehr viel Arbeit auf uns und das dämpft dann doch -
zusammen mit der Müdigkeit - ein wenig die Stimmung des ersten Abends.
Entsprechend schlecht schlafen wir beide... Aber das wird sich ändern!
Schön
ist, dass der frühere Kräutergarten hinter dem Haus an der Terrasse sich gegen alles Gras
und Unkraut durchzusetzen scheint: es duftet nach Minze, die ein ganzes Beet an
der Hauswand
füllt. Und wir beschließen, diese Ecke weiter mit Kräutern zu bepflanzen -
Kräuter undGräser - das passt zum Haus und der Umgebung und Rosen wollen wir
vor das Haus pflanzen.
Der
Donnerstag empfängt uns mit sehr kühlen Temperaturen und regnerischem Wetter.
Es stört uns nicht weiter, hält uns aber erst einmal von Gartenarbeit
fern! Wir richten uns ein - alles ist schon
einmal gewesen..- diese Arbeiten gehen
uns flott von der Hand. Das Kaminfeuer brennt und
wir beschließen, uns Torf bringen zu lassen, was sich beim letzten Mal bewährt
hat. Im
¨Supervalue¨ in Clifden hängen diverse Zettel und wir greifen uns einen, der anbietet, den
Torf in Säcken
ans Haus zu bringen.
Clifden
ist wie ausgestorben. Es scheint noch keine Saison zu sein, oder alle haben
sich bei diesen wirklich unangenehmen Temperaturen verkrochen. Ich bin froh,
dass ich meine dicken Pullover im Dezember hiergelassen habe und schlüpfe in
meinen Irish jumper!
Wir
haben schnell alles in und um das Haus inspiziert und beginnen mit der Erstellung
der Listen:
Eine
Liste für den Besuch der Architekten in der nächsten Woche, eine Liste mit den
Arbeiten, die Fechine nicht erledigt hat und diese Liste ist sehr lang! Wir sind bitter enttäuscht, denn es sieht tatsächlich
so aus, als habe er NICHTS von all den Arbeiten, die wir besprochen hatten,
erledigt. Dann
ist die eigene ¨to-do-List¨, die auch nicht gerade kurz ausfällt!
¨So
richtig nach Urlaub sieht das wieder einmal nicht aus¨ - konstatieren wir
abends am Kamin. Es
gibt aber auch etwas, das uns große Freude bereitet: das Lesen des Gästebuchs.
Immerhinwaren
zwischenzeitlich acht Parteien im Haus und alle sind sich einig, dass es ein
magisch schöner
Ort und ein wunderschönes, gastliches Haus ist. Dies ermutigt uns noch einmal,alles
richtig gemacht zu haben!
Zunächst
einmal kommt Besuch: Astrid,
Hans-Jürgens Schwester aus Tipperary und wir freuenuns
wirklich sehr auf sie, denn sie ist einer der größten ¨fans¨ des School House‘
und sie kommtzum
bevorstehenden Geburtstag ihres großen Bruders. Und: Das Wetter hat sich
besonnen und der Samstag empfängt und
mit blauem Himmel, in dem dicke Wattebäusche hängen.. Oh dieser irische
Himmel ist einfach wunderschön: Selten haben wir diese spannenden und schönenWolkenformationen
anderswo erlebt: Wie auf einem Kinderbild
gemalt - Schäfchen, dicke, fette Schäfchen am Himmel!
Mit
Astrid geht es in den Garten und wir staunen, wie schnell wir mit den Arbeiten,
die wir uns jeweils
vorgenommen vorankommen: Jedenfalls
sieht es am Abend schon richtig gut aus! Wir unterbrechen
die Arbeit mit einem Capucchino und einem Sandwich in Clifden. Unser täglicherBlick
ins Netz - er muß sein, denn die Vermietung des Hauses läuft weiter - und wir
sind auch gerne
hier mit den wichtigen Menschen im ¨kleinen Austausch¨ verbunden. Die Kommunikation wird sehr eingeschränkt und lange mails nicht
gelesen :) Das geht bei diesen kurzen
Besuchen im
Café nicht anders. Die blogs schweigen und die Gedanken sind wirklich ganz und
gar im Hier und
Jetzt!
¨
Ich
stelle mir vor, dass die Berge von der Ankunft des menschlichen Auges träumen. Wenn
das Auge sich öffnet, ist es wie die Morgenröte, die den schwarzen Vorhang der
Nacht aufreißt.
Wenn es sich öffnet, entsteht eine neue Welt¨.
John
O'Donohue
Aus: Landschaft der Seele
Dieser
Zustand, des Eintauchens geschieht nicht automatisch, spüre ich. Ich muß erst
in mir den Raum schaffen, dies zu ermöglichen. Ein wenig irritiert mich das. Es
ist, als würde ich sehr viel Ballast tragen und meine Hände und mein Herz sind
damit ausgelastet. Noch kein Platz für das Schöne und Berührende, das ich
einige Tage später in mich aufsauge! Ich
erkläre es mir so, dass dies der Preis dafür ist, dass wir mit diesem Haus auch
sehr viel Verantwortung übernommen haben. Erst, mit dem Gefühl, das Anstehende auch
schaffen und erledigen zu können, kehrt Ruhe und mehr Gelassenheit ein.
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