Samstag, 21. Juni 2014

Diary Juni 2014 - Teil 6



8.Juni 2014


Die Tage verstreichen nun ein wenig schneller - wie immer, wenn die Zeit hier abzulaufen beginnt.. Aber das Wissen um die baldige Rückkehr hilft!
Seit gestern haben wir ¨ Irland-Wetter¨.. : ein Mix aus Sonne, grauem Himmel, Regenschauern und Auflockerungen. Die Berge hinter dem Haus sind im Nebel und über der Küste liegen graue Schleier, aber noch ist Blau zu sehen..also nicht aussichtslos :)

Dusche mit Aussicht - das dachte ich, als vorhin im Bad stand!  Wo kann man denn schon unter der Dusche stehend über Moorlandschaft, einen See und auf die Berge schauen?  Ich genieße diesen Blick jeden Morgen und erst wenn die Fenster beschlagen, kann ich mich davon lösen!



Heute ist Sonntag und wir werden später nach Clifden fahren. Hans-Jürgen hat gerade einen neuen Briefkasten und den Schlüssel-Safe aufgehängt. Von Bridgits Bruder Eimon haben wir einen Bohrer geborgt. Er wird hier die kleinen Schreinerarbeiten machen, die Fechin hinterlassen hat. Und: er hat jemanden, der uns den Dachgiebel neu verkleidet, jetzt, wo die jungen Krähen flügge sind und die Nester leer.
Er erzählte, dass Matthew vor einigen Tagen mit seinem Boot draußen hangengeblieben sei..auf einen Felsen gelaufen oder ein Netz habe sich im in seinem Motor verheddert.. Jedenfalls habe er Hilfe gebraucht, um zurück zu kommen.. Gut, dass es mobile Telefone gibt! 
Der Glaser hat sich nicht gemeldet - und leider beginnt die nächste große Scheibe im Sunroom  sich auch zu beschlagen..  Geduld, Geduld! Wir müssen einfach lernen, dass diese Ankündigungen von ¨Terminen¨ nichts bedeuten! Niemand, das ist uns auch aufgefallen, schreibt sich jemals etwas auf: niemand!  Das tat schon Fechine nicht und wir fragten uns immer, wie er sich all die Dinge, die er als ¨do to List¨ von uns oder Peter + Cornelia erhielt, merken sollte.
Niemand, außer unseren Architekten und Freunden, ist pünktlich!



Der Abend bei den beiden war - wieder - ausgesprochen schön! Wir haben eine gute Ebene des Gesprächs und lachen viel mit einander.  Wir haben unsere ¨running gags¨, über die wir uns fast wegwerfen könnten - wie z.B.  den ¨vomiting bug¨ von Fechine, der ihn schon früher überfiel, wenn er hier etwas machen sollte;   Hans ist längst ¨handy Hans¨ geworden. Das Haus ist angefüllt mit ¨Schätzen¨, die das Meer an den Strand gespülte, Muscheln, Steinen... Es ist warm einladend. Mehrere Kamine brennen in den Räumen, von der Küche aus, wo wir an einem großen Holztisch sitzen, schauen wir auf die Felder und Wiesen. Gegenüber grasen Kühe und Peter meint, sie haben seine Wasserleitung beschädigt. Alles atmet hier Frieden!  Wir können gut nachvollziehen, wie sich diese beiden - wirklich hart arbeitenden, denn sehr gefragten, Menschen hier erholen  und zu sich zurückfinden können! Unter dem Tisch liegt Domino und manchmal legt er seinen Kopf vertraut auf unseren Schoss und läßt sich streicheln.
Heute geht es für sie zurück nach Dublin und bevor sie fahren, kommen sie noch einmal schnell vorbei, um sich zu verabschieden.  Wir wissen, dass wir uns im Sommer wiedersehen!



10.6.2014

Der irische Sommer hält mich vom Schreiben ab!  Es ist einfach zu schön und wir sind so viel draußen wie noch nie. Abends gehen wir regelmäßig zu Fuß zum  Strand und wenn Flut ist, setzen wir uns auf die neue Bank dort, wo das Holzhäuschen vom Sturm von der Wiese auf den Strand befördert worden war. Es ist verschwunden - geblieben ist eine selbstgebaute Bank!




Das Wetter, das sich insofern ein wenig verändert hatte, als dass der Himmel sich zwischendurch zuzog und einige Schauer schickte, hat sich wieder beruhigt und der Sommer ist zurück. Die Natur dankt es: die wilden  Margeriten im Garten, die wie Inseln in der gemähten Wiese stehen, sind in voller Blüte. Und die neu gepflanzten Stauden und die Rosen fühlen sich sichtlich wohl.  Der Rhododendron ist in der Hauptzeit seiner Blüte und auf den Wiesen ist die vorherrschende Farbe noch immer das Gelb!
Unsere Hecken schlagen aus - und der gesamte Garten sieht einfach so viel besser aus als er es tat, als wir ankamen. Selbst der neu gepflanzte Rasen am ¨Swimmingpool¨ hat schon einen grünen Schimmer! 




Wir kommen von unserer Insel - und mussten auf dem Rückweg schon durch das einfließende Wasser waten. Man muß tatsächlich die Gezeitentabelle berücksichtigen und eine Stunde später hätten wir sicher Probleme gehabt. Jetzt ist die gesamte Küste wieder vollgelaufen und wo heute morgen noch fast weißer Sand lagt, schaue ich auf türkisfarbenes Wasser... Und die vom Seetang bedeckten Felsen ragen braun hervor und der nasse Tang glänzt in der Sonne.. Es ist ein Farbenspiel an dem man sich niemals sattsehen kann!





Einer der Strände auf ¨ unserer Insel¨ ist mein ¨Flori-Strand¨ geworden..Dort scheinen die Farben und die Formen, scheint das Licht noch intensiver zu sein und das Türkis und Blau des Wassers zieht einen förmlich zu sich.  Es ist zu kalt, um zu schwimmen, aber heute beschloss ich, dass, wenn ich mich hier überhaupt ins Wasser wage, es an diesem Ort geschehen wird :)  Ich sammle wieder die kleinen bunten Schnecken und meine Seele kann mit Florian sprechen und meine, ihn antworten zu hören.. ¨Grief changes, beloved son - but even if I do not cry so much anymore, my longing for you is deep and will never end!¨  Ich versuche, dies alles für ihn zu sehen, in mich aufzunehmen, zu bewahren dort, wo er in meinem Herzen ist!  Die Schönheit dieses Ortes macht mich dankbar und still! Ich sehe Hans-Jürgen an einen Felsen gelehnt in der Sonne sitzend und ich fühle mich mit ihm ein einer Tiefe verbunden, die vielleicht nur möglich ist, wenn man all dies mit einander durchlebt hat, was wir durchleben mussten. Meine große Liebe!


Langsam beginnen wir, uns damit zu befassen, dass die Tage hier (erst einmal) enden und ich ordne und sortiere und mache mir Notizen für all das, was in Berlin als Nachbereitung notwendig sein wird:  es gibt zwei neue Buchungen für das kommende Jahr!  Was für eine große Freude.
Die nächsten Gäste kommen schon 2 Tage nach unserer Abreise und bis Mitte Oktober ist das Haus ausgebucht.
Das Cottage auf dem Grundstück neben uns, wird u.a.  verkauft, weil es nicht genügend Buchungen hat.. Wir hoffen, wir bekommen nette neue Nachbarn.  Gestern sprachen wir über die Hecke mit dem ¨ owner¨, der hier zur Schule gegangen ist.  Er habe keine guten Erinnerungen meint er, aber es habe eine Lehrerin gegeben, die den Kindern die Freude am Lernen nicht durch Prügel und Strafe austrieb.  Noch jemand hatte uns von dieser Lehrerin erzählt.. Wie schön, dass es auch in dieser Zeit schon Menschen gab, die etwas von ¨Pädagogik¨ und nicht nur von Religion verstanden!
Hier in ¨Mihalls Room¨ hängt jedenfalls das Dokument, womit das Haus -am 2. April 1880 - der Kirche für 999 Jahre überlassen wird.  Gut, dass es irgendwann doch zum Wohnhaus wurde.
Die Urkunde ist zu Teilen handschriftlich verfasst und sieht einfach sehr dekorativ aus!



Ein weiterer Gast, der gestern hereinschneite, war Nora W., eine Nachbarin einige Häuser weiter in Richtung Clifden. Eine alte Dame, die lange Jahre in den USA gelebt hat, dann aber nach Irland zurück kam. Man hört dies deutlich an ihrer Sprache.  Sie meinte, sie habe das Haus seit ihrer Schulzeit nicht mehr betreten und als ich sie einlade, hereinzukommen, tritt sie sichtlich bewegt und gerührt über die Schwelle:  ¨ Oh my God, it's been such a long time¨ -und sie erkennt den alten Schulhausboden mit den roten Fliesen wieder...und  während sie diesen Raum hier betritt, spüre ich förmlich, was sie alles bewegt.. Sie wirkt wie traumatisiert von dieser Zeit und auch sie erzählt von viel Schlägen und Züchtigungen durch die Lehrer! 
Sie bückt sich, berührt den Boden und ihr Gesicht verändert sich und sie berichtet von einer Frau, die - bei schlechtem Wetter, wenn die Kinder nicht draußen sein konnten - sie hier irische Tänze lehrte. ¨She used to poor water on the floor - so we could really dance¨... Sie bewunderte unseren schönen Boden in den anderen Räumen und fühlte sich sichtlich erleichtert, nichts weiter von der Schule zu finden. ¨ You made it a lovely and cosy home!¨ und ich frage sie nach Susan und sie kannte  sie -natürlich - gut.  ¨She was a wonderful woman and it was so sad that she died¨.  Mir fällt das Tagebuch ein, das wir hier im ¨Shed¨ im Müll von ihr gefunden hatten und ich frage Nora, ob sie es haben möchte.  Es ist das Buch ihres Abschieds nach der Krebserkrankung und es hat mich immer ein wenig belastet... Zugleich wollte und konnte ich es nicht wegwerfen. Es ist ein trauriges Dokument und nun hat es jemanden gefunden, der sehr glücklich scheint, es lesen zu dürfen.  Nora presste es an ihre Brust und las einige Zeilen...sehr gerührt und sie dankte mir von ganzem Herzen für dieses Geschenk! 


Nora hat Connemara Ponies und ich werde gerne einen Hinweis an die Gäste geben, dass sie dort vielleicht vorbeischauen können. Ich glaube, Nora wird sich freuen uns sie verließ uns mit einer Einladung, bei ihr hereinzuschauen, wenn wir das nächste Mal hier sind, was wir sicherlich tun werden! Sie ist eine ausgesprochen angenehme und sicher interessante Frau!


Fechine fuhr gestern auf den Weg nach Clifden an uns vorbei. Ich habe ihn kaum erkannt.. Es ist ein trauriges Kapitel unserer Geschichte hier, dass er so sang- und klanglos verschwunden ist.
Matthew hat seine Jobs hier nun übernommen und schaut immer einmal vorbei, um Kleinigkeiten zu erledigen. Er wird die größeren Arbeiten nach unserer Abreise machen und dann seinen Job als ¨Handyman¨ weiterführen. Wir sind mit der Wahl sehr zufrieden und Bridgit, die ihn kennt, wird wohl gut mit ihm kooperieren.
Wir sind jetzt an das irische Müllsystem angeschlossen :)  eine Neuerung, die notwendig war, denn die Mülltrennung ist auch hier eingezogen und für die Gäste, vor allem, wenn sie nur kürzer hier sind, nicht mehr zu durchschauen.. Wann wird was abgeholt und welcher Sack ist wofür.. Für Bridigt war dies zusätzliche Arbeit und nun hat Matthew diesen Teil übernommen. Die erste Leerung, der gestern gebrachten Tonne, war bereits heute früh!  Ungewöhnlich früh arbeitet die Müllabfuhr (für irische Verhältnisse) wenn sie ab 5 Uhr leert!


Gestern waren wir noch einmal in Murvey an dem Strand, über dem direkt der kleine, sehr alte Friedhof liegt, auf dem auch Fechine's Vaters Grab ist. Als die schlimme Flut im Dezember/Januar die Küste hier abtrug, brach auch dort die schützende Mauer ein und legte (so erzählte uns Cornelia) Skelette in der Wand, die sie hinterlies, frei.  Man grub sie aus und stellte fest, dass sie in der großen Hungersnot gestorben waren.  Die meisten dort liegenden Toten haben keinen Stein mit Namen, sondern nur kleine Felssteine ragen aus dem hohen Gras.
Man kann von hier die Spitze von Peter und Cornelias Haus sehen.  Es ist ein hübscher kleiner Strand, den man nur durch das Gatter eines dort gebauten Cottages erreicht.

Lange Wege kann ich nicht gehen dieses Mal. Mein Rücken hat sich eher verschlechtert durch die Bewegung als verbessert und so habe ich fast permanent einen Wärme¨gurt¨ um Bauch und Rücken, die es zum Glück auch hier zu kaufen gibt. Wärme tut gut und ermöglicht ein wenig mehr an Beweglichkeit. Dennoch bin ich traurig, dass ich nicht besser in Form und mehr Hilfe vor allem im Garten sein kann!  



Mein Streicharbeiten immerhin gehen voran.  Das ¨Masterpeace¨ - die neue Bank allerdings wartet noch auf mich!  Vielleicht heute, denn der Glaser, der schon wieder nicht kommt (er war angeblich zu einer Beerdigung in Belfast - und vielleicht war er es auch tatsächlich) hat sich bisher nicht gemeldet und bindet uns ans Haus.  Eimon, Bridgits Bruder will heute ebenfalls noch einmalmit einem Dachdecker vorbeikommen!  Mal sehen, meist kommt dann gar keiner!


Ich muß wieder raus- in die Sonne!



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