8.Juni
2014
Die
Tage verstreichen nun ein wenig schneller - wie immer, wenn die Zeit hier
abzulaufen beginnt.. Aber das Wissen um die baldige Rückkehr hilft!
Seit
gestern haben wir ¨ Irland-Wetter¨.. : ein Mix aus Sonne, grauem Himmel,
Regenschauern und Auflockerungen. Die Berge hinter dem Haus sind im Nebel und
über der Küste liegen graue Schleier, aber noch ist Blau zu sehen..also nicht
aussichtslos :)
Dusche
mit Aussicht - das dachte ich, als vorhin im Bad stand! Wo kann man denn schon unter der Dusche
stehend über Moorlandschaft, einen See und auf die Berge schauen? Ich genieße diesen Blick jeden Morgen und
erst wenn die Fenster beschlagen, kann ich mich davon lösen!
Heute
ist Sonntag und wir werden später nach Clifden fahren. Hans-Jürgen hat gerade
einen neuen Briefkasten und den Schlüssel-Safe aufgehängt. Von Bridgits Bruder
Eimon haben wir einen Bohrer geborgt. Er wird hier die kleinen
Schreinerarbeiten machen, die Fechin hinterlassen hat. Und: er hat jemanden,
der uns den Dachgiebel neu verkleidet, jetzt, wo die jungen Krähen flügge sind
und die Nester leer.
Er
erzählte, dass Matthew vor einigen Tagen mit seinem Boot draußen
hangengeblieben sei..auf einen Felsen gelaufen oder ein Netz habe sich im in
seinem Motor verheddert.. Jedenfalls habe er Hilfe gebraucht, um zurück zu
kommen.. Gut, dass es mobile Telefone gibt!
Der Glaser hat sich nicht gemeldet - und leider beginnt die nächste große
Scheibe im Sunroom sich auch zu
beschlagen.. Geduld, Geduld! Wir müssen
einfach lernen, dass diese Ankündigungen von ¨Terminen¨ nichts bedeuten!
Niemand, das ist uns auch aufgefallen, schreibt sich jemals etwas auf:
niemand! Das tat schon Fechine nicht und
wir fragten uns immer, wie er sich all die Dinge, die er als ¨do to List¨ von
uns oder Peter + Cornelia erhielt, merken sollte.
Niemand,
außer unseren Architekten und Freunden, ist pünktlich!
Der
Abend bei den beiden war - wieder - ausgesprochen schön! Wir haben eine gute
Ebene des Gesprächs und lachen viel mit einander. Wir haben unsere ¨running gags¨, über die wir
uns fast wegwerfen könnten - wie z.B.
den ¨vomiting bug¨ von Fechine, der ihn schon früher überfiel, wenn er
hier etwas machen sollte; Hans ist
längst ¨handy Hans¨ geworden. Das Haus ist angefüllt mit ¨Schätzen¨, die das
Meer an den Strand gespülte, Muscheln, Steinen... Es ist warm einladend.
Mehrere Kamine brennen in den Räumen, von der Küche aus, wo wir an einem großen
Holztisch sitzen, schauen wir auf die Felder und Wiesen. Gegenüber grasen Kühe
und Peter meint, sie haben seine Wasserleitung beschädigt. Alles atmet hier
Frieden! Wir können gut nachvollziehen,
wie sich diese beiden - wirklich hart arbeitenden, denn sehr gefragten,
Menschen hier erholen und zu sich zurückfinden
können! Unter dem Tisch liegt Domino und manchmal legt er seinen Kopf vertraut
auf unseren Schoss und läßt sich streicheln.
Heute
geht es für sie zurück nach Dublin und bevor sie fahren, kommen sie noch einmal
schnell vorbei, um sich zu verabschieden.
Wir wissen, dass wir uns im Sommer wiedersehen!
10.6.2014
Der
irische Sommer hält mich vom Schreiben ab!
Es ist einfach zu schön und wir sind so viel draußen wie noch nie.
Abends gehen wir regelmäßig zu Fuß zum
Strand und wenn Flut ist, setzen wir uns auf die neue Bank dort, wo das
Holzhäuschen vom Sturm von der Wiese auf den Strand befördert worden war. Es
ist verschwunden - geblieben ist eine selbstgebaute Bank!
Das
Wetter, das sich insofern ein wenig verändert hatte, als dass der Himmel sich
zwischendurch zuzog und einige Schauer schickte, hat sich wieder beruhigt und
der Sommer ist zurück. Die Natur dankt es: die wilden Margeriten im Garten, die wie Inseln in der
gemähten Wiese stehen, sind in voller Blüte. Und die neu gepflanzten Stauden
und die Rosen fühlen sich sichtlich wohl.
Der Rhododendron ist in der Hauptzeit seiner Blüte und auf den Wiesen
ist die vorherrschende Farbe noch immer das Gelb!
Unsere
Hecken schlagen aus - und der gesamte Garten sieht einfach so viel besser aus
als er es tat, als wir ankamen. Selbst der neu gepflanzte Rasen am
¨Swimmingpool¨ hat schon einen grünen Schimmer!
Wir
kommen von unserer Insel - und mussten auf dem Rückweg schon durch das
einfließende Wasser waten. Man muß tatsächlich die Gezeitentabelle
berücksichtigen und eine Stunde später hätten wir sicher Probleme gehabt. Jetzt
ist die gesamte Küste wieder vollgelaufen und wo heute morgen noch fast weißer
Sand lagt, schaue ich auf türkisfarbenes Wasser... Und die vom Seetang
bedeckten Felsen ragen braun hervor und der nasse Tang glänzt in der Sonne.. Es
ist ein Farbenspiel an dem man sich niemals sattsehen kann!
Einer
der Strände auf ¨ unserer Insel¨ ist mein ¨Flori-Strand¨ geworden..Dort
scheinen die Farben und die Formen, scheint das Licht noch intensiver zu sein
und das Türkis und Blau des Wassers zieht einen förmlich zu sich. Es ist zu kalt, um zu schwimmen, aber heute
beschloss ich, dass, wenn ich mich hier überhaupt ins Wasser wage, es an diesem
Ort geschehen wird :) Ich sammle wieder
die kleinen bunten Schnecken und meine Seele kann mit Florian sprechen und
meine, ihn antworten zu hören.. ¨Grief changes,
beloved son - but even if I do not cry so much anymore, my longing for you is
deep and will never end!¨ Ich versuche, dies alles
für ihn zu sehen, in mich aufzunehmen, zu bewahren dort, wo er in meinem Herzen
ist! Die Schönheit dieses Ortes macht
mich dankbar und still! Ich sehe Hans-Jürgen an einen Felsen gelehnt in der
Sonne sitzend und ich fühle mich mit ihm ein einer Tiefe verbunden, die
vielleicht nur möglich ist, wenn man all dies mit einander durchlebt hat, was
wir durchleben mussten. Meine große Liebe!
Langsam
beginnen wir, uns damit zu befassen, dass die Tage hier (erst einmal) enden und
ich ordne und sortiere und mache mir Notizen für all das, was in Berlin als
Nachbereitung notwendig sein wird: es
gibt zwei neue Buchungen für das kommende Jahr!
Was für eine große Freude.
Die
nächsten Gäste kommen schon 2 Tage nach unserer Abreise und bis Mitte Oktober
ist das Haus ausgebucht.
Das
Cottage auf dem Grundstück neben uns, wird u.a.
verkauft, weil es nicht genügend Buchungen hat.. Wir hoffen, wir
bekommen nette neue Nachbarn. Gestern
sprachen wir über die Hecke mit dem ¨ owner¨, der hier zur Schule gegangen
ist. Er habe keine guten Erinnerungen
meint er, aber es habe eine Lehrerin gegeben, die den Kindern die Freude am
Lernen nicht durch Prügel und Strafe austrieb.
Noch jemand hatte uns von dieser Lehrerin erzählt.. Wie schön, dass es
auch in dieser Zeit schon Menschen gab, die etwas von ¨Pädagogik¨ und nicht nur
von Religion verstanden!
Hier
in ¨Mihalls Room¨ hängt jedenfalls das Dokument, womit das Haus -am 2. April
1880 - der Kirche für 999 Jahre überlassen wird. Gut, dass es irgendwann doch zum Wohnhaus
wurde.
Die
Urkunde ist zu Teilen handschriftlich verfasst und sieht einfach sehr dekorativ
aus!
Ein
weiterer Gast, der gestern hereinschneite, war Nora W., eine Nachbarin
einige Häuser weiter in Richtung Clifden. Eine alte Dame, die lange Jahre in
den USA gelebt hat, dann aber nach Irland zurück kam. Man hört dies deutlich an
ihrer Sprache. Sie meinte, sie habe das
Haus seit ihrer Schulzeit nicht mehr betreten und als ich sie einlade,
hereinzukommen, tritt sie sichtlich bewegt und gerührt über die Schwelle: ¨ Oh my God, it's been such a long time¨ -und
sie erkennt den alten Schulhausboden mit den roten Fliesen wieder...und während sie diesen Raum hier betritt, spüre
ich förmlich, was sie alles bewegt.. Sie wirkt wie traumatisiert von dieser
Zeit und auch sie erzählt von viel Schlägen und Züchtigungen durch die
Lehrer!
Sie
bückt sich, berührt den Boden und ihr Gesicht verändert sich und sie berichtet
von einer Frau, die - bei schlechtem Wetter, wenn die Kinder nicht draußen sein
konnten - sie hier irische Tänze lehrte. ¨She used to poor water on the floor - so we could really dance¨... Sie bewunderte unseren
schönen Boden in den anderen Räumen und fühlte sich sichtlich erleichtert,
nichts weiter von der Schule zu finden. ¨ You made it a lovely and cosy home!¨
und ich frage sie nach Susan und sie kannte
sie -natürlich - gut. ¨She was a wonderful woman and it was so sad that she died¨. Mir fällt das Tagebuch ein, das wir hier im ¨Shed¨ im
Müll von ihr gefunden hatten und ich frage Nora, ob sie es haben möchte. Es ist das Buch ihres Abschieds nach der
Krebserkrankung und es hat mich immer ein wenig belastet... Zugleich wollte und
konnte ich es nicht wegwerfen. Es ist ein trauriges Dokument und nun hat es
jemanden gefunden, der sehr glücklich scheint, es lesen zu dürfen. Nora presste es an ihre Brust und las einige
Zeilen...sehr gerührt und sie dankte mir von ganzem Herzen für dieses Geschenk!
Nora
hat Connemara Ponies und ich werde gerne einen Hinweis an die Gäste geben, dass
sie dort vielleicht vorbeischauen können. Ich glaube, Nora wird sich freuen uns
sie verließ uns mit einer Einladung, bei ihr hereinzuschauen, wenn wir das
nächste Mal hier sind, was wir sicherlich tun werden! Sie ist eine
ausgesprochen angenehme und sicher interessante Frau!
Fechine
fuhr gestern auf den Weg nach Clifden an uns vorbei. Ich habe ihn kaum
erkannt.. Es ist ein trauriges Kapitel unserer Geschichte hier, dass er so
sang- und klanglos verschwunden ist.
Matthew
hat seine Jobs hier nun übernommen und schaut immer einmal vorbei, um
Kleinigkeiten zu erledigen. Er wird die größeren Arbeiten nach unserer Abreise
machen und dann seinen Job als ¨Handyman¨ weiterführen. Wir sind mit der Wahl
sehr zufrieden und Bridgit, die ihn kennt, wird wohl gut mit ihm kooperieren.
Wir
sind jetzt an das irische Müllsystem angeschlossen :) eine Neuerung, die notwendig war, denn die
Mülltrennung ist auch hier eingezogen und für die Gäste, vor allem, wenn sie
nur kürzer hier sind, nicht mehr zu durchschauen.. Wann wird was abgeholt und
welcher Sack ist wofür.. Für Bridigt war dies zusätzliche Arbeit und nun hat
Matthew diesen Teil übernommen. Die erste Leerung, der gestern gebrachten
Tonne, war bereits heute früh!
Ungewöhnlich früh arbeitet die Müllabfuhr (für irische Verhältnisse)
wenn sie ab 5 Uhr leert!
Gestern
waren wir noch einmal in Murvey an dem Strand, über dem direkt der kleine, sehr
alte Friedhof liegt, auf dem auch Fechine's Vaters Grab ist. Als die schlimme
Flut im Dezember/Januar die Küste hier abtrug, brach auch dort die schützende
Mauer ein und legte (so erzählte uns Cornelia) Skelette in der Wand, die sie
hinterlies, frei. Man grub sie aus und
stellte fest, dass sie in der großen Hungersnot gestorben waren. Die meisten dort liegenden Toten haben keinen
Stein mit Namen, sondern nur kleine Felssteine ragen aus dem hohen Gras.
Man
kann von hier die Spitze von Peter und Cornelias Haus sehen. Es ist ein hübscher kleiner Strand, den man
nur durch das Gatter eines dort gebauten Cottages erreicht.
Lange
Wege kann ich nicht gehen dieses Mal. Mein Rücken hat sich eher verschlechtert
durch die Bewegung als verbessert und so habe ich fast permanent einen Wärme¨gurt¨
um Bauch und Rücken, die es zum Glück auch hier zu kaufen gibt. Wärme tut gut
und ermöglicht ein wenig mehr an Beweglichkeit. Dennoch bin ich traurig, dass
ich nicht besser in Form und mehr Hilfe vor allem im Garten sein kann!
Mein
Streicharbeiten immerhin gehen voran.
Das ¨Masterpeace¨ - die neue Bank allerdings wartet noch auf mich! Vielleicht heute, denn der Glaser, der schon
wieder nicht kommt (er war angeblich zu einer Beerdigung in Belfast - und
vielleicht war er es auch tatsächlich) hat sich bisher nicht gemeldet und
bindet uns ans Haus. Eimon, Bridgits
Bruder will heute ebenfalls noch einmalmit einem Dachdecker vorbeikommen! Mal sehen, meist kommt dann gar keiner!
Ich
muß wieder raus- in die Sonne!
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