29.5.2014
Ich
muß einen Sprung machen, denn was wir im Moment an ¨Wetter-Wunder¨ erleben, muß
festgehalten werden, weil ich nicht weiß, wie lange es hält!
Seit
Sonntag, Hans-Jürgens Geburtstag, haben wir Sommer! Wir fassen es selbst kaum:
Frühstück auf der kleinen, geschützten Terasse hinter dem Haus - und das jeden
Morgen. Das hat es in all den vielen Jahren hier noch nie gegeben! Wie schön, dass wir nun Gartenmöbel haben :)
Das
Wetter bringt schafft natürlich auch die Möglichkeit, ausgedehnter Spaziergänge
- und wir beschränken uns noch auf unsere nahe Umgebung. Sie ist einfach
zauberhaft und so abwechslungsreich und
vielfältig, dass das Gefühl, den Bogen weiter zu spannen, bisher gar
nicht aufkommt.
Da
die Wiesen einigermaßen trocken sind, versuchen wir uns auch im direkten Zugang
vor dem Haus zum Strand, geben aber doch auf.
Das Marschland, völlig verschilft ¨trägt Gelb¨ - wie im vergangenen
Jahr. Eine Lilienart, die ich noch ergründen muß. Es ist Land, das - wie das
hinter dem Haus zum Maumeen Lake - zu
rein gar nichts zu gebrauchen ist, außer als Weide und wenn es zu naß ist,
nicht einmal dazu. Sogar Stellen, die trocken aussehen sind mit Wasser
vollgelaufen und es saugt an den Füßen, wenn man drauftritt.
Einige
Tage später wagen wir den Gang zum See hinter dem Haus und vertrauen darauf,
dass es etwas trockener ist.. Es ist mühsam, da man jeden Schritt sehr präzise
auf die kleinen Grasnarben setzen muß, um die herum das Wasser steht und wir
nicht wissen, ob wir dort nicht tiefer einsinken.. Felsen unterbrechen und wie kleine Inseln, auf die man sich rettet,
um den weiteren Weg zu planen... Wir schaffen es, sitzen am Ufer des Sees, den
wir meist nur als glitzernd-blauen Flecken im Blick haben und genießen die
absolute Stille und Ruhe und Weite des Blicks.
Am
anderen Ufer grasen Kühe.
Dies sind die kleinen magischen Augenblicke in Connemara... Das Verschmelzen mit der Natur, das Wissen um die Größe und Weite und die Unendlichkeit und unser kleines Dasein, ein winziger Ausschnitt im Großen. Es sind berührende Momente, die wir meist still - jeder für sich - auf uns wirken lassen!
Dies sind die kleinen magischen Augenblicke in Connemara... Das Verschmelzen mit der Natur, das Wissen um die Größe und Weite und die Unendlichkeit und unser kleines Dasein, ein winziger Ausschnitt im Großen. Es sind berührende Momente, die wir meist still - jeder für sich - auf uns wirken lassen!
Das School erscheint wie ein Spielzeughaus am Horizont, aber allein sein Anblick weckt ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Es ist uns wirklich Zuhause geworden: our home in Ireland!
John
O'Donohue sagt:
¨Das
Wort ¨Zuhause¨ besitzt eine wundervolle Klangtiefe.Das Zuhause ist, wo wir
hingehören. Es ist unsere Zuflucht und unser Ruheplatz, der Ort, wo wir ¨wir
selbst¨ sein können....¨
Aus: Echo der Seele
So
sehr es mich berührt, dass ich (und
immer mehr Menschen um mich herum) von ¨Flori-Land¨ sprechen, so ist es
doch so, dass Florian durch uns und angesteckt von unserer Begeisterung von
dieser Insel, nach Irland kam - nicht umgekehrt. Dass er selbst so tief
eintauchte, dass er selbst Irland zu seiner zweiten ¨Heimat¨ gemacht hat, das
konnte zu Beginn seiner Reise niemand wissen und ahnen. Dass Florian aber 2000
zurück kam, um hier an diesem Ort der Welt zu sterben, das hat dieser Insel für
uns eine Bedeutung gegeben, die alles andere völlig überstrahlt. Durch dies
schreckliche Schicksal ist es mir wie eine Verpflichtung, hier ¨weiterzuleben¨
und Florian durch meine Augen sehen zu lassen, was seinen verwehrt wird. Und
dann ist ¨Flori-Land¨ eben auch wundervoll ausgedrückt!
¨
Ich werde unsere zwanzig Jahre durchgehn, bis
Ich
fast den Schluchzer im Verstand erreiche,
Die
Wahrheit, die mit ihrer lauten Trauer wartet:
Vernünftig,
abgedroschen, völlig unbegreiflich¨...
Schreibt der schottische Dichter Douglas Dunn in seiner Elegie ¨der klare Tag¨ mit der er den Tod seiner Frau betrauert.
Und O'Donohue schreibt:
¨...Unsere Seele kreist
friedlos um diesen inneren Tempel, in dem jetzt nicht mehr verbleibt als das
traurige Echo des Verlustes....¨
Nachdem
uns letztes Jahr die an den Strand geschwemmten kunterbunten Schnecken
begeisterten, entdecken wir
dieses Mal Bänke mit Muscheln (Pilgermuscheln).
dieses Mal Bänke mit Muscheln (Pilgermuscheln).
Der
Strand zieht sich bei Ebbe an der zerklüfteten Küste entlang, an der die Häuser
in größeren Abständen aufgereiht sind. Seit dem Sturm im Dezember ahnen wir,
dass die - früher sicher sehr begehrte ¨erste Reihe¨ mit Sicherheit sehr
gelitten hat (Matthew wird uns später von den wirklich unglaublichen Schäden
erzählen) und niemand wird sein Haus wohl noch so dicht an die Küste bauen.
Die
Schäden sind auch noch immer an den Ufern zu sehen. Die Wiese hängt hier und da
wie in großen Fetzen unterhöhlt über der Sandwand. Oder Zaunpfosten, die dort auf der Wiese eine
Weise einzäumten, hängen wie große Zahnstocher in der Luft.
Hinterlassen
hat das Meer auf der Insel und an der Küste sehr viel Müll, der weitgehend von
von freiwilligen Helfern zu Beginn des Jahres eingesammelt wurde.. Leider
scheint unsere Insel noch ausgenommen zu sein. So finden wir zwischen Plastik,
Tauen und Netzen jedoch auch die bunten ¨Bälle¨ der Fischerboote, die wir nach
Hause tragen: maritime Dekoration für den Garten :)
Mit
Astrid erkunden wir einige Strände - vor allem natürlich ¨Dogs Bay¨, der
offensichtlich am meisten abbgekommen hat. Sein Ufer ist nun eine Steilküste und die
abgebrochene Straße zwingt zu seiner etwas waghalsigen Kletterei über Felsen,
um überhaupt an den Strand zu gelangen.
Dennoch:
der Anblick dieser Bucht mit ihrem weißen, breiten Sandstrand und dem
türkisfarbenen Wasser des Atlantik, der hier in sanften, sich kräuselnden
Wellen auf dem Sand ausläuft, ist einfach spektakulär!
Über
das andere Ufer, das ziemlich steil auf die Wiesen führt, lassen wir uns
zwischen grasenden Kühen einfach treiben:
es ist ein Blühen und die Füße laufen über einen bunten, weichen
Teppich. Das tut dem Rücken gut, der unter der Gartenarbeit sichtlich gelitten
hat!
Es
weht noch immer ein kühler Wind - aber der Himmel hängt voller Watte und es
bahnt sich offenbar noch bessesres Wetter an!
Man
kann sich an dieser Schönheit einfach nicht satt sehen. Kleine weiße Buchten tun sich auf und Astrid
ist - auch bei kalten Wassertemperaturen, die unsere Füße kaum ertragen - nicht
von einem spontanen Bad abzuhalten!
Ich
enttdecke im Ausgang dieser Bucht, die in einem schmalen ¨canyon¨ zur Wiese hin
ausläuft, den Kadaver eines Delphins. Er
muß sich hier in diese Enge verirrt
haben und den Rückweg nicht mehr gefunden.
Es ist ein trauriger Anblick.
Gurteen
Bay, das ähnlich schwer betroffen war, ist zumindest bevorteilt, in dem die
Straße, die zum Friedhof führt, der direkt auf den Strand und das Meer schaut,
wiederhergestellt ist.
Es
ist auch der einzige Zugang zum Friedhof.
Ich
beschließe, dass meinem Rücken dieser Weg heute gereicht hat und Hans-Jürgen
holt das Auto, während Astrid noch einmal ins Wasser springt... Wenn ich mir
die - ziemlich dick und mit Mützen bekleideteten Spaziergänger am Strand
betrachte, so erscheint ihr Bad in doch ziemlich spektakulärem Licht! Eine Mutter setzt sich mit ihren beiden
kleinen Kindern in die Nähe in den Sand. Das Baby, dick vermummelt, ist barfuß
und fängt sofort an, mit den Füßchen im Sand zu spielen, während der kleine
Bruder seine Förmchen füllt und ¨turtels¨ und ¨horses¨ aus Sand erstellt....
Anblicke wie dieser werfen einen kurzen, schmerzlichen Schatten auf meine
Seele..
Was
wäre wenn... Florian fehlt!
Der
Geburtstag von Hans-Jürgen in Irland erinnert uns natürlich an den, den wir mit
Florian 1996 in Ballynahinch verbrachten und wir beschließen, mit Astrid, die
ihren Rückweg nach Camphill antreten muß, dort einen Pub-Imbiss zu nehmen..
Imbiß im Pub eines Hotel-Schlosses ist natürlich kein gewöhnlicher... Und wir
genießen die Atmosphäre am großen Kamin, in dem riesige Scheite brennen und die
gedämpfte Unterhaltung an den anderen Tischen.. Alles ist einfach und niemand
scheint von der Schloßatmosphäre zu tief beeindruckt zu sein. Ein Pub eben!
Wunderbar!
Wir
sprechen über ¨damals¨, über diese glücklichen Tage mit Florian hier an der
Küste. Vielleicht sind wir mit ihm am School House vorbeigefahren. Es ist mir
ein tröstlicher Gedanke, dass er dies hier alles gesehen hat! Er weiß also, wo wir sind!
Dennoch
entstehen hier immer eine Wehmut und
eine tiefe Sehnsucht! Nichts ist mehr wie es war. Daran kann und wird sich
nichts ändern!
Ich muss etwas zu dem Platz sagen, an dem ich sitze und schreibe. Es ist das kleine Zimmer gegenüber dem
Eingang. Es hat, wie auch die kleine Halle, die wir ¨porch¨ nennen, den alten
Schulhausboden aus kleinen quadratischen, roten Ziegelsteinen. Wir haben sie,
soweit es ging, von den Resten der mehrschichtig verklebten Teppiche, befreit,
aber die Spuren sind noch sichtbar und sie stören uns nicht.
Ein an der Wand befestigter Tisch und ein erhöhter dazu passender Stuhl, gewähren einen Blick über den Garten, auf die blühenden Felder und Küste. Hier macht sich die Sonne jeden Abend daran, diesen Teil der Erde zu verlassen und an einem anderen aufzugehen. Ein abendliches wundervolles Schauspiel. Die Küste wird in rot und lila getaucht und der Himmel färbt sich und färbt die Berge hinter dem Haus. Was für ein Ort, was für ein Glück, hier zu sein!
Ein an der Wand befestigter Tisch und ein erhöhter dazu passender Stuhl, gewähren einen Blick über den Garten, auf die blühenden Felder und Küste. Hier macht sich die Sonne jeden Abend daran, diesen Teil der Erde zu verlassen und an einem anderen aufzugehen. Ein abendliches wundervolles Schauspiel. Die Küste wird in rot und lila getaucht und der Himmel färbt sich und färbt die Berge hinter dem Haus. Was für ein Ort, was für ein Glück, hier zu sein!
Heute
grasen auf der Weide gegenüber im unwirtlichen, sumpfigen Gelände die Kühe. Man
wundert sich, wie sie es schaffen, nicht mit ihren Beinen stecken zu bleiben..
Wir haben jedenfalls noch keine gesehen, die ¨stuck im bog¨ war.
In dem einfachen cottage gegenüber, das zwischenzeitlich unter den abgetragenen Bergen
von Bog zu sehen ist, ist einer der beiden Brüder gestorben. Er stand oft
nebenan auf seiner Wiese mit einer Sense in der Hand, die er jedoch nicht
bewegte. Er schien an sie gelehnt und der Blick ging über die Schulter hin zur
Straße. Bridgit meinte, er sei auf der Weide mit seinen Kühen umgefallen und an einem Infarkt gestorben. Ein guter Tod, denken wir.
Diese beiden alten Männer sind nicht die einzigen, die hier alleine in sehr "schlicht" aussehenden,
alten Cottages leben. Vor Ballyconneely stoßen wir auch ab und an auf einen
Mann, der sichtlich leicht verwirrt auf der Straße auf und ab geht. Sein
Cottage steht auf der Meeresseite und in den neben dem Haus stehenden Ruinen
grasen die Kühe. Ein sehr malerisches Bild eines sicherlich sehr entbehrungsreichen
Lebens.
Durch
unseren Kontakt zu Cornelia, die hier sehr lange schon viel Zeit verbringt,
aber auch durch Bridgit, die hier in Murvey aufgewachsen ist und alle kennt,
erfahren wir über die Menschen, über ihre Leben und Schicksale. Das ist wichtig
für uns, um uns nicht zu sehr als ¨Fremdkörper¨ zu fühlen. Sicherlich, wir sind
¨the Germans¨ - aber das sind wir ja auch. Ob wir Iren werden, wage ich doch zu
bezweifeln... Aber wäre sehr gerne ¨ irish¨, muß ich gestehen. Ich stelle mir
dabei vor, dass die Menschen (zumindest in Europa, in den USA mag das sicher
anders sein), immer ein Lächeln in ihre Gesichter bekommen, wenn ich mein
Herkunftsland nenne, was man mit Deutschland nicht gerade verbindet. Gut aber,
dass die Iren ¨the Germans¨zu mögen scheinen... Haben wir ihnen doch den Weg
unter den ¨Rettungsschirm¨, den sie zum Glück wieder verlassen konnten,
¨geebnet¨...
Und was verbinden die Europäer mit Irland? Meist natürlich ¨Regen¨, ¨Guiness¨, ¨die
IRA, Außenposten Europas im Westen.. Nein, man weiß im
übrigen Europa noch immer nicht viel von dieser Insel, außer dass sie ¨grün¨
ist und die friedvollsten, nettesten Fußballfans und die am besten streichbare
Butter hat :)
Was diese Insel wirklich zu bieten hat, erfahren die, die sich hierher ¨wagen¨ - weg von den Trampelpfaden und wer den ¨Geist dieser Insel¨ nicht erfasst, der wird mit Sicherheit in seinen Vorurteilen bestätigt! Wir haben es aufgegeben, Menschen nach Irland zu lotsen, denn wir erleben ¨ unser Irland¨ und sie das ihre... Und das muß keineswegs viel mit einander zu tun haben.
Aber
zurück zu den Tagen mit Astrid, denn sie waren der Beginn der Sommertage und um
ihr die Küsten hier zu zeigen, fuhren wir auch nach Bunowen. Bunowen ist
bekannt wegen einem der sicherlich schönsten Golfplätze. Aber er ist nicht die
eigentliche Attraktion, denn diese sind die Strände..ausgedehnt, breit - und
wie Dogs Bay mit feinstem weißen Sand und den wundervollen Blautönen des
Wassers... Südsee kommt einem in den Sinn und wir sind froh, nicht dort,
sondern hier zu sein!
Wir
gehen ein langes Stück, die Füße immer wieder im Wasser, das jedoch nicht
wärmer zu werden. Immer wieder wird unser Weg durch runde Felsen unterbrochen,
über die wir klettern, oder kleine Trampelpfade führen hindurch.. In den
Felsspalten wachsen, wie überall, kleine rosafarbene Blümchen. Sie bezaubern
den Blick. Aus dem Nichts wächst so viel Schönheit!
Auf
dem Rückweg stehen die Strahlen der Sonne fast waagrecht, so tief ist sie
bereits hinter dem Horizont. Sie taucht alles in ein goldenes Licht, in dem
jeder einzelne Gashalm zu leuchten scheint. Selbst die Steinmauern sehen so
aus, als seien sie aus wertvollem Material.
Das
ganz besondere Licht Connemaras!
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