Diary Juni 2017
24.05.2017
Es wird Zeit, mich endlich ans Schreiben zu
machen, bevor die Erinnerungen an diese ersten Tage verblassen.
Wenn wir meinen, dass sich die Dinge hier
einfach nur wiederholen, so haben uns bereits jetzt einige schöne Eindrücke vom Gegenteil überzeugt :)
Aber der Reihe nach.
Dublin empfing uns mit milden Temperaturen
und einer doch ganz anderen Luft, als wir sie in Berlin gerade verlassen
hatten. Die Tage vor der Abreise waren sommerlich warm und ich begann bereits
unter den Temperaturen zu leiden! Hans
nahm sein erstes Bad in der Dahme und sah dem Abschied mit ein wenig Wehmut
entgegen: der Garten im Mai ist
wunderschön. Gerade hatte die Glycinie
zu blühen begonnen - seine Geburtstagsblüte, in deren Genuß er tatsächlich kaum
mehr kommt, seit wir um diese Zeit bereits fliegen! Aber das Wissen, dass auch hier (s)ein Garten
auf ihn wartet - so ganz anders, wild und kaum bezähmbar, lies auch ihn voller
Vorfreude und Erwartung sein.
Dublin ist nicht von den Erinnerungen an
Florian zu trennen! Diesmal hatten wir
unseren Besuch bei Kevin im Grosvenor Square
angekündigt und das Wissen um ihn an diesem Ort, verändert ein wenig das
Gefühl, das beklemmende Gefühl, das sich sofort einstellt, wenn wir in die
Halle treten und die erwartungsvollen Blicke der Abholenden dort sehen - die
über uns hinweg gehen... Dieser Schmerz vergeht nicht - auch nicht nach all den
Jahren!
Den Weg nach Rathmines kennen wir
zwischenzeitlich ganz gut und wenn wir in die Rathmines Road einfahren, machen
sich die inneren Bilder auf den Weg, überschwemmen mein Herz und das Atmen wird
schwerer... Dies ist wirklich ¨Flori-Land¨!
Die Orte tragen seine Spuren: ¨Seine Bank¨, ¨sein Supermarkt¨, ¨sein
Video-Store¨, der nicht mehr ist.. Wir
biegen auf den Square ein und halten Ausschau nach der No. 50 - die noch immer
kein Schild hat.. Kevins Fenster ist geschlossen aber er öffnet schnell, als
wir klingeln. Schön, ihn zu sehen! Ein anderes Ankommen.. Wir werden mit
Lebendigkeit und mit mit Freude begrüßt und sind nicht mehr nur am Ort des
Sterbens von Florian.... ¨ You go up and I wait for you¨... Und weg ist er in
seiner kleinen Wohnung im Erdgeschoß..
Wir haben Blumen aus dem Garten
mitgebracht: Maiglöckchen und eine
kleine (elektrische) Kerze, die sicherlich einige Tage brennen wird... Ein laminiertes Gedicht mit einem Foto...
I cannot say, and I will not say
that he is dead – he is just away.
With a cheery smile, and a wave of the hand
he has wandered into an unknown land
and left us dreaming how very fair
it needs must be, since he lingers there.
And you, oh you, who the wildest yearn
for the old time step and the glad return
Think of him fairing on, as dear
in the love of there as the love of here:
Think of him still as the same I say
He is not dead, he is just away!
Dann sitzen wir auf den weichen Stufen der Treppe, lassen den Blick über diesen Ort schweifen, jeder in seinen Gedanken und dem Versuch, das Unfassbare, was hier geschah, aufzunehmen.. Es sperrt sich mein Herz und eine Schwere erfasst mich, die ich an diesem Tag nicht mehr verliere.
Warum, Florian, warum.... Es ist keine
Frage mehr... Die Anwort ist er uns schuldig geblieben seit fast 17 Jahren und
wir mußten lernen, ohne sie zu weiterzuleben!
Wir lösen uns im Wissen, dass wir
wiederkommen können und werden und noch einen langen Weg vor uns haben und ein
wenig Zeit auch mit Kevin verbringen wollen...
Bye my love....Unten am Spiegel in der "hall" hängen die Fotos, die Kevin gesammelt hat.. Alle gehen täglich dort vorbei.. das ist so bewegend und schön, zu wissen!
Als ich am Telefonunterhalb der Treppe vorbeigehe, von dem aus
Florian anrief und wo auch ich ihn anrief, irgendwer abnahm und ihn dann
holte, nehme ich spontan den Hörer ab und in mir entsteht ein kleines Glücksgefühl, weil
die Erinnerung an diese wichtigen, meist kurzen Telefonate plötzlich ganz nah
ist….
Kevin hat frischen Tee aufgebrüht und einen
kleinen Imbiss mit Gurken, Cheddar + Salsa vorbereitet.. Er selbst macht sich
eine Dose Bier auf, die er in kleinen Schlucken und nicht hastig trinkt,
während wir erzählen oder besser zuhören!
Kevin hat sein Examen bestanden und einen sehr guten Job gefunden. Er
ist voller Erwartung, beginnt in der kommenden Woche. Die Unterhaltung
plätschert leicht und wir lachen zusammen und sitzen am großen, geöffneten
Fenster, vor dem in Blumenkästen seine Tulpen und Narzissen jegliches Leben
verloren haben :)
Er ist wirklich liebenswert speziell und
das gefällt uns sehr gut und paßt zu uns und zu diesem Ort... ¨ You look good and happy¨... Allein dieser
Satz, nachdem wir die Treppe herabgestiegen sind, würde überall meinen Protest
hervorgerufen haben - nicht hier nicht bei ihm!
Er verspricht uns beim Abschied nicht, dass
er beim nächsten Mal noch in dieser kleinen Wohnung sein wird... Aber wir
hoffen es!
......¨Man muß sich an alles erinnern, an
die Höhen und die Tiefen. Wirf sie nicht in den Papierkorb, nur weil der
Augenblick vorbei ist. Das sind Schätze, die du für den Rest deines Lebens
trägst. Sie sind dazu gedacht, um deinen Hals zu hängen. Während du die einzelnen
Perlen streichst, kannst du dir sagen: ja, ich erinnere mich¨.....
Die folgenden Fotos von seiner neuen Wohnung schickte mir Florian 1999 ...
Die folgenden Fotos von seiner neuen Wohnung schickte mir Florian 1999 ...
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