15.06.2017
Nun fliegt die Zeit und einige Eindrücke wollen doch noch festgehalten werden..
Nun fliegt die Zeit und einige Eindrücke wollen doch noch festgehalten werden..
Seit einer Woche ist meine Nichte mit Mann,
Sohn und einer Freundin in unsere Nachbarschaft in Murvey in das cottage
eingezogen, in dem wir früher wohnten, als wir auf die Fertigstellung des
Hauses hofften und warteten .) Es ist
schön mit ihnen. Es sind Menschen, deren Irland-Begeisterung ehrlich und
sichtbar und ansteckend ist. Zugleich haben wir unsere eigenen Tage - ein
ausgewogenes Gemeinsam und jeder für sich.
Die Ausflüge und Erkundungen sind nun
voller Gespräche, voller Lachen und der Austausch ist manchmal befreiend. Wir haben uns einige nahe Ziele mit ihnen
vorgenommen - und mit Omey Island begonnen.
Noch immer ist es eine kleine Faszination, auch diese Insel bei Ebbe zu
Fuß erreichen - aber auch mit dem Auto über den Strand zur Insel fahren zu
können.
Eine früher bevölkerte Insel hat im Februar
ihren letzten, dort lebendenden Einwohner verloren.
Irish Times "Last man standing"
Irish Times "Last man standing"
Pascal Whelan, ein Stuntman, auf Omey
geboren, dann lange in Australien lebend dann zurückkehrte und über 30 Jahre
als einziger ¨Resident¨ auf Omly lebt, starb im Februar im Alter von 75 und
wurde in einer bewegenden Zeremonie auf dem alten Friedhof, den wir seit vielen
Jahren besuchen, beigesetzt. Nun ist
Omey verwaist und nur die ansteigenden Touristenzahlen und einige cottages, die
zu Ferienhäusern umgebaut wurden, bringen noch menschliches Leben auf diese
kleine Insel.
Der Parkplatz ist weitaus voller, als wir
es gewohnt sind - und schön, dass sich die Menschen in der hügeligen Landschaft
auf Omey dann doch verlieren. Wir jedenfalls sind auf unserem Weg vom Friedhof
über die Insel nach kurzer Zeit von einer uns entgegenkommenden Kuhherde
bedrängt und ¨retten¨ uns hinter ein Gatter, da wir einen Ochsen ausmachen, der
schon mit unfreundlich klingender, röhrender Stimme ankündigt, dass wir seinen
Weg eher nicht kreuzen sollten.
Der Heilige Féichin soll das Kloster im 7.
JH gegründet haben, dessen Mauern erst in den
1981 Jahren unter tiefem Sand wieder freigelegt wurde. Vom Dorf sind nicht einmal mehr Ruinen zu
sehen. Es ist im ¨Sand versunken¨. Seine Bewohner starben überwiegend in der
großen Hungersnot.
Das Wetter ist gut, für diese Tage, in denen es nun doch sehr wechselhaft wurde und öfter auch regnet, sogar ¨sehr gut¨ und das lädt zumindest unsere Gäste zu einem Bad im Atlantik ein!
In ¨Wheelans Bar¨ stärken wir uns mit
Scones und weiter geht es über Claddaghduff Richtung Cleggan. Hier startete vor
vielen Jahren unsere Connemara-Begeisterung im wunderhübschen Colttage von Mary
O'Malley, dem ¨Wild Heather¨. Ein ursprüngliches Fischerdorf mit einem Hafen,
von dem heute die Fähre nach Inis Bofin
und Inis Turk - das einzig
Bemerkenswerte ist. Drei Pubs versorgen
die Bewoher und zahlreichen Touristen. Bei ¨Olivers¨ haben wir manch
Krabbentoast verdrückt und uns am
Torffeuer sitzend unter das einheimische Leben gemischt.
Heute sind wir froh, dass wir weitergezogen
sind in die Gegend von Connemara - südlich von Clifden, in der wir jetzt leben...
Ein weiterer Ausflug, den wir zusammen unternahmen, war der nach Carna vorgestern. Auch dieser Tag schien regenfrei zu bleiben und da wir uns vorgenommen hatten, endlich die Insel Feenish bei Ebbe zu erreichen, waren wir pünktlich zur ¨low tide¨ am Strand, der der Insel am nächsten ist, und - eigentlich - auf der Sandbank erreichbar sein sollte... Zu unsererEnttäuschung müssen wir umdrehen. Das Wasser zieht sich nicht genügend zurück um auch nur annähernd den Weg antreten zu können.
Wir können lediglich die Ruinen der Häuser
auf Feenish, die hier noch ziemlich gut
erhalten zu sein scheinen - sehen und im Pub fragen wir nach, ob es die
Möglichkeit gibt, per Boot auf die Insel zu kommen. Wir bekommen eine Telefonnummer und nach
Anmeldung am Vortag wird uns zugesagt, das nächste Mal die Insel auf diesem Weg
erreichen zu können.
Carna ist ein Zentrum der gälischen Sprache
und die Universität von Irland hat hier
eine kleines¨ education center¨ in Cill Chiarain, das wir auf einer unserer Erkundungen einmal
entdeckten. Noch immer sagt man, dass
die meisten hier lebenden Menschen zu Hause und untereinander gälisch sprechen.
Wir haben dies bei unserem letzten Besuch im gleichen Pub auch so erlebt.
Es wird uns in diesen Tagen hier doch sehr
deutlich, wieviel sich durch den erhöhten Tourismus - und auch diese Gegend ist
natürlich im ¨Wild Atlatic Way¨ eingeschlossen, verändert. Wir möchten nicht werten, das steht uns nicht
zu, denn wenn es Irland und der Region wirklich hilft und eine gute
Einnahmequelle ist, dann sei es so!
Und dann geht es zurück durch die verzaubernde
Boglandschaft! Flach, See schließt sich an See an, tiefe Narben im Moor,
schwarze Tümpel hinterlassend. Hier sehr
aktiv Torf gestochen, wie wir an den vielen Säcken, die zur Abholung oder an
hohen aufgeschichtenen gestochenen Bogstücken, die trockenen liegen, sehen
können. Bäche, die auf Angelsport hinweisen und Felsblöcke, hoch wie Häuser.
Unbeschreibliche Einsamkeit und unbeschreibliches Licht. Blühende Heide soweit
der Blick reicht und Ginster. Zwischen Granitblöcken zerfallene Steinhäuser...
Manchmal fragt man sich, was hier ¨Natur¨ und was von Menschenhand geschaffen
ist. Und überall Schafe, und hin und wieder Connemara Ponys.
Zwischen diesen Aktivitäten liegen ruhige Abende hier im School House, an denen wir kochen - bzw. ich fürstlich bekocht werde. Das Einkaufen hier macht sehr viel mehr Freude als in Berlin. Die meisten Nahrungsmittel sind frischer und schmecken besser. Wir müssen wirklich auf nichts verzichten - im Gegenteil. Unsere Küche ist sehr gemüse-orientiert! Hans trinkt sein abendliches Pint und der Geruch des Torffeuers ist und bleibt unverwechselbar!
Wir lesen beide viel. Im Moment lese ich ¨Nora Webster¨ vom Colm Tóibin - ein stilles
Meisterwerk! Nora Webster ist ein großer Entwicklungsroman über eine Frau in einem
über Jahrhunderte unterentwickelten und fremdbestimmten Land.. Es ist ein Roman
über die Trauer, über Familie und den Kampf, den eigenen Weg zu finden und -
wenn nötig, gegen die Regeln der Gesellschaft -zu gehen! Ich bin zutiefst berührt und begeistert.
Inhalt: Als ihr Mann viel zu früh stirbt, verfällt Nora
Webster in einen Schockzustand. Es ist das provinzielle Irland der 60er Jahre,
in dem sie nun versuchen muss, sich in einem selbstbestimmten Leben als Frau
und Mutter von vier Kindern zurechtzufinden. Jeder kennt jeden in der kleinen
Stadt, das macht all die Entscheidungen, die sie nun alleine fällen muss, nicht
einfacher. Nora ist katholisch und unkonventionell, mit grimmiger Intelligenz
sucht sie neue Wege für sich und ihre Kinder. In seinem großen Roman gelingt
Colm Tóibín das Porträt einer Frau, die die Unabhängigkeit ihrer Gefühle
bewahrt. Nora Webster ist eine der bleibenden Frauenfiguren der Literatur.
Auf der Wäscheleine fliegt die Wäsche im
starken Wind. Hätte man uns heute früh
beim Frühstück im ¨Sunroom¨ gesehen, zunächst noch optimistisch, der Vorhersage
der Wetter-App glaubend und dann von peitschendem Regen überrascht, der die
Musik von Clannad aus dem kleinen Radio übertönte, hätte nie gedacht, dass 2
Stunden später kleine Sonnenabschnitte möglich wären. So wird - auch diesmal - die Wäsche trocken
abends in die Schränke wandern!
When You Are Old
When you are old and grey and full of sleep,
And nodding by the fire, take down this book,
And slowly read, and dream of the soft look
Your eyes had once, and of their shadows deep;
How many loved your moments of glad grace,
And loved your beauty with love false or true,
But one man loved the pilgrim soul in you,
And loved the sorrows of your changing face;
And bending down beside the glowing bars,
Murmur, a little sadly, how Love fled
And paced upon the mountains overhead
And hid his face amid a crowd of stars.
William Butler Yeats
Es gibt keinen Anfang ohne ein vollkommenes und
befriedigendes Ende.
Es
gäbe vielleicht noch mehr zu (be)schreiben, aber nun sitze ich im völlig
verregneten Berlin heute und habe mich entschlossen, es bei den Aufzeichnungen
direkt vor Ort zu belassen.
Irland war gut zu uns – auch, wenn es mehr und mehr „Normalität“
wird – eben unser Leben in Irland. Und
wir lernen wieder und immer mehr von der Einzigartigkeit dieser
Landschaft: möge die Irische See auch
manchmal nebelverhangen sein, so können wir diesem Grau inzwischen immer mehr
Graustufen abgewinnen, haben das Auge geschärft und stellen fest, dass auch im
Grau eine unglaubliche Mannigfaltigkeit verborgen ist..
Und nach jedem Grau kommt das Blau – und mit ihm das einzigartige
Licht Irlands zurück
Noch
ein Satz aus meinem ersten Buch, den ich mitgenommen habe für die nun
anstehende Zeit der Trauer und des Abschieds von Florian:
Verlass dich auf deine Stärken
Um am Ende nicht zu versagen, musst du dich auf dich
selbst verlassen und wissen, dass du mit allem fertig werden kannst. Bring vor
allem ein wenig Humor in die Verzweiflung. Leichtigkeit, Phantasie, Flexibilität..."
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