4..6.2016
Man kann gar nicht anders, als vom Wetter
zu schwärmen!! Unfassbar, was wir erleben in diesen Tagen:
Hochsommer! Jeden Morgen wachen wir bei
wolkenlosem Himmel auf und das Frühstück haben wir
vor Tagen in die Küche verlegt, wo es am kühlsten ist
:) Das ist einfach verrückt und selbst
wir haben so viel ¨Wärme am Stück¨ hier noch
nicht erlebt.
Seit gestern ist Astrid da und wir
bekommen sie kaum zu sehen, weil sie ständig und
ausdaruernd an den Stränden ist und schwimmt :) Das Wasser ist noch immer eiskalt - aber sie
scheint es nicht zu tangieren und das Glück in ihrem
Gesicht zu sehen, wenn sie dem Atlantik entsteigt, ist einfach schön!
Das Leben hat sich tagsüber natürlich nach außen verlagert und
das Haus ist richtig warm, wenn wir am späten Nachmittag
von einem Ausflug aus dem Wind nach Hause
kommen. Wir heizen seit Tagen nicht
mehr, auch das hat es bisher kaum
gegeben! Wie gut meint es diese Insel
doch mit uns.
Heute haben wir den Gästen unsere
Insel gezeigt und das zurückbleibende Wasser auf dem Sand ist
so, wie ich mir den Atlantik wünsche;
warm! Kleine Krebse huschen unter
die Steine, wenn wir durch die Pfützen an den Felsen waten - und die
Sandwürmer
hinterlassen ihre skurilen Nachrichten im Sand.
Noch immer bin ich begeistert von diesen kleinen Kunstwerken.
Selbst auf der Insel stößt man heute
auf Menschen! Bank Holiday und in der
Ferne sehen wir an allen Stränden Badende und Sonnende! Connemara wird sich gefüllt haben von
Sonnenhungrigen aus Galway und sicher auch aus Dublin. Peter+ Cornelia sind in ihrem Haus und wir
werden uns nächste
Woche sehen.
Ja, man gewöhnt sich
vielleicht zu schnell an diese Wetterlage, die sicherlich nicht restlichen 2
1/2 Wochen anhalten wird! Aber den
Moment genießen und
im Moment leben, hat Irland uns nicht genau das gelehrt?
Gestern kam eine traurige Nachricht in
diese unbeschwerten, leichten Tagen:
Angelika, Hans-Jürgens Sekretärin, so alt
wie er - wurde morgens tot in ihremBett
aufgefunden! Herzstillstand.
Nichts, was diesen pötzlichen Tod
ankündigte.. Unfassbar!
Hans-Jürgen war nach
unserer Rückkehr
mit ihr verabredet und vielleicht wird ihm die Tragweite des Verlustes auch
erst zu Hause wirklich deutlich.
Wir sind sehr abgelenkt durch die
lieben Besucher hier und vielleicht ist das auch gut im Moment. Im März hat uns der
Tod von Michael sehr erschüttert..
Die Natur um uns erblüht noch einmal
in ungewohntem Ausmaß:
Gelb die Wiesen und Felder und sogar die Fuchsien färben die
ersten Hecken an den Straßen rot! Die Rose im Garten steht voller Knospen und
die ersten Blüten
werden wir noch zu sehen bekommen. Alle Anpflanzungen sind gelungen und dank
dem langen Gartenschlauch können wir alles gut und bequem gießen.
Im Moment fehlt nur noch der
Gartenschirm - aber der ist wohl doch zuviel Luxus für Connemara!!!
Mit Sarah haben wir nun fast alle
nahen Strände
erkundet und sie staunt immer wieder, wieviel Schönheit uns
umgibt! Wir durchstreifen die kleinen Friedhöfe an der Küste, die nun
gemäht
sind , so dass wir die Grabsteine erkennen und Inschriften lesen können. Hebt man
den Blick nur etwas, dann liegen unter einem die einsamen, von türkisem Wasser
befluteten kleinen Buchten und in der Ferne die Berge, meist im Dunst. Kann man sich denn für seine Toten
bessere Orte vorstellen? Da stört einen noch
nicht einmal die nicht vorhandene Grab¨pflege¨... Die hätte ohnehin
nicht viel Sinn in dieser von Sturm und Regen geprägten
Landschaft.
Wir werden nun überall begrüßt und
erkannt: ¨ You are the
School-House-people¨ - meinte Christine gestern in
Roundstone und ¨We`ll
meet during the summer¨!!
Ja, es ist einfach wunderbar, auf irgend eine Art dazu zu gehören.
Das ¨Steam Café¨ in Clifden
ist wieder geöffnet
und auch hier wurden wir herzlich begrüßt.
Endlich gibt es wieder ¨Crumble¨!
Mit Sarah waren wir abends bei ¨Guys Bar¨ essen und anschließend in ¨Lowrys Pub¨. Hier ist es
jetzt voll und das nicht mehr nur von Iren.
Die Touristen rücken an: vor allem Franzosen.
Wir quetschen uns in eine kleine freie Ecke am Tresen und sind
begeistert von der Gruppe, die ¨Trad Music¨ spielt: Akkordeon, Gitarre und Querflöte. Keine alltägliche
Zusammensetzung hier.. Aber sehr gute Arrangements und Interpretationen auch
bekannter Stücke. Die Menschen gehen mit und das Guinnes fließt.
In der Ecke hinter dem Tisch, an dem
die Musiker spielen, fällt uns eine alte Dame auf, die voller
Begeisterung der Musik folgt. Im Laufe des Abends stellt sich -durch eine
Ansage - heraus, dass ihr 92ster Geburtstag gefeiert wird!!!!!!!!! Der Pub singt mit beim ¨happy
birthday-Ständchen¨ und man
prostet der alten Dame zu. Wie hinreißend, solche
Momente der tiefen Menschlichkeit und Lebensfreue. Diese Frau war in diesem Moment lebendiger
als manch einer sonst um sie herum! Als sie später den Pub
verlies, wichen die Menschen beiseite, um ihr einen Korridor zu machen und
prosteten ihr mit den Pint-Gläsern in der Hand zu. Würdevoll durchschritt sie den Raum -
nach links und rechts winkend! OMG - was für Menschen!
Cottage
I sit, alert
behind the small window
of my mind an watch
The days past,
strangers
who have no reason
to look in
From Echos of memory
John O' Donohue08.06.2016
Ich habe ein neues Buch von John
O'Donohue gekauft: ¨Walking on the
Pastures of Wonder¨ und stieß beim Blättern auf
dieses Zitat:
¨This landscape belongs to no one but itself. Landscape
is the firstborn of creation.... It was here before the human face ever emerged
on earth. It must have seemed very strange to the ancient eye of landscape when
we arrived here. Landscape is a
huge pre-human memory¨...
Er hat es immer vermocht, gerade diese
Landschaften hier so tief zu erfassen und Connemara ist eine Urlandschaft.
Aber zurück zu den
Tagen, die längst
viel zu schnell verstreichen. Wir sind seit vorgestern wieder alleine und - so
schön
es war, Besuch zu haben, viel zu erzählen, viel zu lachen und viel
unterwegs zu sein, so sehr genießen wir doch auch die Ruhe, sofern sie überhaupt
aufkommt.
Das fast unwirklich gute Wetter hält an: Heute sind es 16 Tage, die
wir bei (irischen) Hochsommertemperaturen verbringen.Morgen soll es ein wenig Regen geben -
und wir freuen uns inzwischen fast darauf :)
Das gute Wetter ermöglicht natürlich - gerade
mit Besuchern - einen ganz andern Tagesablauf.
Alle Plätze
im Garten werden in diesen Tagen
genutzt. Vor allem auch der ¨Swimmingpool¨, in dem die
beiden Liegestühle
stehen, die fast immer belegt sind.
Endlich sind die Kühe wieder auf der Weide um unser Haus
und wir können
sie mit unseren Blicken von dort bis hinunter zum See begleiten. Die Kälber wachsen
selbst für
uns sichtbar seit wir hier sind.
Gestern wurde eine rieige Schafherde
von mindestens 100 Tieren hier auf der Straße zu einer
Wiese Richtung Roundstone getrieben..
Was für
ein herrliches Bild! Fast alle haben bunte
Streifen im Fell - meist rot, blau oder sogar orange. Ein Schaf hatte einen grünen Po! Ich habe es später auf der
Weide wiederegesehen!
Wir haben bereits jetzt fast alle
unserer Strände
aufgesucht und Begeisterungsstürme vor allem von Astrid geerntet. Sie
hat ihren Lieblingsstrand hier bei uns gekürt: Calla Beach!
Da die Ebbe günstig lag, konnten wir zusammen auch
auf die Insel. Mattie hat uns heute gewarnt, dass die Flut nicht unbedingt
immer die Zeiten einhält und es sein kann, dass bereits nach
1 1/2 oder 2 Stunden das Wasser relativ schnell in die Bucht läuft. Gut, dass er ein Boot hat und uns im Falle
eines Falles damit abholen könnte :)
Wir haben ein neues Projekt: der ¨Swimmingpool¨ wird "gefliest".
Paul, Claudias Mann ist Fliesenleger
und er besuchte uns, um mit uns zu überlegen, wie diese Arbeit aussehen könnte. Wir waren uns schnell einig, dass es am schönsten sei, den
Betonboden dort mit flachen Natursteinen vom Strand auszulegen, die er dann in
ein Betonbett so anordnet, dass ein (einigermaßen) ebener
Boden ensteht. Das bedeutet für uns ¨flache Steine
vom Strand heranzuschaffen¨
und das wurde zu einer unserer gemeinsamen Aktivitäten! Vier
Sammler bringen doch sehr rasch einiges zusammen und das Auto hatte Mühe, größere Steigungen
flott zu überwinen
:)
Paul hat sich heute unsere Steine
angesehen und wird nun selbst die noch fehlende - etwa dreifache Menge -
selbst heranschaffen. Wir sind gespannt, ob er - wie versprochen - noch vor
unserer Abreise beginnen wird!
Astrid hat Sarah mitgenommen nach
Camphill. Seit sie dort ist, gehen meine
Gedanken oft an diesen Ort, der in Florians Leben eine so große und wichtige
Rolle gespielt hat. Viele - als verschüttet
geglaubte Bilder kehren zurück und ich
erinnere seine lebendigen Briefe gerade
aus den ersten Wochen und Monaten. Diese
Welt dort, die ihm zunächst so fremd erschien und die Arbeit,
die er als unglaublich anstrengend und
freudlos empfand, wurde zu dem Ort, an dem er vielleicht am glücklichsten und
unbeschwertesten war in seinem kurzen Leben!
Alle Phasen, die Florian durchlief,
sind in seinen Briefen dokumentiert.
Diese Briefe sind zugleich
Dokumene der Reifung und des Erwachsenwerdens eines jungen Menschen.
Ich weiß nicht, wie
Sarah die - kurze - Zeit dort nutzen kann und wird. Der Platz hat sich verändert,
Camphill hat sich verändert, seit es unter irischer Leitung
steht und voll und ganz durchreglementiert und bürokratisiert
ist. Es ist nicht mehr ¨Florians
Camphill¨
- das ist klar, aber es bleibt doch ein Platz, der dem Einzelnen eine Menge an
Freiheit und Gestaltungsmöglichkeit läßt. Nach wie
vor sind viele junge Menschen bereit, sich eine zeitlang dort dem gewohnten
Alltag mit seinen vielen Annehmlichkeiten zu entsagen. Nicht, dass es diese dort nicht gäbe, aber sie
dominieren den Tag nicht, wie das ¨handy¨, das , wie
wir an Sarah wieder feststellen konnten, zum wichtigsten ¨Begleiter¨ durch den Tag
geworden ist.....
Hier wartet Arbeit und hier wartet
auch Verantwortung. Das haben viele
sicherlich bisher nicht erlebt und es sich vielleicht auch nicht
zugetraut. Die Arbeit mit den ¨Specials¨ (Behinderten)
ist eine besondere. Sie lehrt Geduld,
sie lehrt Hinhören
und Hinschauen, sie lehrt, sich selbst aus dem Mittelpunkt zu nehmen und den Fokus auf diese Menschen zu richten. Florian hat die Arbeit mit ihnen
geliebt, er hat sie als die, die sie
sind, geliebt - um ihrer selbst willen.
Er fand, dass sie es sind, die den Platz prägen!
Vielleicht wird Sarah nicht genügend Zeit
haben, diese Erfahrungen zu machen. Sie schnuppert sozusagen in dieses Leben
dort und mal sehen, ob es sie erreicht... Sie ist genau so alt, wie Florian es
war, als er sein irisches Leben dort begann....
Dieses Foto schickte Sarah, bevor sie aus Camphill abreiste: Es zeigt sie mit einem Co-worker und
Dieses Foto schickte Sarah, bevor sie aus Camphill abreiste: Es zeigt sie mit einem Co-worker und
Clyde, der einer der Lieblinge von Florian war. Clydie konnte nicht "Florian" sagen und nannte ihn "Beewee".. Und ich war, als ich nach Florians Tod in Camphill war und Clyde traf: "Beewees Mom".. Nun nannte er, nachdem Sarah ihm erzählte, dass sie Florians Schwester sei, Sarah sofort "Beewee"!
Das hat mich tief berührt!
¨Because I am here,
Where is it that I am absent from¨....
(John O'Donohue¨
...ich bin gerade tief versunken , liebe Gabi ;*
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