Calla Juni 2019
¨Manchmal
ist der Regen wunderschön.Die Steine am Strand werden kupfer-
und bronzefarben, violett und silbern, Muschelfragmente glänzen perlweiß, mit grün geädertem
Schimmer und alles nur durch einen
Wassertropfen....¨
Aus: Die Zeit und was sie heilt (Kit
de Waal - siehe später)
03.06.
Die Tatsache, dass ich gestern auch
meine Winterpullover, die ich im September eingemottet habe, zum Lüften auf die
Leinen in den Wind hing, sagt einiges über unser diesjähriges Juni-Wetter
aus! Es ist ausgesprochen kühl - bisher
nicht mehr als 13°.
Wären in Berlin
zur Zeit nicht um die 30° würden wir
vielleicht meckern, aber so sind wir einfach froh, hier zu sein... And who
cares about the weather in Ireland! Natürlich sprechen
alle darüber
- noch mehr als letzten Sommer, wo sie die Hitzewelle lobten und beglückt waren...
Nun ist es allen zu kalt und zum ersten Mal mußten wir uns
anhören:
¨
You brought the rain¨!
Wie gut, dass wir nach den sehr
unruhigen Tagen in Berlin mit viel Besuch und der Geburtstagsparty von Hans
eine Nacht in Athlone im B+B übernachtet haben. Das verkürzte nicht nur
die Fahrtzeit, sondern lies die Übergänge sanfter
von statten gehen. Keine Erwartungen, denn auch ¨The Bastion¨ war uns
wohlbekannt von früheren Übernachtungen
und unser ¨Long
Room¨
war vertraut.
Die Sonne hatte uns seit Dublin
begleitet und ausgesprochen milde Temperaturen machten es sehr angenehm, uns
zunächst
treiben zu lassen. Der River Shannon ist hier breit und träge und etliche
Hausboote warteten auf neue Kapitäne.
Wir hielten die Gesichter in die Sonne
und hörten
auf die vertraute Sprache der Vorbeigehenden.
Endlich in Irland!
Uns fiel auf, dass Athlone belebter ist, als wir es zum ersten Mal erlebten. Die Geschäfte sind
wieder geöffnet,
das Leben ist zurück. Die Hauptstraße wurde
verschmälert
und zur Einbahnstraße, die Bürgersteige
breit und mit Sitzmöglichkeiten versehen, was sich sehr
positiv niederschlägt.
Nach einem kleinen Abendessen fielen
wir müde
in unsere Betten...
Regen empfängt uns am
kommenden Morgen und begleitete uns die nächsten
Tage. Calla - je näher wir
kommen, um so kribbelnder wird es im Bauch!
Wie wird das Haus aussehen? Wie der Garten? Wir waren 8 Monate nicht mehr da!
Wärme empfängt uns und
ein wohlriechendes Haus. Keine
Feuchtigkeit, die Dinge stehen (überwiegend) an ihren Plätzen, was
erstaunlich ist, nachdem doch schon einige Gäste hier ihre
Ferien verbracht haben!
Wir schauen in jeden Raum, rücken dies oder
jenes zurecht und sind beide voller Freude, dass das Haus so einladend aussieht.
Der Gang durch den Garten ist etwas
ernüchternder.
Das Gras ist hoch, die vielen Margeriten, die im letzten Juni vor dem ¨ Sunroom¨ blühten, sind
fast gänzlich
verschwunden. Noch immer rätseln wir, was geschehen ist, denn
diese Wiesenblumen blühten jedes Jahr sehr üppig.
Vielleicht hat Martin sie im April mit dem Mähen der Wiesen
abgemäht
und sie hatten keine Kraft zur Regeneration. Die Hecken sind riesig und
verdecken teilweise den Blick.
Aber natürlich gibt es
auch schöne
Überraschungen,
wie die wilden Rosen, die wir letztes Jahr aus dem Garten der Nachbarn vor dem
Bagger gerettet haben: einige haben es überlebt und
zeigen Knospen! Aber auch sie stehen tief in den üppig
wuchernden Margeriten, Gräsern und Brombeeren. Es dauerte keine
zwei Tage, bis hier alles freigelegt und vom Unkraut befreit war... Hans war
unermüdlich
- selbst bei Wolkenbrüchen im Garten!
Der Regen verhinderte zunächst, dass er
sich auch auf den Rasenmäher stürzte :)
Ich lasse es hier immer sehr viel
ruhiger angehen! Das Haus ist mein
Refugium und auch hier gibt es natürlich genug zu tun. Sichten, umräumen, aufräumen.
Der Blick auf den Erisbeg und die
Twelve Bens blieb 3 Tage versperrt und auch der ¨Sunroom¨ hat seine
Funktion erst seit 2 Tagen zurück:Wunderbar, dort zu frühstücken und
gestern war es so warm, dass wir sogar zum Abendessen dort saßen!
Inzwischen hat der Garten überwiegend
seine Form zurück.
Die ersten Rosen machen sich an der Mauer gegenüber an, zu blühen, der
Salbei blüht
und der ¨honey
suckle¨
(Jelängerjelieber)
hat das Dach des Schuppens fast erreicht.
Die Hortensie in der Ecke des
Schuppens hat - dank ihres geschützten Platzes - Blütenansätze und wir
werden ihr Blühen
noch erleben.
Die Rosen hinter der Mauer zur Straße sind
gewachsen und schauen nun über diese hinweg. Es ist ein so schöner Blick,
ihre roten und weißen Blüten vor der
Kulisse der wilden Küste zu sehen... Ein Gegensatz, der berührt. Der Wind,
der sie kräftig
schüttelt,
kann sie nicht besonders beeindrucken. Sie blühen weiter!
Das Wetter gibt uns eine willkommene
Auszeit und wir ruhen neben der Garten- und Hausarbeit jeden Nachmittag! Wir schlafen gut und lang und die Erschöpfung fällt ganz
langsam ab. Berlin hat uns in den ersten
Tagen noch sehr beschäftigt, nun sprechen wir nur noch über das, was
uns hier umgibt und machen unsere Pläne nur für die nächsten 4
Wochen..
Unsere Welt wird um so vieles kleiner
- und überschaubarer.
Das ist wohltuend!
Entgegen unserer Befürchtung, dass
unsere irischen Beziehungen überwiegend eingeschlafen sind,
bekommen wir gleich in den ersten Tagen einige Einladungen.
Am meisten freut mich natürlich, dass
Eimear sich gemeldet hat und uns anbot, sie in Galway zu besuchen. Wir nehmen das gerne an und werden auf dem Rückweg von
Doolin, wohin wir auch dieses Jahr zum ¨folk festival¨ fahren, bei
ihnen Station machen.
Cornelia ist seit einigen Tagen
ebenfalls hier - ohne Peter, der im Winter leider gestorben ist. Wir werden
auch sie treffen. Und einen schönen Nachmittag haben wir bereits mit
Ulrike, unserer Nachbarin hier am Maumeen Lake verbracht. Das Cottage kennen wir, da wir dort 2009
wohnten. Es liegt direkt am See - zauberhaft!
Schön, mit Menschen zu sprechen, die schon sehr viel länger regelmäßig hier sind und uns einiges erzählen können, über die Menschen hier und übereinstimmend bleibt: The people from the West are crazy!
Schön, mit Menschen zu sprechen, die schon sehr viel länger regelmäßig hier sind und uns einiges erzählen können, über die Menschen hier und übereinstimmend bleibt: The people from the West are crazy!
Das haben wir nun von allen inzwischen
gehört
und unsere eigenen Erfahrungen können wir durchaus teilweise auch unter
diesem Aspekt sehen und besser begreifen!!
Hier hat sich nicht viel geändert. Auch das ist schön, zu sehen.
In dieser schnelllebigen Zeit, in der sich ständig alles verändert, tut es
gut, Ruheräume
zu finden!
Ulrike wird abreisen - und es war schön, sie gesehen
zu haben.
Die Kühe sind zurück. Einmal
sind sie gegenüber
auf der Weide zur Küste, dann wieder hinter dem Haus auf
dem Feld zum See. Es ist gut, sie wieder um uns zu haben. Sie haben uns im
September gefehlt.
Die Schafe haben noch immer Lämmer und ihr
Blöken
hat uns heute auf einem längeren Spaziergang durch den Bog bei
Roundstone begleitet.
Diesen Weg sind wir in den ersten
Jahren einmal gegangen. Er bietet weite Blicke auf die Bens und über die Küste, die sich
hier bei Roundstone weit ins Land zieht, auf Inishnee. Die Weite begeistert uns.
Wir sind es nicht gewohnt, ¨ endlos¨ blicken zu können - hier
lernen wir es wieder: Vor uns über die Küste auf den
Atlantik - heute über die rauhe Boglandschaft auf die
Berge. Seen durchziehen den Bog, dort,
wo er tief abgetragen ist, bleiben sie übrig. Felsig
und geschunden sieht diese Landschaft aus und doch faszinierend. Wollgras und
Rhododendren und die bunten Schafe sind kleine Kontrapunkte.
Sicher sind viele von ihnen ursprünglich Iren.
Ein Grund, weshalb wir auch um diese
Zeit nach Ballynahinch gekommen sind, ist der leere Salon, mit Blick auf den
Fluß,
der mittags und abends die Gäste zum Essen empfängt. Gediegene
Eleganz - aber vor allem die Bilder an den Wänden haben es
in sich: Ballynahinch hat die größte Sammlung
von Bildern von Gerard Dillon. Wir können sie uns ausgiebig anschauen und
lassen uns begeistern von ihnen. Viele der Motive, die hier hängen, stammen
aus dem Jahr, das Gerard Dillon auf Inishlaken verbrachte. (Mein Vorhaben, mich
mit ihm und seiner Kunst etwas ausgiebiger zu befassen und etwas darüber zu
schreiben, habe ich leider noch immer nicht umgesetzt).
Es gibt noch eine schöne Begegnung,
die ich festhalten möchte.
Sonntag, das Wetter war trocken und
etwas einladender, nutzten wir dennoch für einen
Spaziergang an Dogs Bay, wo wir die erste Schwimmerin in diesem kühlen Sommer
sahen! Sehr ambitioniert!
Wir beschlossen, uns im ¨Bog Bean¨ in Roundstone aufzuwärmen und Orla
zu begrüßen, die
wir noch nicht gesehen hatten.
Das Café war brechend voll, aber die Begrüßung herzlich
und überschwenglich
wie immer! Orla freut sich auch über immer mehr
Gäste,
die hier aus dem School House zu ihr finden und ihr offenbar erzählen, woher
sie kommen.
Wir schauen uns die Kunst an den Wänden an und
Hans fragt, ob ich eigentlich etwas von Yvonne King gehört habe, die
hier in der Gegend zu den wichtigeren Künstlern gehört und
eigentlich immer sehr präsent war.. Nein, ich hatte es nicht
und sah bei Facebook nach, wo ich lediglich einen Gruß zum Neuen
Jahr fand... Wir überlegten, ob sie im vergangenen Jahr
bei der ¨
Arts Week¨
ausgestellt hatte... Und über unseren Überlegungen öffnete sich
neben uns die Tür
- und Yvonne kam herein, unter dem Arm eine Anzahl von gerahmten Bildern, die
sie offenbar hier austellen würde.
Sie erkannte uns sofort und das erfüllte uns
wirklich mit Freude. Sie setzte sich zu uns wir erzählten, dass
wir das Bild, das wir bei ihr gekauft und mit nach Berlin genommen hatten, zurückbrachten und
es hier nun im School House hinge, wohin es einfach gehöre! Das Café schloß und Yvonne versicherte, uns gerne noch einmal
sehen zu wollen und - aus Erfahrungen lernend - gab ich ihr unsere Karte und
bat sie, sich bei uns zu melden, wenn es ihr passt. So gebe ich ab - denn ich
weiss inzwischen, dass diese " Versprechungen¨ hier bekanntlich oft rhetorisch sind und man
besser nicht darauf zurückkommen sollte :)
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